Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 13. Senat | 13 LB 31/14 | Urteil | Abgrenzung eines Lebensmittels in Form eines Nahrungsergänzungsmittels von einem Funktionsarzneimittel (hier: Ginkgo biloba-Trockenextrakt in einer Dosierung von 100mg/Tag)

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Eine pharmakologische Wirkung setzt schließlich nicht zwingend den Nachweis auch einer therapeutischen Wirksamkeit des Produkts voraus. Ein Produkt, das therapeutisch wirksam ist, stellt zwar ein Funktionsarzneimittel dar (vgl. EuGH, Urt. v. 29.4.2004 – C-150/00 -, Rn. 63 (Vitamin- und Mineralstoffpräparate); Urt. v. 30.11.1983 – C-227/82 -, juris Rn. 27 (van Bennekom); BVerwG, Urt. v. 26.5.2009, a.a.O., Rn. 16). Fehlt diese therapeutische Wirksamkeit, so ist aber nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.7.2007, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Gegenteiliges vermag der Senat – entgegen der Auffassung der Klägerin – der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und auch des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu entnehmen. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Frage der Abgrenzung eines Arzneimittels von einem Lebensmittel durchaus auch die einem Produkt zukommende „Funktion der Verhütung oder Heilung“ von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden herausgestellt (vgl. EuGH, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O., Rn. 64 f.). Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht zur Abgrenzung von Produkten, die nicht therapeutischen, sondern ausschließlich Entspannungs- oder Rauschzwecken dienen und dabei gesundheitsschädlich sind, auf die mangelnde objektive Eignung des Produkts abgestellt, für „therapeutische Z w e c k e“ eingesetzt zu werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2014, a.a.O., Rn. 25). Ein über diese Zweckrichtung und über die pharmakologische Wirkung hinausgehendes allgemeines Erfordernis einer therapeutischen W i r k s a m k e i t für das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels ergibt sich hieraus indes nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof vielmehr ausdrücklich auf die hiermit verbundene Folge hingewiesen, dass das betroffene Produkt bis zum Nachweis auch einer therapeutischen Wirksamkeit faktisch von der Marktteilnahme ausgeschlossen ist. Denn aufgrund der Einstufung als Arzneimittel kann die erforderliche Zulassung gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG auch dann versagt werden, wenn die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2006 – BVerwG 3 C 38.06 -, juris Rn. 31 (Red Rice)). Der Europäische Gerichtshof hat hierauf das für die Beurteilung des Vorliegens eines Arzneimittels maßgebliche und in der Richtlinie 2001/83/EG beschriebene Kriterium der pharmakologischen Wirkung aber gerade nicht einschränkend ausgelegt. Er hat es für die Zuordnung zu einem Arzneimittel vielmehr genügen lassen, dass das Produkt aufgrund seiner Zusammensetzung – einschließlich der Dosierung seiner Wirkstoffe – und bei bestimmungsgemäßer Anwendung die physiologischen Funktionen in nennenswerter Weise auch durch eine (bloße) pharmakologische Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 15.1.2009, a.a.O., Rn. 41 ff., und hieran anknüpfend BVerwG, Urt. v. 26.5.2009, a.a.O., Rn. 13 und 16). Auch in seiner nachfolgenden Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof nicht den Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit gefordert, sondern es für ausreichend erachtet, dass solche Produkte nicht als Arzneimittel angesehen werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (vgl. EuGH, Urt. v. 10.7.2014, a.a.O., Rn. 36). Die darüber hinausgehende Forderung der Klägerin, nur Produkte mit nachgewiesener therapeutischer Wirksamkeit als Arzneimittel einzustufen, ist auch sachlich nicht gerechtfertigt. Sie geht ersichtlich über die Anforderungen hinaus, die Art. 1 Nr. 2 Buchst. b Richtlinie 2001/83/EG an das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels stellt, und negiert zugleich die Unterschiede der in Abgrenzung hierzu in Art. 1 Nr. 2 Buchst. a Richtlinie 2001/83/EG für das Vorliegen eines Präsentationsarzneimittels gestellten Anforderungen. Darüber hinaus vermengt sie die Anforderungen an das Vorliegen und an die Zulassung eines Arzneimittels und würde dazu führen, dass Produkte, die signifikante pharmakologische Wirkung auf die menschlichen physiologischen Funktionen entfalten, bis zum Nachweis oder auch beim Ausbleiben eines Nachweises der therapeutischen Wirksamkeit als Lebensmittel anzusehen und dem arzneimittelrechtlichen Rechtsregime entzogen wären. Zudem ignoriert sie, dass eine therapeutische Wirksamkeit nicht für ein Produkt abstrakt, sondern nur bezogen auf eine oder mehrere konkrete Erkrankungen und den insoweit erstrebten Heilungs- oder Linderungserfolg beurteilt werden kann (vgl. zum Begriff der therapeutischen Wirksamkeit: BVerwG, Urt. v. 1.12.2016 – BVerwG 3 C 14.15 -, juris Rn. 24; Mutschler, Arzneimittelwirkungen: Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie, 8. Aufl. 2001, S. 3 und 123 f.).

Quelle : Niedersachsen.de

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Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de

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