Mit einer feierlichen Verkehrsfreigabe haben Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann, Regierungsvizepräsidentin Gabriela Mühlstädt-Grimm und Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch am Montag, dem 13. Mai 2024 mit dem Arlinger Tunnel in Pforzheim die letzte Lücke geschlossen: Der erste Bauabschnitt der Westtangente (Bundesstraße 463) in Pforzheim ist eröffnet.
Entlastung für die Anwohner
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Michael Theurer, sagte: „Dies ist ein besonderer Tag für Pforzheim und die gesamte Region. Mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts der Westtangente gelingt uns ein wichtiger Schritt, den regionalen und überregionalen Verkehr vom innerstädtischen Ziel- und Quellverkehr zu entkoppeln. Pforzheim ist ein Investitionsschwerpunkt im Bundesstraßenbau. Allein mit der Westtangente und der Enztalquerung investiert der Bund hier in der Region Finanzmittel in Höhe von rund einer halben Milliarde Euro. Eine gute und sinnvolle Investition, um die Leistungsfähigkeit der überregionalen Verkehrsachsen zu erhöhen, Verkehre außerhalb der Ortsdurchfahrten zu bündeln und somit die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.“
Verkehrsminister Hermann nutzte die Gelegenheit und warf einen Blick auf die lange Vergangenheit der Maßnahme: „Die Anfänge dieses Projektes gehen auf eine Zeit zurück, in der es nicht einfach war, Bundesmittel für Bedarfsplanmaßnahmen zu bekommen. Das Land Baden-Württemberg, getragen vom politischen Rückenwind aus der Region, hat aber einen langen Atem bewiesen und die Maßnahme Stück für Stück umgesetzt. Die dabei errichtete erste Photovoltaikanlage (PV-Anlage) für die Eigenversorgung eines Tunnels in Baden-Württemberg ist zugleich Auftakt für die sukzessive Ausstattung weiterer Tunnel im Land mit Photovoltaikanlagen zur Eigenversorgung mit Solarstrom. Die heutige Freigabe ist ein weiterer Baustein zur Verbesserung der Verkehrssituation in und um Pforzheim. Der Schlüssel dafür liegt auch für Pforzheim in einem gesamtheitlichen Ansatz, in denen Fuß- und Radverkehr, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und Straße gemeinsam gedacht und geplant werden.“
Von Autobahn direkt in Richtung Enztal
„Seit der Baufreigabe und der Bereitstellung der Mittel hat das Regierungspräsidium enorm viel geleistet und mit dem heutigen Tag ein äußerst komplexes Bauwerk mit nicht immer einfachen Rahmenbedingungen fertiggestellt“, betonte Regierungsvizepräsidentin Gabriela Mühlstädt-Grimm und fügte hinzu: „Ab sofort haben nun die Verkehrsteilnehmenden freie Fahrt von der Autobahn in Richtung Enztal.“
Nachdem die Planung bis auf die 1980er Jahre zurückgeht, erfolgte die bauliche Umsetzung des ersten Bauabschnitts deutlich rascher. Es begann mit der Umsetzung des ersten Teilabschnitts von der Autobahn bis zur Bundesstraße (B) 10, Karlsruher Straße, in den Jahren 2009 bis 2012. Danach folgte zwischen 2015 und 2019 der zweite Teilabschnitt von der B 10 bis zur Landesstraße (L) 562, Dietlinger Straße. Nach dem Tunnelanschlag im Mai 2019 und dem Tunneldurchschlag im Dezember 2020 konnte mit der Fertigstellung des Tunnelrohbaus der nächste große Meilenstein im dritten Teilabschnitt im Mai 2023 erreicht werden.
Der dritte Teilabschnitt besteht aus dem Arlinger Tunnel und seiner etwa 1.348 Meter langen Hauptröhre und dem circa 1.077 Meter langen Rettungsstollen, der durch vier Querschläge mit der Hauptröhre verbunden ist. Außerdem gibt es drei Betriebszentralen. Der größte Teil des Tunnels wurde in bergmännischer Bauweise hergestellt. Als Bauverfahren hierfür wurde die neue österreichische Tunnelbauweise angewendet. Im Bereich des Nord- sowie Südportals wurden die ersten circa 50 Meter in offener Bauweise hergestellt. Insgesamt fielen circa 330.000 Kubikmeter an Aushub- und Ausbruchmassen an und es wurden etwa 68.000 Kubikmeter Beton sowie 8.000 Tonnen Stahl verbaut.
Sicherheit umfassend gewährleistet
Für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden sorgen künftig unter anderem eine Linienbrandmeldeanlage und zehn begehbare Notrufkabinen sowie rund 20 Lautsprecher und rund 50 Kameras. Zur Betriebsausstattung gehört darüber hinaus die aus rund 600 LED-Lampen bestehende Beleuchtung und die Belüftung. Insgesamt wurden rund 236 Kilometer Kabel verlegt. Zum dritten Teilabschnitt zählen darüber hinaus der neue Anschluss der B 463 an die B 294, Wildbader Straße, und eine neue Lärmschutzwand oberhalb des Südportals. Beide Bundesstraßen werden über eine Rampe mit Lichtsignalanlage miteinander verknüpft.
Erste Photovoltaikanlage zur Eigenversorgung
Beim Bau wurde die erste Photovoltaikanlage zur Eigenversorgung eines Tunnels im Zuge einer Bundesstraße in Baden-Württemberg realisiert. Die Gesamtleistung der PV-Anlage beträgt rund 410 Kilowatt-Peak. Die circa 950 Module inklusive drei Batteriespeicher sind auf den Böschungsflächen in den Bereichen des Süd- und Nordportals angeordnet. Durch die PV-Anlage wird die normale Grundlast des Stromverbrauchs des Arlinger Tunnels durch erneuerbare Energien abgedeckt.
Auf Eigeninitiative hat das Land Baden-Württemberg durch eine Machbarkeitsstudie bezüglich der PV-Belegung an Tunneln hierfür die Voraussetzung geschaffen. Für rund 60 weitere Bundes- und Landesstraßentunnel liegen ebenfalls positive Machbarkeitsstudien zur PV-Belegung vor, welche in den nächsten Jahren sukzessive mit PV-Anlagen ausgestattet werden sollen.
163,5 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt
Die Baukosten des rund 2,75 Kilometer langen ersten Bauabschnitts der Westtangente von der Bundesautobahn A 8 im Norden bis zur B 294 im Süden – mit den drei genannten Teilabschnitten – belaufen sich insgesamt auf rund 163,5 Millionen Euro. Hiervon entfallen auf den jetzt freigegebenen Arlinger Tunnel und die Anschlussstelle rund 133,5 Millionen Euro. Die Kosten werden vom Bund getragen. An die Verkehrsfreigabe schließt sich der sogenannte Probetrieb des Tunnels an. Während dieser Phase wird die Betriebstechnik im Realbetrieb getestet und nach- sowie feinjustiert. Während dieser Phase werden auch im Tunnelumfeld noch Restarbeiten, wie beispielsweise der Rückbau sämtlicher Baustelleneinrichtungsflächen, erfolgen.
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