Anlässlich des Brandanschlags auf einen leerstehenden, ehemaligen Gasthof im bayerischen Reichertshofen, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollten, erklärt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland:
„Dieser Anschlag reiht sich ein in die steigende Zahl rassistischer Übergriffe, die darauf ausgerichtet sind, Menschen einzuschüchtern und mit Gewalt die Unterbringung von Flüchtlingen verhindern zu wollen. Die Politik muss endlich für einen wirksamen Schutz der Flüchtlinge sorgen und darf diejenigen nicht allein lassen, die sich schützend vor die Flüchtlinge stellen.
Wir erwarten, dass die Polizei umfassend ermittelt und auch die mutmaßlichen rassistischen Hintergründe aufklärt. Der starke Anstieg rassistisch motivierter Gewalt muss ein Weckruf für die Politik sein, sich rassistischen Ressentiments in der Gesellschaft klar entgegenzustellen. Noch immer gibt es Politikerinnen und Politiker, die selbst Stimmung gegen Flüchtlinge machen und deren Menschenrecht auf Asyl in Frage stellen. Dabei ist das Völkerrecht eindeutig: Es erkennt Flüchtlinge und Migranten als besonders schutzbedürftige Gruppe an und verpflichtet die Politik, sie vor rassistischer Hetze und gewalttätigen Übergriffen zu schützen. Es ist beschämend, wenn sich Politikerinnen und Politiker in einem reichen Land wie Deutschland auf eine angebliche Überforderung berufen, statt ihrer Pflicht nachzukommen und Flüchtlinge zu schützen. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen weltweit muss die Politik die vorhandene Aufnahmebereitschaft stärken – und nicht selbst untergraben.
Um solchen Gewalttaten, wie wir sie jetzt wieder erleben, nachhaltig vorzubeugen, muss die Bundesregierung außerdem Rassismus endlich als ein politisches und gesellschaftliches Problem anerkennen, das nicht auf Rechtsextremismus verengt werden kann. Rassismus ist auch in der Mitte der Gesellschaft verbreitet. Die Politik muss eine umfassende Menschenrechtsbildung sicherstellen – in der Polizeiausbildung, in der Schule und darüber hinaus. Dazu gehören die Förderung entsprechender zivilgesellschaftlicher Initiativen, Antirassismus-Trainings und die interkulturelle Öffnung staatlicher Institutionen.“
amnesty.de