Wiedemar (Kreis Delitzsch) / Stuttgart, 12. Januar 2022 – Zirkus-Tierleid soll an Ort und Stelle fortgeführt werden: Circus Voyage, der aufgrund gravierender Missstände in der Tierhaltung seit Jahren für Negativschlagzeilen sorgt, plant nun, als „Circus-Hof Pohritzsch“ im sächsischen Wiedemar sesshaft zu werden. Dort bezieht das Zirkusunternehmen seit einigen Jahren sein Winterquartier und veranstaltete bereits während der Corona-Pandemie „Dressurproben“. Laut einem Medienbericht stellten die Zirkusbetreiber einen Antrag, um auf dem Gelände einer ehemaligen Textilfabrik künftig einen „Zirkushof mit Tierveranstaltungen“ zu betreiben. PETA kritisiert das Vorhaben scharf und appellierte in einem Schreiben an den Gemeinderat von Wiedemar, dem Vorhaben in der heutigen Ratssitzung eine Absage zu erteilen. Die Tierrechtsorganisation empfiehlt, allenfalls eine Nutzung als Freizeitpark ohne Tiervorführungen zu genehmigen. PETA fordert die Zirkusdirektion zudem auf, die Tierdressuren dauerhaft einzustellen. Zumindest die Wildtiere sollten laut PETAs Auffassung stattdessen an geeignete Auffangstationen übergeben werden.  

„Dass Circus Voyage sensible Lebewesen wie Elefanten in ehemaligen Lagerhallen einpferchen will, ist charakteristisch für den Umgang mit Tieren in Zirkusbetrieben: sie werden als ‚Gebrauchsgegenstände‘ transportiert, abgestellt oder vorgeführt, um mit ihrer Ausbeutung Geld zu verdienen“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche. „Wir appellieren an den Gemeinderat von Wiedemar, dem Vorhaben eine klare Absage zu erteilen.“

Auch in einer ortsfesten Zirkushaltung wären die Tiere voraussichtlich weiterhin artwidrigen Lebensbedingungen in beengten Gehegen sowie der meist gewaltvollen Dressur und belastenden Auftritten in der Manege ausgeliefert. Zuletzt ging Circus Voyage bereits zumindest ohne die Großwildtiere (Elefanten, Giraffen und ein Flusspferd) im Jahr 2022 auf Tournee. Zuvor hatte die Veterinärbehörde des Bezirksamts Berlin-Spandau aufgrund des besorgniserregenden Gesundheitszustands von Elefantin Malou ein Auftrittsverbot und ihre Überführung ins Winterquartier angeordnet.

Gravierende Tierschutzverstöße bei Circus Voyage
Seit Jahren sorgt der Zirkusbetrieb unter anderem aufgrund gravierender Missstände in der Tierhaltung immer wieder für Negativschlagzeilen. Allein beim Gastspiel als Berliner Weihnachtscircus im Jahr 2019 stellte das Bezirksveterinäramt Spandau insgesamt 26 Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen fest. [2] Für eine Elefantin erteilte das Amt wegen einer vermuteten Arthrose sogar ein Auftrittsverbot. Bei allen vier Elefanten wurde eine unzureichende Hautpflege und eine schwache Bemuskelung festgestellt. Im Kamelgehege fehlte Beschäftigungsmaterial, und bei einem Lama waren die Klauen an allen vier Beinen zu lang. Die schlechten Haltungsbedingungen führen nicht nur bei exotischen Tieren zu gesundheitlichen Problemen und Stereotypien. Bei den Pferden stellten die Amtstierärzte ebenfalls eine mangelnde Hufpflege und bei einigen Tieren eine unzureichende Bemuskelung fest. Viele Pferde litten unter teilweise unbehandelter Strahlfäule, einer bakteriellen Erkrankung der Hufe. Zudem hatten sie keinen freien Zugang zu einem Auslauf. In einem Video von 2017 ist beispielsweise ein Pferd von Circus Voyage mit deutlichen Verhaltensstörungen zu sehen.Bereits bei einem Gastspiel in Berlin im Mai 2017 dokumentierte die Veterinärbehörde ebenfalls zahlreiche Tierschutzmissstände; zudem konnte die Sicherheit der Amtsveterinäre einem Aktenvermerk zufolge selbst mit Polizeibegleitung nicht gewährleistet werden. [3, 4]

PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

[1] Schönknecht, M. (2021): Circus Voyage setzt in Pohritzsch auf festen Circushof. In: Leipziger Volkszeitung. Online abrufbar unter: https://www.lvz.de/Region/Delitzsch/Winterquartier-statt-Tournee-Circus-Voyage-setzt-in-Pohritzsch-auf-festen-Circushof. (Zuletzt abgerufen am 19.04.2022).
[2] Hanack, J. (2020): Berliner Weihnachtscircus: Das ist die Mängelliste. In: Berliner Morgenpost. Online abrufbar unter: https://www.morgenpost.de/bezirke/spandau/article228270357/Tierschutz-Lange-Maengelliste-beim-Berliner-Weihnachtscircus.html. (Zuletzt abgerufen am 19.04.2022)
[3] Kurpjuweit, K. (2017): Circus Voyage in Berlin-Wedding. Hund beißt Amtstierarzt – und Polizist. In: Der Tagesspiegel Online. Online abrufbar unter: http://www.tagesspiegel.de/berlin/circus-voyage-in-berlin-wedding-hund-beisst-amtstierarzt-und-polizist/19858398.html. (Zuletzt abgerufen am 19.04.2022).
[4] B. Z. Online (2017): Riesen-Zirkus um Zirkus-Tiere in Berlin. Online abrufbar unter: http://www.bz-berlin.de/allgemein/riesen-zirkus-um-zirkus-tiere. (Zuletzt abgerufen am 19.04.2022).

Weitere Informationen:
PETA.de/Themen/Zirkus-Voyage-Alois-Spindler-Chronik
PETA.de/Themen/Wildtiere-Zirkus-Verbot
PETA.de/Themen/Wildtierdressur

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