Bei der heutigen 46. Verleihung des Bayerischen Filmpreises in München wurden in insgesamt elf Kategorien Filmschaffende mit dem begehrten „Pierrot“ ausgezeichnet. Den Preis als Beste Darstellerin erhielt in diesem Jahr Jella Haase für ihre Rolle in „Chantal im Märchenland“. Christoph Maria Herbst wurde als Bester Darsteller für seine Rollen in den drei Filmen „Der Buchspazierer“, „Der Spitzname“ und „Ein Fest fürs Leben“ geehrt. Die Auszeichnungen in den Kategorien Bester Film sowie Nachwuchsschauspiel werden am Ende der Verleihungsgala mit gesonderter Pressemitteilung bekanntgegeben.
Der Preis des Ministerpräsidenten ging an die Schauspielerin Helga Ursula „Uschi“ Glas:
Ministerpräsident Dr. Markus Söder: „Uschi Glas ist eine Schauspiel-Ikone. Sie begeistert seit Jahrzehnten alle Generationen, steht für die bayerische Lebensart und hat ein großes Herz. Uschi Glas prägte ewige Klassiker wie ‚Winnetou‘ und die ‚Pauker‘-Filme genauso wie die moderne Reihe ‚Fack ju Göhte‘. Sie gehört zu den absoluten Publikumslieblingen in Film und Fernsehen. Die Leinwand ist ihr Zuhause. Dabei blieb sie immer herzlich und gleichermaßen weltoffen wie geerdet. Uschi Glas ist vor allem auch ein toller Mensch: Mit ihrem Verein ‚brotZeit‘ setzt sie sich für Kinder ein und organisiert ein gesundes Frühstück zum Start in den Tag. Dieses soziale Engagement ist außergewöhnlich. Uschi Glas ist ein großes Vorbild und eine wichtige Repräsentantin des Freistaats. Bin auch selbst seit der Jugend großer Fan ihrer Filme. Herzlichen Glückwunsch zum Bayerischen Filmpreis!“
Begründung zum Preis des Ministerpräsidenten an Uschi Glas:
Uschi Glas, geboren in Landau an der Isar und in München für den Film entdeckt, steht gleichermaßen geerdet und weltoffen für das Beste der bayerischen Lebensart. Charakterstark hat sie, begabt mit viel Intelligenz, Humor und schauspielerischem Talent, einen eindrucksvollen Lebensweg eingeschlagen. Für den Film entdeckt wurde sie von dem Produzenten Horst Wendlandt. Gleich mit ihrer ersten Kinohauptrolle in „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ (1966) spielte sie sich an der Seite von Pierre Brice, Lex Barker und Götz George in die Herzen eines Millionenpublikums. Schon zwei Jahre später wurde sie legendär – als lebenslustige Barbara im Schwabinger Kultfilm „Zur Sache, Schätzchen“ von May Spils und Werner Enke (1968). Mit Inspektoren wie Joachim Fuchsberger oder Horst Tappert erlebte sie in einigen Edgar-Wallace-Filmen die Schrecken der Unterwelt. Und gemeinsam mit Hansi Kraus und Hannelore Elsner machte sie in mehreren Pauker-Filmen so manche Schule unsicher. Damit wurde Uschi Glas eine der beliebtesten Leinwand-Heldinnen der 1960er und 1970er Jahre. Außerordentlich erfolgreich war sie dann ebenfalls über fünfzig Jahre hinweg im Fernsehen, mehrfach gemeinsam mit ihrem idealen Spielpartner Elmar Wepper, in Serien-Klassikern wie „Polizeiinspektion 1“, „Unsere schönsten Jahre“ und „Zwei Münchner in Hamburg“. Seit 2013 ist sie, unter anderem durch die Reihe „Fack ju Göhte“ oder zuletzt in „Max und die wilde 7“, auch im Kino erneut höchst präsent – und hat sich die junge Generation erobert. Ein wesentlicher Teil von Uschi Glas‘ Leben und Wirken ist ihr soziales Engagement: Unter anderem ist sie Schirmherrin der „Deutschen Stiftung Patientenschutz“, unterstützt „Ärzte ohne Grenzen“ und ist selbst Mitgründerin des Vereins „brotZeit“, der bundesweit dafür sorgt, dass Schulkinder morgens ausreichend zu essen bekommen. Für ihre unvergesslichen Erfolge als Darstellerin und ihr unverstelltes, beispielhaftes Handeln als Mensch geht der Preis des Ministerpräsidenten beim Bayerischen Filmpreis 2024 an Uschi Glas.
Der Preis in der Kategorie Family Entertainment (dotiert mit 10.000 Euro) ging an blue eyes Fiction GmbH & Co. KG für den Film „Woodwalkers“.
Begründung der Jury:
Mit Woodwalkers gelingt blue eyes Fiction unter der Regie von Damian John Harper ein außergewöhnliches Kinoerlebnis für die ganze Familie. Die Verfilmung der beliebten Woodwalkers-Buchreihe von Katja Brandis entführt die Zuschauer in eine magische Welt, in der Gestaltwandler und echte Tiere zum Leben erwachen. Dabei erzählt der Film eine Abenteuergeschichte über Freundschaft, Selbstfindung und den Mut, anders zu sein – eine Botschaft, die Generationen verbindet und für Familien ein starkes, gemeinsames Erlebnis schafft.
Mit eindrucksvollen Naturaufnahmen bietet Woodwalkers eine faszinierende Kulisse. Die Mischung aus phantasievollen Elementen, Abenteuer und echten Tieren verleiht dem Film eine besondere Authentizität. Die Verwandlung der Figuren zwischen Mensch und Tier wird durch herausragende Animation sehr lebendig und greifbar dargestellt
Für die Verfilmung und gelungene Umsetzung einer Geschichte, die den Zauber der Bücher bewahrt und die ganze Familie begeistert, verleiht die Jury BLUE EYES FICTION für Woodwalkers den Bayerischen Filmpreis 2024 für den besten Film im Bereich Family Entertainment.
Den Preis als Beste Darstellerin (dotiert mit 10.000 Euro) erhielt Jella Haase für ihre Rolle in „Chantal im Märchenland“.
Begründung der Jury:
Es gibt erfolgreiche Schauspielerinnen, die in einem Film die Rolle ihres Lebens spielen und immer damit verbunden bleiben. Und es gibt Schauspielerinnen, die so vielseitig und wandlungsfähig sind, dass sie jede Rolle zur Rolle ihres Lebens machen. Jella Haase besitzt diese Fähigkeit und sie ist nicht nur deshalb ein Phänomen: ihr facetten- und nuancenreiches Spiel in sämtlichen Genres begeistert immer wieder aufs Neue.
Ihre Verkörperung der Schülerin Chantal in der „Fack ju Göhte“ Reihe brachte sie auf der Erfolgsleiter an die Spitze! Kein Wunder also, dass Autor und Regisseur Bora Dagtekin seine Figur Chantal in ein modernes Märchenland verzaubert, in dem Jella Haase buchstäblich alle Register ihrer Schauspielkunst ziehen darf: freche Göre ohne Lebensplan, überzeugende Romantikerin oder wilde und selbstbestimmte Kämpferin. Jella Haase beeindruckt durch ihr pointenreiches und körperlich herausforderndes Spiel, zeigt eindrucksvoll wie sie dank perfekter Mimik, Gestik, Bewegung und Sprache ihre Figur in jeder Nuance für die große Leinwand erobert. Dabei bleibt die Spielfreude in jeder Szene spürbar und überträgt sich auf uns – ihr staunendes Publikum. Diesmal hat sie sogar die Gebrüder Grimm sprachlos gemacht und das ist unbedingt eine erneute Auszeichnung wert.
Mit dem Preis als Bester Darsteller (dotiert mit 10.000 Euro) wurde Christoph Maria Herbst für seine Rollen in „Der Buchspazierer“, „Der Spitzname“ und „Ein Fest fürs Leben“ geehrt.
Begründung der Jury:
Blitzende Augen, ein verschmitzt-vorsichtiges Lächeln, ein kleiner böser Blick, ein Räuspern … so sparsam und zurückhaltend begegnet uns Christoph Maria Herbst in diesem Jahr in gleich drei Filmen, die der Jury vorlagen: „Ein Fest fürs Leben“, „Der Buchspazierer“ und „Der Spitzname“.
Drei sehr unterschiedliche Filme, was sie eint ist das Genre „Unterhaltung“ – oft und gern geschmäht und dennoch so wichtig für das Kino und den Zuschauer, für Herz, Bauch und Hirn.
Charaktere wie der Familien-Stinkstiefel aus „Der Spitzname“, der bemüht-überforderte Wedding-Planner aus „Ein Fest fürs Leben“, aber auch der zunächst eher misanthropisch-melancholische „Buchspazierer“ scheinen Herbst auf den Leib geschrieben. Aber die Wahrheit ist, er eignet sich all diese Figuren künstlerisch an. Er erspielt sich die sichtbare Oberfläche seiner Rollen, indem er deren Tiefen und Untiefen mitgestaltet, etwa wenn Blicke und Körpersprache mehr über eine Figur aussagen als der gesprochene Text. Sein dezentes Spiel ist ausgesprochen intensiv – diesen scheinbaren Widerspruch löst Herbst nuanciert auf, indem er Menschen gestaltet, nicht auf bestimmte nur scheinbar unterhaltsame Klischees verkürzte Abziehbilder der Wirklichkeit. Herbst glänzt in diesen drei Filmen in seiner Verkörperung doch recht unterschiedlicher Charaktere – herzwärmend als vereinsamter älterer Mann, für den das Leben scheinbar nichts mehr bereithält, den aber die Begegnung mit einem 9jährigen Mädchen ins Leben zurückführt, oder als eigentlich routiniert-abgeklärter Event-Manager, dem doch Schritt für Schritt alles entgleitet und auf ein Debakel zusteuert, und schließlich im Ensemblefilm „Der Spitzname“ als stets scharfzüngiger Spielverderber.
Dass die leichte Form so schwer sein kann, ist eine Binsenweisheit – dennoch sei es hier noch einmal gesagt: Leichtes, Lustiges, Fröhliches und auch Melancholisches so vielschichtig zu gestalten, dass die jeweiligen Gegenpole immer mitklingen, auch im Leichten sowohl die Tiefe als auch die Tiefen des Lebens spürbar sind – das ist die Kunst der Unterhaltung. Dafür steht Christoph Maria Herbst.
Den Preis Bester Nachwuchsfilm (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Aaron Arens für „Sonnenplätze“.
Begründung der Jury:
Gemeinhin sagt man Komödien seien leicht. Leicht zu finanzieren, leicht zu inszenieren und leicht zu konsumieren. Doch jeder der sich einmal damit beschäftigt hat weiß: nichts davon ist leicht. SONNENPLÄTZE gelingt es genau diese Leichtigkeit zu vermitteln. Der Film ist flott inszeniert, mit Timing, Tiefe und Humor. Es gibt viel Platz für das gesamte Schauspielensemble, interessante Locations und nachvollziehbare und erhellende Konflikte.
Wenn man einen Nachwuchspreis vergibt, ist man schnell verführt den Preis allein für Talent zu vergeben, aber Talent ist nur der Anfang. In Sonnenplätze scheint neben dem Talent auch etwas anderes durch: handwerkliches Geschick. Es ist spektakulär zu sehen, wie Schauspielstars neben Nachwuchs und echten Newcomern gleichwertig aufspielen. Daraus wird am Ende ein herrlicher Kinoabend, bei dem man sich gut amüsiert und schlauer aus dem Kinosaal herauskommt als man hereingegangen ist. Warum sollte man also als Spielfilmdebüt eine Komödie inszenieren? Weil man es kann!
Die Auszeichnung als Newcomer Regie erhält Mareike Engelhardt für „Rabia“ (dotiert mit 10.000 Euro).
Begründung der Jury:
Mareike Engelhardts erster Spielfilm „Rabia“ verschafft einem hochaktuellen Thema erstmals filmische Präsenz: dem Schicksal der sogenannten Bräute des Islamischen Staates.
Die 19-jährige Rabia (Megan Northam) und ihre Freundin Laila (Natacha Krief) möchten sich – frustriert über die Chancenlosigkeit ihres Lebens in Frankreich – dem IS anschließen und reisen von Marseille nach Raqqa, um dort in einem Haus für junge Mädchen aus aller Welt auf das Leben als Frau eines IS-Kämpfers vorbereitet zu werden. Schnell stellt sich heraus, dass ihre romantischen Vorstellungen von Liebe und religiöser Hingabe angesichts der brutalen Realität vor Ort vollkommen unbedarft sind. Das „Madafa“ ist ein Ort zwischen Jugendherberge, Bordell und Gefängnis, in dem eine Madame (Lubna Azabal) als rücksichtslose Kupplerin auftritt. Während Laila die frauenverachtende Realität der Ehe mit einem Dschihadisten mit existentieller Wucht zu spüren bekommt, verwickelt sich Rabia immer mehr in das Unterdrückungssystem von Madame – bis sie sich entscheiden muss.
Mareike Engelhardt gelingt mit „Rabia“ ein beeindruckender Film über die Realität terroristischer Netzwerke, an denen Frauen auf spezifische Weise teilhaben. Auf der Basis jahrelanger Recherchen und persönlicher Gespräche mit ehemaligen IS-Anhängerinnen gelingt ihr ein spannungsreiches und zugleich sensibles Portrait junger Frauen zwischen Ideologie und Missbrauch. Der Film ist von hoher Authentizität und beeindruckt durch die souveräne Schauspielführung. Zugleich gelingt Engelhardt die bildstarke filmische Verdichtung eines weitgehend unbekannten politischen Raums. Die Komplexität der Charaktere zwischen diffuser Sehnsucht und persönlicher Schuld eröffnet den Zuschauern Möglichkeiten der Annäherung oder Sympathie mit den beiden Frauenfiguren. Dies ist zugleich die ethische Herausforderung des Films.
Den Preis Bildgestaltung (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Judith Kaufmann für „Die Herrlichkeit des Lebens“.
Begründung der Jury:
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller zeichnen die Co-Regisseure Judith Kaufmann und Georg Maas behutsam ein ungewohnt zärtliches Kafka Bild, Judith Kaufmann dies auch als sensible Bildgestalterin. Das Bild eines still leidenden, aber auch heiteren und humorvollen Franz Kafkas. In der letzten Phase seines Lebens ist es vor allem durch die Liebe zu der freiheitsliebenden Dora Diamant geprägt. Eine zeitlose Liebe, als Sieg über das ausweglose Schicksal Kafkas und das Verzweifeln am Leben.
„Im Kino gewesen. Kameraarbeit beeindruckt.“ So hätte es wohl Kafka formuliert. Judith Kaufmanns Bildgestaltung ist getragen von ihrer meisterhaften visuellen, poetischen und atmosphärischen Umsetzung. Sie gestaltet mit einer tiefen Sensibilität für die Geschichte ein intimes Kammerspiel. Sie zeichnet Ihre Figuren in vielen Nahaufnahmen, ohne diese zu Entblößen. Jede Einstellung und Bewegung von Judith Kaufmanns Kamera sind zutiefst resonant. Sie spiegelt den lebendigen Charakter von Dora Diamant ebenso wie die Fragilität Kafkas mit einer bemerkenswerten Präzision. Durch Ihre Bildkompositionen tauchen wir Zuschauer in die inneren Welten der Charaktere und können diese hautnah erleben. Judith Kaufmann liefert uns einen stillen Kommentar zur Erzählung und gibt dieser eine neue Dimension. Die Jury des Bayerischen Filmpreis verleiht Judith Kaufmann den Preis für die Beste Bildgestaltung für ihre außergewöhnliche Fähigkeit, Filmisches mit Emotionalem zu verbinden und visuell brillant umzusetzen.
Den Regiepreis (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Ayşe Polat für den Film „Im toten Winkel“.
Begründung der Jury:
Wem schauen wir bei was zu und was sehen wir wirklich, was übersehen wir, wo liegen die toten Winkel? Das ist im Kino immer und im Leben oft die entscheidende Frage.
Es geht Ayşe Polat in ihrem so meisterlichen wie intelligentem Film um das Spiel der Perspektiven. Da ist ein deutsches Dokumentarfilm-Team auf Spurensuche in der türkischen Provinz, der Versuch Zeugen eines politischen Verbrechens auszumachen. Da sind auch ihre Beobachter der Polizei, die schauen, was die Fremden hier suchen. Aber auch die Beobachter werden beobachtet. Und auf einmal ist es ein Polizist, der entdecken muss, dass sein Haus, Frau und Tochter selbst observiert werden. Menschen verschwinden, werden verfolgt, ermordet – Totalüberwachung und Totalparanoia. Wenn da nicht dieses kleine Mädchen wäre, die mit furchteinflößendem klarem Blick das sieht, was die Erwachsenen übersehen.
Ayşe Polat gelingt es die vielen unterschiedlichen Betrachtungsweisen in erstaunliche Balance zu bringen. Aus einem handfesten politischen Thriller wird eine erschütternde Familiengeschichte, ja ein Mysterienspiel, das die Grenzen des Genres sprengt und uns zwingt, in ganz großen Bezügen zu denken – Kopfkino vom Feinsten, an dem Alfred Hitchcock seine helle Freude gehabt hätte. In Zeiten, in denen es wichtiger denn je erscheint, sich ein klares Bild zu verschaffen, ist eine Regieleistung wie die von Ayşe Polat ein Geschenk und eine Aufforderung an uns, zu sehen, ob wir diesmal wirklich alles übersehen.
Der Dokumentarfilmpreis teilen sich Hans Block und Moritz Riesewieck (jeweils 5.000 Euro) für „Eternal You“.
Begründung der Jury:
„Eternal You“ lässt uns Menschen begegnen, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Kontakt mit Verstorbenen aufzunehmen versuchen, die ihnen sehr nahe standen. Die Filmemacher Hans Block und Moritz Riesewieck tauchen dabei tief in die komplexen Wechselwirkungen zwischen tiefen menschlichen Emotionen und gezielten geschäftlichen Interessen ein. Ihr Film führt uns die zunehmende Durchdringung unseres Alltags durch Künstliche Intelligenz als ein gewaltiges „Experiment mit uns selbst“ vor Augen, wie es eine der Protagonistinnen im Film ausdrückt.
„Eternal You“ ist ein zutiefst gegenwärtiger Film. Der Film stellt sich in einer Zeit großer Ungewissheiten einem der entscheidenden Themen der Menschheitsgeschichte: Können wir überhaupt mit dem umgehen, was wir in die Welt bringen, wenn wir künstliche Intelligenzen schaffen? Er behandelt seine Protagonisten mit Genauigkeit und Respekt in den oft extrem emotionalen Situationen, die sich zwischen Mensch und Maschine entwickeln, wenn Menschen nach traumatischen Verlusten Avataren ihrer Verstorbenen begegnen und mit ihnen interagieren. Bei aller emotionaler Wirkkraft ihres Films gelingt es Hans Block und Moritz Riesewieck wie nebenbei auch, die Grundlagen und Funktionsweise künstlicher Intelligenz etwas verständlicher zu machen, die bis heute noch nicht einmal die Hersteller künstlicher Intelligenz vollständig durchdringen.
Den Drehbuchpreis (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Matthias Glasner für „Sterben“.
Begründung der Jury:
Im Film stirbt es sich mitunter gerne schnell. Bei Matthias Glasner dauert das Sterben etwas länger, 3 Stunden. Es ist dann so, wie wir es leider manchmal eher erleben müssen. Es bahnt sich an und dauert und wir können weder darüber hinwegsehen noch kommen wir immer klar damit, schon gar nicht, wenn es die eignen Eltern oder die eigne Familie betrifft. „Sterben“ tut weh, dem der stirbt und dem der damit konfrontiert ist. Der Berliner Dirigent, herausragend gespielt von Lars Eidinger, muss Arbeit und Familie hinter sich lassen, ans Grab seines Vaters eilen und findet nur seine einsame Mutter, kongenial von Corinna Harfouch verkörpert, vor. Die Schwester hat es wieder einmal nicht geschafft. Und dann ist da vielleicht einer der längsten und erschütterndsten Mutter-Sohn-Dialoge der deutschen Filmgeschichte.
In „Sterben“ werden Dinge gesagt, die man nicht gerne hört von Söhnen und Müttern, von Schwestern und Freunden. Dinge, die man vielleicht lange für sich behält und nur dann sagen kann, wenn Jemand gegangen ist oder droht, zu gehen. Wenn man bereit ist, abzurechnen mit sich und dem engsten Umfeld, um die Vergangenheit vielleicht endlich hinter sich zu lassen.
So etwas wie „Sterben“ muss man erst einmal schreiben, so emotional, so unausgewogen und doch mitten ins Herz. Das geht nur wenn man bereits ist, in sich selbst hineinzuhorchen, die eigenen Abgründe auslotet. Matthias Glasner hat das in seinem Buch schonungslos gewagt. Dazu gehört Mut, denn da erzählt einer nicht irgendeine Geschichte.
Der Bayerische Filmpreis wird seit 1979 vergeben. Er zählt zu den renommiertesten und bestdotierten Auszeichnungen in der deutschen Filmbranche. Der Bayerische Filmpreis ist mit Preisgeldern von insgesamt 300.000 Euro dotiert und wird in elf Kategorien auf Vorschlag einer zwölfköpfigen Fachjury vergeben.
Mitglieder der Jury 2024 sind: Mychael Berg, Daniel Curio (Vorsitz), Dorothee Erpenstein, Stefan Feldmann, Dr. Ulrike Frick, Carlos Gerstenhauer, Prof. Dr. Barbara Gronau, Michael Hilscher, Dr. Patrick Hörl, Prof. Michaela Kezele, Christian Pfeil, Prof. Bettina Reitz.
Titel Bilder: Symbolbilder Bayern by Pixabay.com
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