Bundespolizeidirektion München
München (ots)
Unter Leitung der Schwerpunktabteilungen („Traunsteiner Modell“) für die Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität der Staatsanwaltschaften Traunstein, Landshut, Kempten (Allgäu) und Weiden i.d.Opf. ermittelten die Bundespolizeiinspektionen Kriminalitätsbekämpfung München und Waidhaus in den Jahren 2020 bis 2022 in insgesamt 5 Ermittlungsverfahren gegen Tätergruppierungen, die eng vernetzt vorrangig syrische Staatsangehörige auf der Balkanroute nach Deutschland sowie in andere Länder Mittel- und Westeuropas geschleust haben sollen.
In allen Verfahren konnte eine hochprofessionelle Vorgehensweise der Schleusernetzwerke festgestellt werden. So konnten sich die Geschleusten regelmäßig für komplette Schleusungen oder einzelne Zwischenetappen nach ihrer Wahl an große namentlich bekannte Schleuser wenden, die sich teilweise für die länderübergreifende Abwicklung der Schleusungen regelrechter „Geschäftsführer“ bedienten. Die Schleusungsentgelte konnten die Schleusungswilligen bei verschiedenen Büros vorab hinterlegen und nach Ankunft zugunsten der jeweiligen Schleusernetzwerke freigeben. Für den Transport bedienten sich die Organisatoren im Stile von Subunternehmen geführter Fahrerzellen, welche die Migranten mittels PKW, aber auch per Kleintransporter und LKW unter teils lebensgefährdenden und unmenschlichen Bedingungen über die Grenzen brachten. Zudem standen für die zwischenzeitliche Unterbringung der Geschleusten Safehouse-Strukturen zur Verfügung. Deren Betreiber ließen sich die Übernachtung der Migranten bezahlen.
Die Ermittlungen, für die sich die Bundespolizeidirektion München an einer von Europol 2021 eingerichteten Operational Task Force (OTF) [weitere Informationen siehe Pressemitteilung Europol vom 3. Juni 2022 unter https://www.europol.europa.eu/media-press/newsroom/news/targeted-migrant-smuggling-kingpins-links-to-more-180-investigations sowie Pressemitteilung des Bundespolizeipräsidiums vom 3. Juni 2022 unter https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/73990/5238825]beteiligt hat, richteten sich gegen mehr als 40 Beschuldigte. Davon sind mehr als ein halbes Dutzend den obersten Führungsebenen der Schleusernetzwerke zuzuordnen und gemäß Einschätzung von Europol als sogenannte „High Value Targets“ eingestuft. Die Personen wurden von den Schleuserfahrern teilweise wörtlich als „Patron“ bezeichnet und bedienten sich bei ihrer Tatausführung teilweise gewalttätiger und erniedrigender Methoden sowie konspirativer Vorgehensweisen. Während der Ermittlungen wurden insgesamt 45 Durchsuchungen und 16 Haftbefehle vollzogen. Gegen einen der „bestverdienenden“ Schleuserorganisatoren wurde darüber hinaus ein vorläufiger Vermögensarrest von ca. einer halben Million Euro angeordnet, die er sich durch seine Straftaten verdient haben soll. Die insgesamt 5 Ermittlungsverfahren wurden sowohl wegen des Verdachts verschiedener Schleusungsdelikte, darunter dem Verbrechenstatbestand des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern, als auch gegen die den Zahlungsstrom der Schleusungsentgelte kontrollierenden Personen wegen des Verdachts der Geldwäsche und des unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten geführt. Nach vollumfänglichen Geständnissen liegen teilweise bereits rechtskräftige Urteile vor, in denen die Schleuser zu empfindlichen mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. In den weiteren Ermittlungsverfahren steht die Erhebung der öffentlichen Klage bevor. Insgesamt konnten 154 Schleusungsfälle aufgedeckt werden, bei denen der Verdacht besteht, dass weit mehr als 1.000 Personen geschleust worden sind.
Im Zuge der Ermittlungen der bayerischen Staatsanwaltschaften und der Bundespolizei wurden zahlreiche Formen der internationalen Zusammenarbeit genutzt. Neben der Koordinierung durch die von Europol eingerichtete Operational Task Force sowie bilateraler, grenzüberschreitender Polizeikooperation unter anderem mit den Niederlanden, Belgien und Luxemburg wurde auf justizieller Ebene eine internationale gemeinsame Ermittlungsgruppe (Joint Investigation Team) mit rumänischen Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Durch Europäische Ermittlungsanordnungen wurden zudem Ermittlungsmaßnahmen in Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Serbien veranlasst.
Hintergrund:
Das sogenannte „Traunsteiner Modell“ zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität wurde inzwischen bei allen grenznahen bayerischen Staatsanwaltschaften eingeführt. Die jeweiligen Spezialabteilungen arbeiten bei der Verfolgung von international agierenden Schleuserbanden, Drogen- und Waffenhändlern nicht nur eng mit den ausländischen Polizei- und Justizbehörden zusammen, sondern auch mit Eurojust und Europol. Ziel ist es, durch eine Spezialisierung, Intensivierung und Koordinierung internationaler Ermittlungen erfolgreich Strukturermittlungen zur Ergreifung und Überführung der Hintermänner durchzuführen.
Unter einer durch Europol eingerichteten Operational Task Force wird eine vorübergehend eingesetzte Gruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten und Europol verstanden, welche sich zum Ziel setzt, gemeinsam identifizierte und verfolgte internationale High Value Targets aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität zu lokalisieren und festzunehmen. Wesentliches Element ist dabei der durch Europol kanalisierte, internationale Informationsaustausch. Durch größere Ressourcen für eine Auswertung, deutlich verkürzte und intensivierte Kommunikationsstrukturen sowie Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung einzelner Ermittlungsmaßnahmen, steigert die Operational Task Force die rechtsstaatliche Schlagkraft im Kampf gegen internationale kriminelle Netzwerke erheblich.
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