Mosbach. 2008 startete sie als „Versuch mit offenem Ausgang“, so Landrat Dr. Achim Brötel im Steiner-Haus der Volksbank Mosbach. Dass sich aus dem Experiment „eine schöne und gute Tradition“ entwickelte, belegte der Redner mit Zahlen. Bereits zum 21. Mal konnte er nun wieder Einbürgerungsurkunden im Rahmen einer Feierstunde überreichen. Diesmal – pandemiebedingt – an lediglich 15 Bürgerinnen und Bürger. Jährlich würden im Schnitt rund 100 davon ausgestellt. Die Rathauschefs der „Heimatgemeinden“ gratulierten ebenfalls und legten damit ein klares Bekenntnis für eine offene und multikulturelle Gesellschaft ab. Als jüngste Rednerin trat die 12-jährige Leila Al Hamoud aus Hardheim ans Mikrofon und schilderte ihre bisherigen Erfahrungen in der neuen Heimat Deutschland.
Beschwingt, heiter und festlich eröffneten die beiden Gitarristinnen Clara und Simone Jäger die Feierstunde. Mutter und Tochter besuchen an der Musikschule Mosbach die Klasse von Michael Diedrich. „Endlich wieder Leben im Haus nach dieser trostlosen und kontaktarmen Zeit“, freute sich Hausherr und Bankvorstand Holger Engelhardt. Die Einbürgerungsfeier sei die erste Kundenveranstaltung, die wieder „real“ im „Wohnzimmer“ der Volksbank stattfinden könne. „Es sollte uns gelingen, alle am kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben zu beteiligen“, unterstrich der Redner und warb gleich noch für die genossenschaftliche Idee, der sich die Volksbanken verpflichtet fühlten. „Es ist nie zu spät auf die helle Seite der Banken zu wechseln“, leitete er zur Rede des „Oberjedi“ weiter.
„Ich bin hier längst zuhause“, erklärte Achim Brötel – obschon auch er, in Heilbronn als Kind einer schwäbischen Mutter und eines badischen Vaters zur Welt Gekommener, „kein Eingeborener“ sei. Was belege, dass Heimat nicht zwangsläufig etwas mit dem Geburtsort zu tun haben müsse. Man könne sogar mehr als eine Heimat haben – auch wenn die deutsche Sprache gar kein Pluralwort für Heimat kenne.
„Sie alle sind Gesichter des Deutschland von heute“, betonte der Landrat; wenngleich sie ursprünglich aus Bulgarien, den Niederlanden, dem Kosovo, Rumänien, Italien, Griechenland, Marokko, der Türkei und Polen kämen. Die Vielfalt sei es, die unser Leben so bunt, interessant und spannend mache, so Brötel. Ähnlich vielfältig wie die Herkunftsländer seien auch die Beweggründe gewesen, nach Deutschland zu kommen. Manche kamen als Kind mit den Eltern, andere wegen der Liebe oder der Arbeit, wieder andere, weil sie vor Krieg, Terror oder Unterdrückung flohen. Aktuell sorge der Brexit für neue Antragsteller. Dem Bekenntnis zur gemeinsamem Zukunft setzte Brötel den Appell zur Seite, im Nachgang zur erhaltenen Urkunde auch zu aktiven Staatsbürgern zu werden.
„Ein erster Schritt ist getan, weitere müssen folgen. Integration ist kein Sofort-Zustand“, betonte Mosbachs Bürgermeister Michael Keilbach, der auch für seine Kollegen aus Aglasterhausen, Buchen, Hardheim, Limbach und Walldürn sprach.
„Die Sprache war sehr fremd, aber ich fand schon am ersten Tag eine neue Freundin“, erinnerte sich Leila al Hamoud an ihre Ankunft in Deutschland. Mittlerweile lebt sie mit ihren Eltern und zwei Geschwistern in Hardheim. „Deutschland ist ein sehr sicheres und gutes Land“, erklärt die Rednerin, die im Kindergarten und der Schule nicht nur perfekt Deutsch lernte, sondern auch immer neue Freundinnen und Freunde sowie Mentoren gefunden hat. Auch schon eine berufliche Perspektive hat das junge Mädchen. Wie ihr Papa, der bereits bei der vorherigen Feierstunde eingebürgert wurde, möchte sie Ärztin werden. „Dafür arbeite ich sehr hart.“
Quelle :neckar-odenwald-kreis.de
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