Pressemitteilung Nr. 16 vom 16.01.2025
Das Verfahren White Tulip ./. Land Berlin wurde von der Klägerin durch Rücknahme der Klage kurz vor der für den 16. Januar 2025 anberaumten Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beendet.
Bezirksstadtrat Florian Schmidt erklärt dazu:
„Ich interpretiere die Zurücknahme der Klage als taktische Flucht vor einer Grundsatzentscheidung. Diese wollte das Bezirksamt erreichen, da es mit der Versagung einer bestehenden möblierten Vermietung Neuland betreten hat. Offenbar sah die Klägerin gute Chancen für das Bezirksamt, sich mit seiner Rechtsauffassung vor Gericht durchzusetzen und hat durch den Rückzug der Klage ein Präzedenzurteil verhindert, welches die Bezirksämter berlinweit zur Anwendung der Rechtsauffassung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg hätte bewegen können.
Für die Aufrechterhaltung des Milieuschutzes und für die Menschen auf Wohnungssuche ist es nicht tragbar, nun weitere drei Jahre auf ein Urteil zu warten. Daher ziehe ich aus diesem Ende des Verfahrens folgende Konsequenzen:
- Die Rechtsauffassung des Bezirksamtes wird ab sofort systematisch angewendet.
- Ich werde alle interessierten Bezirksämter und den Senat zeitnah zu einem Fachgespräch einladen, um die Konzeption eines berlinweit einheitlichen Verfahrens anzuregen. Diese sollte dann Bestandteil der von Senator Gaebler bereits angekündigten Überarbeitung der Ausführungsverordnung Genehmigungskriterien soziale Erhaltungsgebiete werden.”
Für sogenannte Leitentscheidungen in Zivilverfahren wurde durch den Bundesgesetzgeber vor Kurzem eine Regelung getroffen, wonach auch bei Rücknahmen oder sonstigen Erledigungen der Bundesgerichtshof in einer gesonderten Leitentscheidung die relevante Rechtsfrage entscheidet und somit keine Verzögerung von Grundsatzentscheidungen eintreten kann. Mit Blick auf die erhebliche Dauer von verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten, wäre eine Erweiterung dieser Regelungen auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte auch in unteren Instanzen hilfreich.
Hintergrund:
In der Streitsache geht es um ein Mehrfamilienhaus im sozialen Erhaltungsgebiet (Milieuschutz) Weberwiese. Mindestens vier der Wohnungen im Haus wurden möbliert und befristet vermietet. Dagegen richtete sich sowohl ein Bescheid des Bezirksamts zur Nutzungsuntersagung mit dem Ziel, die Wohnungen wieder als Dauerwohnung zur Verfügung zu stellen, als auch ein Bescheid zur Versagung (zukünftiger) Nutzungsänderungen. Diese Bescheide ergingen, nachdem die Praxis dem Bezirksamt bekannt geworden war. Die Eigentümerin hat dagegen Klage erhoben.
Der Bezirk begründete die Versagung erhaltungsrechtlich gemäß § 172 BauGB.
Das Angebot richte sich nicht an die Gebietsbevölkerung, deren Zusammensetzung mit dem Milieuschutz bewahrt werden soll, sondern sei auf nur vorübergehend in Berlin Wohnende mit höheren Einkommen zugeschnitten.
Durch die befristete Vermietung entfalle die Wohnung als Dauerwohnraum, den die Bewohner*innen des Gebiets benötigten. Außerdem entbinde die Möblierung und zeitweise Vermietung von der Mietpreisbremse und führe zu Mieten, die verdrängungsgefährdete Haushalte nicht aufbringen könnten. So falle preisgünstiger Dauerwohnraum weg, auf den die Gebietsbevölkerung angewiesen sei. Dies sei eine negative städtebauliche Folge, womit der Versagungstatbestand erfüllt sei.
Medienkontakt
E-Mail: presse@ba-fk.berlin.de
Telefon: (030) 90298-2843
Bilder: Titel Symbolbilder Berlin by Pixabay.com / Berlin.de
Hinterlasse jetzt einen Kommentar