Es ist ein Alptraum, der leider in der Realität schon vorkam: Im Internet tauchen intime Bilder auf und werden in großer Geschwindigkeit weiterverbreitet. Die Initiative HateAid beschreibt beispielsweise einen Fall, bei dem Fotos aus der Intimsphäre samt zugehörigem Namen und Adresse auf mindestens 127 Webseiten geteilt und mehr als 4.200 Mal verlinkt wurden – ohne dass die betroffene Person das kurzfristig unterbinden konnte.
Um unter anderem solche Fälle künftig zu verhindern oder schnell einschreiten zu können, fordert Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach Nachbesserungen bei der geplanten europäischen Regulierung großer Plattformbetreiber und Internetkonzerne. Der Gesetzentwurf der Europäischen Kommission über digitale Dienste (Digital Services Act DSA) müsse ergänzt werden, etwa durch die Festschreibung von Löschfristen, Beschwerde-Hotlines und eines Jugendschutz-Cockpits.
Gerlach erklärt: „Die geplante Regulierung der Internetgiganten ist ein wichtiger und überfälliger Schritt. Die Europäische Kommission ist hier mit ihrem Gesetzentwurf auf einem guten Weg. Allerdings müssen noch klarere Regelungen zum Persönlichkeits- und Jugendschutz rein. Ohne die, wäre eines der größten regulatorischen Vorhaben der EU von vornherein zu lasch. Ziel des Gesetzes ist eine massive Stärkung der digitalen Rechte von Bürgerinnen und Bürgern. Dazu müssen wir die Internetriesen aber endlich an die kurze digitale Leine nehmen.“
Konkret fordert die Digitalministerin die Festschreibung fest definierter Löschfristen für Inhalte mit Hass oder Hetze im Netz. Ähnlich wie beim deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) müsse auch beim DSA klar geregelt sein, innerhalb welcher Zeit die Internetkonzerne verpflichtet sind, bestimmte Inhalte aus dem Netz zu nehmen. Gerlach: „Ohne eine solche klare Festlegung ist zu befürchten, dass der Schutz der Bürgerinnen und Bürger mit der europäischen Verordnung künftig sogar hinter den derzeitigen Schutz durch das NetzDG zurückfällt. Drohungen und üble Beleidigungen dürfen nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag im Netz bleiben. Die Betroffenen brauchen hier Schutz und Klarheit – und schnelle Hilfe.“
Zudem sollten die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, über nationale Beschwerde-Hotlines ihr Anliegen in deutscher Sprache dem jeweiligen Internetkonzern mitzuteilen. Derzeit gibt es hier oft keine entsprechenden Ansprechpartner bei den Plattformen.
Um die Jugendschutzbestimmungen stärker zu berücksichtigen, fordert die Digitalministerin mehr Möglichkeiten zu deren Durchsetzung. Sie schlägt die verpflichtende Einführung eines Jugendschutz-Cockpits für Eltern vor. Damit könnten über Einstellungen in der Zugangssoftware der Online-Plattformen bestimmte Filtereinstellungen gesetzt werden. Auch bei anderen Medieninhalten muss Jugendschutz möglich sein, so dass beispielsweise Inhalte bei fehlender Altersangemessenheit nicht aufgefunden werden können. Hier fordert die Digitalministerin konkrete Regelungen im DSA. Gerlach: „Kinder und Jugendliche werden zunehmend zur Zielgruppe der Internetgiganten. Umso aufmerksamer müssen wir sein und ihre Rechte schützen.“
Um gefährliche Echokammern offenzulegen, fordert Gerlach, jedem Plattformnutzer transparent zu machen, was mit den über ihn generierten Daten passiert. Die Ministerin erläutert: „Wem der Algorithmus nur die immer gleichen Informationen zeigt, der bewegt sich abgeschottet in einer Filterblase. Diese gefährlichen Blasen müssen wir zum Platzen bringen. Dafür brauchen wir mehr Transparenz über die Verwendung unserer Nutzerdaten. Durch bessere Kenntnis über die Funktionsweise der angewandten Algorithmen könnten schädliche Mechanismen aufgedeckt werden.“
Titel Bilder: Symbolbilder Bayern by Pixabay.com
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