++ Polnische Ausbaupläne könnten der Oder den Rest geben ++

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++ Polnische Ausbaupläne könnten der Oder den Rest geben ++


BUND

Gemeinsame Pressemitteilung von EuroNatur, EKO-UNIA und BUND vom 17. November 2022

Polnische Ausbaupläne könnten der Oder den Rest geben

Radolfzell, Berlin, Warschau. Seit März 2022 laufen Ausbaumaßnahmen am polnischen Ufer der Oder, um sie zu einem künstlichen Kanal für die Schifffahrt umzuwandeln. Trotz der Umweltkatastrophe in diesem Sommer, die zu einem massiven Fisch- und Muschelsterben führte, hält die Regierung in Warschau am Ausbau des Grenzflusses fest. Die international tätige Naturschutzstiftung EuroNatur hat heute gemeinsam mit der polnischen NGO EKO-UNIA als Vertreterin des polnischen Flussschutzbündnis Koalicja Ratujmi Rzeki sowie dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), stellvertretend für das Aktionsbündnis Lebendige Oder, eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission gegen die weitere Zerstörung des wertvollen Flussökosystems eingereicht.

Die Ausbaupläne verstoßen gleich gegen mehrere Richtlinien der Europäischen Union: Sie stehen in krassem Widerspruch zu den Zielen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie. Zudem haben die polnischen Behörden das Projekt genehmigt, ohne ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) durchzuführen, was ebenfalls einen klaren Verstoß gegen EU-Richtlinien darstellt. Wenngleich die Baumaßnahmen auf polnischer Seite des Flusses stattfinden, ist davon auszugehen, dass auch deutsche NATURA 2000 Gebiete von den Maßnahmen betroffen sein werden. Dieser Umstand wurde bei der UVP nicht, beziehungsweise nur mangelhaft berücksichtigt.

Die polnische Regierung begründet die Ausbaupläne mit dem Hochwasserschutz. Bei winterlichen Eishochwassern soll die deutsch-polnische Eisbrecherflotte eine ausreichende Fahrtiefe haben, um mögliche Eisbarrieren erreichen zu können, hinter denen sich das Wasser staut. Viel spricht dafür, dass dieser Grund vorgeschoben ist und es vielmehr um die Ermöglichung einer verstärkten Binnenschifffahrt geht.

„Wir haben in diesem Sommer gesehen, was in einem übernutzten Fluss geschehen kann – und das grenzübergreifend“, sagt Annette Spangenberg, Leiterin Naturschutz bei EuroNatur. „Die massiven Eingriffe, wie sie derzeit von der polnischen Regierung geplant sind, werden sich auch auf deutscher Seite nachteilig auswirken, zumal keinerlei Maßnahmen getroffen wurden, diese Auswirkungen zu verhindern oder auszugleichen. Hinzu kommt, dass wesentliche Abschnitte der UVP nicht auf Deutsch übersetzt wurden und somit eine Stellungnahme von deutscher Seite zu den polnischen Vorhaben kaum möglich war. Es sprechen also viele Gründe für eine Beteiligung deutscher Organisationen an der Beschwerde, um das gemeinsame polnisch-deutsche Naturerbe zu bewahren.“

Radosław Gawlik von EKO-UNIA sagt: „Seit 2016 beschweren wir uns über die Kanalisierung der Oder bei der Europäischen Kommission und der Weltbank, die beide zur Finanzierung der Maßnahmen beitragen. Die Katastrophe im Sommer hat gezeigt, dass wir Recht haben: Jetzt fordern nicht nur NGOs, sondern alle wichtigen polnischen und deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Umwandlung der noch wilden Oder in einen schiffbaren Kanal zu stoppen. Den Fluss zu verbessern bedeutet, sein Ökosystem wiederherzustellen, nicht zu regulieren.“

„Die ökologische Katastrophe an der Oder ist ein dramatischer Weckruf: Der EU-Auftrag, unsere Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, muss eilig und mit hohem Nachdruck umgesetzt werden“, erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND. „Für die Oder fordern wir einen sofortigen Ausbaustopp. Die Europäische Kommission fordern wir auf, sich mit aller Kraft hierfür im Austausch mit der polnischen Regierung stark zu machen und die Finanzierung des Oder-Ausbaus aus EU-Mitteln sofort einzustellen.“

Hintergrundinformationen:

  • EuroNatur, EKO-UNIA und der BUND haben die Beschwerde bei der Europäischen Kommission stellvertretend für das deutsche Aktionsbündnis Lebendige Oder und das polnische Bündnis Koalicja Ratumi Rzeki (Koalition Rettet die Flüsse) eingereicht. Weitere Unterstützer sind Fundacja EkoRozwoju, Fundacja WWF Poland, Greenmind Foundation, Ogólnopolskie Towarzystwo Ochrony Ptaków, Stepnicka Organizacja Turystyczna, Deutscher Naturschutzring, Deutsche Umwelthilfe e.V., Heinz-Sielmann-Stiftung, NABU Germany, WWF Deutschland und Arnika.
  • Die Oder ist einer der letzten frei fließenden und naturnahen Flüsse in Europa. Als einziger großer, mitteleuropäischer Fluss ist sie von der Mündung aufwärts über 500 Kilometer von Querbauwerken (wie z.B. Staustufen) verschont geblieben. Umsäumt von Weichholzauenwäldern ist der Strom bislang wichtiger Lebensraum für bedrohte und geschützte Arten. Deutsch-polnische Pläne zur Stromregelungskonzeption und Vertiefung der Fahrrinne setzen die Oder und ihr Ökosystem jedoch verstärkt unter Druck.
  • Im August dieses Jahres sorgte eine Umweltkatastrophe an der Oder für Schlagzeilen. Ein erhöhter Salzgehalt im Verbund mit zu hohen Temperaturen und zu wenig Sauerstoff führte zu einem dramatischen Sterben von Fischen, Mollusken und anderen Tieren im Fluss. Bis heute sind die Ursachen der Katastrophe nicht restlos aufgeklärt. Hydrobiologen warnen, dass das zersetzte organische Material, das jetzt auf dem Grund der Oder liegt, im Frühjahr bei steigenden Temperaturen wieder freigesetzt wird. Eine weitere Umweltkatastrophe an der Oder könnte so auf uns zukommen.

Kontakt:

Sascha Maier, BUND, Experte für Flüsse, sascha.maier@bund.net, Tel.: + 49 30 275 86-532, Mobil: +49 (0)170-5719689

Christian Stielow, EuroNatur, christian.stielow@euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 15

Radosław Gawlik, Stowarzyszenie Ekologiczne EKO-UNIA, rgawlik@eko.org.pl, Tel.: +48 605 037 417

BUND-Pressestelle:

Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Clara Billen | Lara Dalbudak

Tel. 030-27586-497 |-531 |-464 |-425 | E-Mail: presse@bund.net, www.bund.net

Hrsg.: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V., Petra Kirberger (v.i.S.d.P.), Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin

Original Quelle Presseportal.de

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