Die Verhandlungsführer von EU-Rat und Europäischem Parlament haben in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag eine politische Einigung zur von der EU-Kommission im Februar 2022 vorgeschlagenen Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, das sogenannte EU-Lieferkettengesetz, erzielt. Damit sollen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren.
Bayerns Europaminister Eric Beißwenger: „Im Grundsatz verfolgt die Richtlinie ein gutes, richtiges und wichtiges Ziel. Mit der aktuellen Ausgestaltung schießt die EU aber über das Ziel hinaus. Der jetzt vereinbarte Anwendungsbereich bedeutet eine starke Ausweitung gegenüber dem deutschen Lieferkettengesetz und das nicht nur in Bezug auf die Anzahl der betroffenen Unternehmen. Indem ein Großteil der Wertschöpfungskette umfasst sein soll, werden auch auf mittelständische Zulieferer Auflagen und Dokumentationspflichten zukommen. Mit dem Gesetz drohen damit große Bürokratiebelastungen, insbesondere mittelbar auch für kleine und mittlere Unternehmen. Unsere Firmen haben dadurch einen deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen aus Drittstaaten, die nicht von den Regelungen betroffen sind.“
Das EU-Lieferkettengesetz regelt die Pflichten großer Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschenrechte in ihrer Geschäftskette, die die vorgelagerten Geschäftspartner des Unternehmens und teilweise die nachgelagerten Tätigkeiten wie Vertrieb oder Recycling umfasst. Es legt Regeln für Sanktionen und die zivilrechtliche Haftung bei Verstößen gegen diese Verpflichtungen fest. Und es verpflichtet die Unternehmen, einen Plan anzunehmen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel vereinbar ist. Gegebenenfalls müssen in letzter Konsequenz die Geschäftsbeziehungen zu Zulieferern oder Kunden beendet werden, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte durch Geschäftspartner festgestellt und nicht verhindert oder beendet werden können.
Beißwenger: „Die Richtlinie schwächt unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu einer Zeit, in der sie ohnehin bereits mit Wettbewerbsnachteilen wie hohen Energie- und Bürokratiekosten oder mit Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Ich befürchte, dass wir im Endeffekt den Menschenrechten und dem Klima einen Bärendienst erweisen, wenn sich unsere Unternehmen zum Beispiel aus Afrika zurückziehen und vor Ort Unternehmen aus Ländern in die Lücke stoßen, die sich nicht im Geringsten um Umwelt- und Sozialstandards sorgen.“
Titel Bilder: Symbolbilder Bayern by Pixabay.com
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