Duisburg / Stuttgart, 19. Oktober 2022 –Menschenaffen leiden weiter: Wegen massiver Verstöße bei der Menschenaffenhaltung im Zoo Duisburg hat PETA im April Strafanzeige gegen die Verantwortlichen bei der Staatsanwaltschaft Duisburg erstattet. Die Innenanlagen, in denen die Gorillas und Orang-Utans vor allem im Winter die meiste Zeit ausharren müssen, unterschreiten die gesetzlichen Vorgaben teils eklatant. Außerdem haben Augenzeugen mehrfach Verhaltensauffälligkeiten bei den Primaten beobachtet. Zwar bestätigte das Veterinäramt im Rahmen der Ermittlungen, dass „die derzeitige Haltung der Gorillas nicht den Vorgaben des Säugetiergutachtens von 2014 […] [entspricht]“. Trotzdem will die Behörde keine Hinweise auf strafrechtlich relevantes „länger andauerndes oder sich wiederholendes erhebliches Leiden“ bei den Primaten festgestellt haben. PETA hat dazu jetzt eine Stellungnahme sowie aktuelle Videoaufnahmen bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Darauf ist zu sehen, wie eine Orang-Utan-Dame minutenlang immer wieder ihr Erbrochenes isst – eine Verhaltensstörung, die bei Menschenaffen in Zoohaltungen allgegenwärtig ist und in Duisburg bereits 2019 dokumentiert wurde. Angesichts des neuen Beweismaterials fordert die Tierrechtsorganisation die Staatsanwaltschaft auf, die Expertise einer externen Primatologin oder eines Veterinärmediziners mit primatologischen Kenntnissen hinzuzuziehen. Da sowohl der Zoo Duisburg als auch das Veterinäramt städtische Einrichtungen sind, bezweifelt PETA zudem, dass eine neutrale Untersuchung seitens der Veterinärbehörde stattfand.
„Das neue Videomaterial bestätigt einmal mehr, wie schwer verhaltensgestört die Menschenaffen in Duisburg sind: Allein auf einem sechsminütigen Video ist zu sehen, wie eine Orang-Utan-Dame sich viermal übergibt und das Erbrochene wieder aufisst; insgesamt spuckte und aß sie mindestens siebenmal. Dass die städtische Veterinärbehörde bei den Tieren keine ‚erheblichen Leiden‘ festgestellt haben will, ist der blanke Hohn“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsindustrie. „Wir fordern eine unabhängige Untersuchung durch eine Person mit primatologischer Expertise. Letztlich muss die Gefangenhaltung von Menschenaffen in Zoos grundsätzlich beendet werden.“
Artgerechte Haltung von Menschenaffen in Gefangenschaft unmöglich
PETA hat im April 2022 neben Duisburg neun weitere Zoos und Tierparks mit Menschenaffenhaltung im ganzen Bundesgebiet angezeigt, die mutmaßlich ebenfalls gegen tierschutzrechtliche Mindestanforderungen verstoßen. Die Bedürfnisse von Menschenaffen sind so komplex, dass ihnen kein Zoo einen artgerechten Lebensraum bieten kann. Für sie ist es psychisch extrem belastend, lebenslänglich eingesperrt zu sein. In Zoos entwickeln sie oft deutliche Verhaltensstörungen – auch in akkreditierten und vergleichsweise großen Einrichtungen, wie wissenschaftliche Studien belegen. [2-3] Diese äußern sich etwa durch Selbstverstümmelung, zwanghaftes Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers bis hin zum Verzehr der eigenen Exkremente. Auch erbrochenen Nahrungsbrei wieder aufzunehmen, gilt bei Menschenaffen als „abnormales Verhalten“. Das Auftreten von Verhaltensstörungen ist Ausdruck erheblichen Leidens und damit tierschutzrelevant. Zum Teil verabreichen Zoos den Tieren Psychopharmaka, damit sie die Gefangenschaft überhaupt ertragen und ihr Leid Außenstehenden weniger auffällt.
Kein Artenschutz sowie Verschwendung von Steuergeldern
Auswilderungen sind für die in Zoos gezüchteten Tiere nicht vorgesehen; in den Schaugehegen können sie wichtige Verhaltensweisen für ein Überleben in der Natur nicht erlernen. Trotzdem investieren zoologische Einrichtungen Millionen Euro an Steuergeldern in Nachzuchtprogramme und Bauprojekte. Dabei könnten durch Maßnahmen zum Erhalt des natürlichen Lebensraums der Tiere weitaus mehr Menschenaffen dauerhaft geschützt werden. Laut einer von PETA in Auftrag gegebenen INSA-Meinungsumfrage befürwortet die relative Mehrheit der Befragten ein Ende der Zucht und Haltung von Menschenaffen in deutschen Zoos. Im Rahmen der Kampagne „Menschenaffen raus aus Zoos“ fordert PETA, die Haltung der Tiere in Zoos und Tierparks auslaufen zu lassen.
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.
[1] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. Online abrufbar unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Tierschutz/HaltungSaeugetiere.html. (27.04.2022).
[2] Birkett, L.P./Newton-Fisher, N.E. (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101.
[3] Jacobson, S.L. et al. (2016): Characterizing abnormal behavior in a large population of zoo-housed chimpanzees: prevalence and potential influencing factors. PeerJ 4: e2225. Online abrufbar unter: https://doi.org/10.7717/peerj.2225. (27.04.2022).
Die Orang-Utan-Dame im Duisburger Zoo übergab sich mehrfach und aß das Erbrochene wieder auf. / © PETA Deutschland e.V.
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PETA.de/Neuigkeiten/Menschenaffen-Zoo-Duisburg
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