Gerlingen / Stuttgart, 9. Februar 2023 – PETA erreichte aktuelles Bild- und Videomaterial aus einem Gerlinger Hühnerbetrieb. Die Aufnahmen zeigen verletzte, teilnahmslose Tiere, die einen stark vernachlässigten Eindruck machen. Jedes zweite bis dritte Huhn hat durch Federpicken geschädigtes Gefieder. Etliche leiden unter tiefen Wunden im Bereich der Kloake, die auf Kloakenkannibalismus unter den Tieren zurückzuführen sind. [1] Bereits 2015 zeigte PETA den Betrieb von Dieter M. wegen Vernachlässigung und fehlender Pflege an. Erneut befinden sich mehrere Tierleichen inmitten der eingesperrten Artgenossen – mindestens zwei verwesen bereits seit über zwei Wochen. Die Tierrechtsorganisation hat nun den Betrieb beim zuständigen Veterinäramt gemeldet, Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart erstattet und fordert ein sofortiges Tierhalteverbot für den Wiederholungstäter.
„Die Aufnahmen zeigen das massive Leid von Hühnern in der Eierindustrie. Sie beweisen erneut , dass auch Tiere vom ‚Bauern von nebenan‘ kein artgerechtes Leben führen. Die unnatürliche Haltung von Hühnern übersteigt deren Anpassungsfähigkeit maßlos, was zu langanhaltenden Schmerzen führt“, so Scarlett Treml, Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie bei PETA. „Die milden Bußgelder und insgesamt laschen Bestrafungen für Tierschutzverstöße hierzulande sind geradezu eine Einladung für Tierquäler zu einem ‚Weiter so‘. Dieser Landwirt hat nichts gelernt – als Konsequenz muss endlich ein Tierhalteverbot folgen.“
Bereits 2015 katastrophale Zustände aufgedeckt
Die Videoaufnahmen zeigten schon damals die katastrophalen Zustände in der Hühnerhaltung. Verletzte und traumatisierte Tiere wurden gezwungen, zwischen verwesenden Artgenossen ihr Dasein zu fristen. Drei Jahre später wurde das Verfahren abgeschlossen. Der Verantwortliche musste lediglich ein Bußgeld für zwei Ordnungswidrigkeiten bezahlen, da er Hühnerkörper nicht korrekt entsorgt und kein Register über seinen Bestand geführt hatte. [2]
Hohes Vogelgrippe Risiko aktuell auch in Stuttgarter Umgebung
Laut aktueller Meldungen gibt es nun auch Fälle von Vogelgrippe im Landkreis Böblingen [3]. Die Stadt Stuttgart bereite sich nun ebenfalls auf ein Seuchengeschehen vor. Es ist daher als grob fahrlässig einzustufen, wenn Landwirtinnen und Landwirte gegen Hygienemaßnahmen derart verstoßen, wie es im Gerlinger Hühnerhof der Fall ist. Eindeutig erkennbar ist auf den Bildern auch der Verstoß gegen das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz. Auf der aktuellen Homepage des Betriebs wird angegeben, dass dieser durch den Bund und das Land Baden-Württemberg mitfinanziert wird. [5]
Kloakenkannibalismus ist ein klares Indiz für sehr schlechte Haltungsbedingungen
Ganz gleich ob Bio-, Öko- oder konventionelle Haltung – Federpicken unter Hühnern ist eine Verhaltensstörung, die durchweg in allen Haltungssystemen vorkommt. Federpicken und Kannibalismus sind fehlgeleitete, umorientierte Verhaltensweisen. Sie lenken die Hühner dahin, ihre Artgenossen wie Futter oder ein interessantes Objekt wahrzunehmen. In den schlimmsten Fällen artet Federpicken in Kannibalismus aus. Diese Verhaltensstörungen entstehen aus umfangreichen Gründen, gehen aber alle auf die Haltung zurück. Wichtige Ursachen sind unter anderem die unnatürliche Haltungsumwelt und Qualzuchten. In den Haltungssystemen können die Tiere niemals arteigenen Verhaltensweisen nachgehen. Wegen fehlender Beschäftigung, falschem Futter, einem Mangel an Platzangebot, schlechter Luft, wenig Einstreu und Licht oder genetischer Veranlagung stehen sie unter Stress. Nur wer vegan lebt, kann dazu beitragen, dieses Leid zu beenden.
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie essen oder sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.
[1] Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2016): Empfehlungen zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus bei Jung- und Legehennen. Online abrufbar unter: https://www.ml.niedersachsen.de/download/118043/Empfehlungen_zur_Vermeidung_von_Federpicken_und_Kannibalismus_bei_Jung-_und_Legehennen_neu_2017.pdf (06.02.2023)
[2] Stuttgarter Zeitung (2019): Tierschutz in Gerlingen – Verweste Hühner und die Folgen. Online abrufbar unter: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.tierschutz-in-gerlingen-verweste-huehner-und-die-folgen.74f0fd07-2755-418d-b9a7-b669516cfeb0.html (06.02.2023)
[3] Stuttgarter Nachrichten (2023): Geflügelpest breitet sich rund um Stuttgart aus – die Region kämpft gegen die Vogelgrippe. https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.gefluegelpest-breitet-sich-rund-um-stuttgart-aus-die-region-kaempft-gegen-die-vogelgrippe.e50dac9b-dcda-4d56-9042-e220fd017d77.html (09.02.23)
[4] Spektrum (2022): Europas schwerste Vogelgrippe-Epidemie. https://www.spektrum.de/news/gefluegelpest-europas-schwerste-vogelgrippe-epidemie/2063088 (09.02.23)
[5] Hühnerhof Müller, Gerlingen. Online abrufbar unter: http://www.hühnerhof-müller.de/wp-content/uploads/2016/11/Logoe.jpg (06.02.2023)
In dem Gerlinger Betrieb liegen verwesende Tierleichen inmitten ihrer noch lebenden Artgenossen. / © PETA Deutschland e.V.
Aufgrund von Federpicken und Kloakenkannibalismus leiden zahlreiche Tiere in der Haltung unter schmerzhaften Wunden. / © PETA Deutschland e.V.
Diese und weitere Bilder können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden. Das Videomaterial senden wir Ihnen auf Anfrage gerne zu.
Weitere Informationen:
PETA.de/Themen/Eier-vom-Bauern-in-Nähe
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