Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek dringt bei der Bundesregierung auf mehr Tempo bei der Pflegereform. Holetschek betonte am Samstag anlässlich des Dialogs „ICH RED MIT.“ mit Bürgerinnen und Bürgern in Augsburg am Freitagabend: „Der aktuelle Gesetzesentwurf ist zwar gut gemeint, aber tatsächlich kein Reformvorschlag, sondern bestenfalls Kosmetik. Die ‚echte‘ Reform will der Bundesgesundheitsminister erst nächstes Jahr vorlegen. Damit wird die drängende Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung einmal mehr verschoben. Das ist viel zu spät!“
Der Minister ergänzte: „Aktuell kommt mir vor allem die ambulante Pflege viel zu kurz. Die geplante Dynamisierung des Pflegegeldes ist ein Witz. Das versprochene Entlastungsbudget wurde kurzerhand wieder gestrichen. Für die so wichtige Kurzzeitpflege findet sich nichts im Gesetzesentwurf, von einer Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige ganz zu schweigen. Besonders die pflegenden Angehörigen werden wieder einmal im Regen stehen gelassen.“
Holetschek unterstrich: „Lauterbachs Reformentwurf basiert einzig und allein auf höheren Beiträgen für die Versicherten. Ohne einen steuerfinanzierten Bundeszuschuss wird es aber nicht gehen. Da darf man sich nichts vormachen. Versicherungsfremde Leistungen dürfen nicht länger zu Lasten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gehen. Das gilt im Übrigen auch für die Mehrkosten durch die Corona-Pandemie. Entgegen dem gesetzlichen Auftrag sollen diese Kosten faktisch von den Beitragszahlern getragen werden.“ Der Minister erläuterte: „Die Pflegeversicherung muss konsequent vereinfacht und flexibilisiert werden. Wir brauchen zusätzliche Steuermittel, um die Pflege langfristig solide zu finanzieren.“
Bayern setzt beim Thema Pflege auf den direkten Dialog mit den Bürgern
Holetschek verwies darauf, dass Bayern beim Thema Pflege auf den direkten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern setzt. Der Minister erläuterte: „Der Diskussionsbedarf der Menschen beim Thema Pflege ist enorm! Die Zukunft der Pflege geht uns alle an. Die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist ein wichtiger Schlüsselfaktor zur Lösung dieser gesellschaftlichen Aufgabe. Die Bürgerdialoge laden zum Mitdiskutieren ein und bieten neue Gestaltungsansätze für die Pflege vor Ort.“
Holetschek fügte hinzu: „Der unmittelbare Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern ist durch nichts zu ersetzen. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort will ich identifizieren, wo es Probleme gibt und wie wir diese lösen können.“ Unter den Teilnehmenden in Augsburg waren viele Beschäftigte aus dem Bereich Pflege sowie pflegende Angehörige. Er unterstrich: „Wir hatten eine sehr spannende, konstruktive, aber auch kritische und emotionale Debatte – das ist für mich gelebte Demokratie. Es ging etwa um die Finanzierung der Pflegekosten, fehlende Möglichkeiten von Kurzzeit- und Verhinderungspflege, die Arbeitsbedingungen und Leiharbeit in der Pflege, die mangelnde Unterstützung pflegender Angehöriger, den Fachkräftemangel, die generalistische Ausbildung und die als überbordend empfundene Bürokratie.“
Der Minister erläuterte: „Wir waren uns alle einig, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden müssen – und zwar schnell! Das müssen wir gemeinsam mit dem Bund, den Kommunen und den Arbeitgebern umsetzen. Denn in der Pflege ist es schon Viertel nach Zwölf! In Bayern wird die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit rund 580.000 auf bis zu eine Million im Jahr 2050 steigen. Bis dahin werden wir voraussichtlich 76.000 Pflegekräfte mehr brauchen. Um diese steigende Zahl von Pflegebedürftigen gut zu betreuen und zu versorgen, ist ein gesamtgesellschaftlicher Kraftakt notwendig!“
Holetschek stellte sich vor und nach der von der Fernsehjournalistin Eva Grünbauer moderierten Diskussion auch im Vier-Augen-Gespräch den Bürgerinnen und Bürgern. Eine weitere Veranstaltung der Reihe ‚ICH RED MIT.‘ zum Thema Pflege ist geplant, Informationen zu Ort und Datum werden zeitnah veröffentlicht.
Titel Bilder: Symbolbilder Bayern by Pixabay.com
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