03.03.2022 – 12:59
Berlin/Luxemburg (ots)
- Generalanwalt des EuGH legt Schlussanträge vor in zentralem Verfahren der DUH gegen weiterhin millionenfach betriebene illegale Abschalteinrichtungen
- Klare Botschaft: Klageberechtigung von Umweltvereinigungen wichtiger Faktor für wirksamen gerichtlichen Schutz durch das Umweltrecht der EU
- DUH: Alle von uns verklagten Automobilhersteller haben illegale Abschalteinrichtungen verbaut und müssen diese nach dem nunmehr zu erwartenden Klageerfolg der DUH in Millionen Pkw zurückbauen und legale Systeme installieren
- Urteil des EuGH bis zu den Sommerferien erwartet
Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat mit seinen heute vorgelegten Schlussanträgen das Klagerecht von Umweltvereinigungen deutlich gestärkt. Sie erfolgen in einem zentralen Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Darin geht der Umwelt- und Verbraucherschutzverband gegen Genehmigungen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) und dadurch weiterhin betriebene Abschalteinrichtungen in Millionen Pkw vor. Der Generalanwalt bestätigt die DUH-Auffassung, dass jede anerkannte Umweltvereinigung gegen eine Aufsichtsbehörde klagen können muss, die Produkte genehmigt hat, die gegen zwingende Vorgaben des Umwelt Unionsrechts verstoßen. Dazu zählen auch Genehmigungen für Autos durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA). Die deutschen Klagerechte für Umweltverbände bleiben hinter diesen Vorgaben zurück. Im Zuge der letzten Novellierung der deutschen Vorschriften hatte das Bundesverkehrsministerium Einfluss auf das Bundesumweltministerium genommen, um Kraftfahrzeuge vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen. Dies erweist sich jetzt als rechtswidrig. Die DUH begrüßt dies und geht davon aus, dass der EuGH voraussichtlich bis zu den Sommerferien dieser Einordnung folgen und entsprechend entscheiden wird.
„Heute ist ein guter Tag für den Rechtsstaat. Die Schlussanträge des Generalanwalts bestätigen die Rechtsauffassung der DUH, dass es Umweltvereinigungen möglich sein muss, gegen derartig illegale Bescheide des Kraftfahrtbundesamts juristisch vorgehen zu können. Nur so ist eine Kontrollmöglichkeit der Zivilgesellschaft gegen die Zulassung von giftigen Betrugsdiesel gegeben. Denn Dieselgate hat es verdeutlicht: Das Kraftfahrtbundesamt und die deutsche Automobilindustrie stecken unter einer Decke. Eine unabhängige Kontrolle des Amts und damit die Zulässigkeit der Bescheide zu den Typengenehmigungen nach dem Auffliegen des Abgasbetrugs ist mehr als zweifelhaft. Auch die Klarstellung, dass die Autohersteller verpflichtet sind, die technischen Vorrichtungen anzuwenden, damit die Stickoxid-Grenzwerte eingehalten werden, begrüße ich sehr. Illegale Abschalteinrichtungen, deren ‚Notwendigkeit‘ mehr als zweifelhaft ist, haben in den Abgasreinigungssystemen nichts zu suchen. Wenn der EuGH, wie üblich, den Schlussanträgen folgt, haben wir eine höchstrichterliche Bestätigung, dass alle betroffenen Betrugsdiesel illegal unterwegs sind und ihre Zulassung verlieren müssen, bis eine wirksame Abgasreinigung – also eine Hardwarenachrüstung – eingebaut wurde und eine entsprechende neue Typengenehmigung erlassen werden kann“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Vor dem Verwaltungsgericht Schleswig führt die DUH, vertreten durch ihren Anwalt Remo Klinger, mehrere Verfahren, um das KBA zu verpflichten, die unzulässigen temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen entfernen zu lassen. Dazu hatte die DUH gegen die Freigabebescheide der Behörde zu Millionen von Pkw Widerspruch eingelegt und mittlerweile Klagen erhoben. Die Verfahren richten sich gegen Volkswagen, Porsche, Audi, Seat und Daimler. In einem Verfahren hat das Verwaltungsgericht Schleswig bereits im Jahr 2019 Fragen zur Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet, zu dem sich nun der Generalanwalt des EuGH heute positioniert hat. In diesem geht es um die Klagebefugnis der DUH und um die konkreten Abschalteinrichtungen, die selbst nach einem vom KBA angeordneten Rückruf weiterhin in Fahrzeugen des Typs VW Golf installiert sind.
Die Software steuert in den hier betroffenen Fahrzeugen die Abgasrückführung nach bestimmten Informationen, unter anderem der Außentemperatur, mit dem Ergebnis massiv erhöhter Stickoxidemissionen. Dies erfolgt zum Teil bereits ab Außentemperaturen von 15 Grad Celsius und darunter. Gemäß den Bestimmungen der europäischen Rechtsgrundlage (715/2007) ist dies nicht zulässig.
„Der Dieselskandal ist längst nicht beendet. Weiterhin fahren Millionen Autos mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Sollte der EuGH der Einordnung des Generalanwalts folgen, werden alle von der DUH angestrengten Verfahren gewonnen. Millionen von Betrugsdiesel müssen dann endlich nachgerüstet werden“, so Rechtsanwalt Remo Klinger.
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Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Professor Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
0171 2435458, klinger@geulen.com
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