Es ist eine dieser Helfergeschichten, wie man sie vor Weihnachten nicht besser erfinden könnte. In der Wohnung des Wertheimer Ehepaares P. kam es heute zu einer Familienzusammenführung der besonderen Art. Angefangen hat alles vor drei Monaten mit einem Anruf. Dazwischen liegen rund 3.000 gefahrene Kilometer und eine immer familiärer werdende Patenschaft. Aber der Reihe nach.
Bald nach Ankunft der ersten Flüchtlinge Mitte September boten sich Sybille und Joachim P. dem Lea-Beauftragten der Stadtverwaltung, Volker Mohr, als ehrenamtliche Helfer an. Der nahm sie mit einem Anruf beim Wort, als kurzfristig eine Fahrt nach Würzburg zu organisieren war. Familienvater Sadick, aus Nigeria stammend, musste mit Sohn Ernest dringend zu seiner Frau Ayse gebracht werden. Diese war aus der Flüchtlingseinrichtung heraus mit schweren Schwangerschaftskomplikationen in die Universitätsklinik Würzburg eingeliefert worden. Dort kam am 23. September, dem ersten „Einsatztag“ des Ehepaares P., das zweite Kind der Familie per Kaiserschnitt zur Welt – über drei Monate zu früh, gerade mal rund 600 Gramm leicht.
Es war absehbar, dass Mutter Ayse und das „Frühchen“ noch wochenlang zur medizinischen Versorgung in Würzburg bleiben mussten, während Vater Sadick und der eineinhalbjährige Ernest in der Lea Wertheim fest saßen. Sybille und Joachim P. entschieden deshalb kurzerhand, sich weiterhin um die auseinandergerissene Familie zu kümmern. Das bedeutete unter anderem pro Woche mindestens zwei Besuchsfahrten nach Würzburg und zurück.
Heute, fast drei Monate später, durften nun Ayse und Baby John das Würzburger Krankenhaus endlich verlassen. In der Wohnung von Familie P. kam es zur glücklichen Familienzusammenführung. Zur erweiterten Patenfamilie gehört auch Martina Duqué. Sie hat den kleinen Ernest immer dann betreut, wenn Vater Sadick seine Frau in Würzburg besuchte.
„Ihr seid meine Familie,“ sagt Sadick strahlend und zeigt auf die drei Wertheimer Helfer. Martina Duqué und Ayse halten sich im Arm. Sybille P. setzt sich auf den Boden und spielt mit dem kleinen Ernest. Ihr Mann Joachim hält „für selbstverständlich“, was er und seine Frau seit Monaten leisten und noch leisten werden, und hat das Hilfeangebot im September „keine Sekunde bereut“. Die Hauptperson des Tages, Baby John, schläft währenddessen im Zimmer nebenan.
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