Im Förderprogramm des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung „Bioökonomie Bio-Ab-Cycling“ erhalten fünf modulare Bioraffinerien Fördermittel der Europäischen Union und des Landes. Über 19 Millionen Euro fließen in innovative Bioökonomie-Projekte im Land, mit denen wichtige Rohstoffe aus Abfall und Abwasser zurückgewonnen werden können.
Mit seinem Förderprogramm im Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) „Bioökonomie Bio-Ab-Cycling“ fördert das Umweltministerium den Aufbau modularer Bioraffinerien, die in den kommenden Jahren erproben und aufzeigen sollen, wie mittels nachhaltiger Bioökonomie hochwertige Rohstoffe aus Abfall und Abwasser zurückgewonnen werden können. Welche Projekte in Baden-Württemberg den Zuschlag für eine Förderung erhalten haben und nun ihre Arbeit aufnehmen können, steht jetzt fest. Für die fünf Projekte stehen insgesamt rund 19 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und an Landesmitteln zur Verfügung.
Verfahren der nachhaltigen Bioökonomie unter realen Bedingungen erproben
„Wir haben nun fünf vorbildliche und zukunftsweisende Projekte ausgewählt, die jetzt unter realen Bedingungen ihre Erfahrungen sammeln können“, betonte die Umweltministerin Thekla Walker. Viele Verfahren seien bereits einzeln getestet. Nun gelte es, diese in Pilot- und Demonstrationsanlagen im Sinne einer Raffinerie zu kombinieren und in einem größeren Maßstab anzuwenden. „Wir befinden uns mitten in einem umfassenden gesellschaftlichen Wandel, an dessen Ende eine klimaneutrale und umweltfreundliche Lebens- und Wirtschaftsweise stehen muss. Dazu gehört auch, dass wir in Zukunft Rohstoffe möglichst vollständig im Kreislauf führen. Neben der Ressourceneffizienz in der Produktion geht es dabei aber auch um die Nachnutzung aus Abwasser und Abfällen. Hier liegen echte Rohstoffreserven für Baden-Württemberg“, führte die Umweltministerin weiter aus. Die nachhaltige, zirkuläre Bioökonomie nehme hierbei durch die intelligente Verknüpfung von Biologie und Technik eine Schlüsselfunktion ein.
Fachliche Begleitung durch Fachinitiative Bioraffinerien
Parallel zu den Projekten unterstützt das Land den Aufbau einer Fachinitiative Bioraffinerien durch die Landesagentur Umwelttechnik BW. Die Fachinitiative wird unabhängig vom EFRE-Förderprogramm rein aus Landesmitteln gefördert. Hier werden unter anderem die Partnerinnen und Partner der Bioökonomie-Ab-Cycling-Projekte sowie weitere Expertinnen und Experten, Unternehmen und interessierte Stakeholder miteinander vernetzt, um gemeinsam Innovationen voranzutreiben.
Die Ansätze der Pilot- und Demonstrationsanlagen bieten die Chance, dass sie auf andere Kommunen und Unternehmen in Baden-Württemberg und darüber hinaus übertragen werden können. Kommunale Kläranlagen, Abfallbehandlungsanlagen oder Produktionsstätten könnten in Zukunft mit auf sie zugeschnittenen modularen Bioraffinerien ausgestattet werden, um so anfallendes Abwasser und Abfälle als Rohstofflieferant zu nutzen.
Die geförderten Projekte
Zu den Projekten, für die die 35 Projektpartnerinnen und Projektpartner in fünf Konsortien eine Förderung erhalten, gehören:
- KoalAplan: Auf dem Lehr- und Forschungsklärwerk der Universität Stuttgart in Büsnau sollen anhand verschiedener biologischer Verfahren hochwertige Produkte aus kommunalem Abwasser gewonnen werden. Dazu gehören unter anderem Ammoniumstickstoff als Dünger, Wasserstoff und Polyhydroxyalkanoate als Rohstoff für bio-basierten Kunststoff. Das Projekt wird mit rund 2,3 Millionen Euro aus EFRE- und Landesmitteln gefördert. Das Projekt wurde bei der EU-Kommission als Projekt von strategischer Bedeutung angemeldet.
- InBiRa – Die Insektenbioraffinerie: Für den Bau dieser hochinnovativen Insektenbioraffinerie erhält das Projekt InBiRa rund 3,9 Millionen Euro Fördermittel der Europäischen Union (EU) und des Landes. In den Technikumshallen des Fraunhofer IGB in Stuttgart-Vaihingen sollen dann in Zukunft mithilfe von Insektenlarven hochwertige Produkte aus Abfall- und Restströmen gewonnen werden. Möglich machen das die Larven der Schwarzen Soldatenfliege, durch deren Aufbereitung unter anderem aus Lebensmittelabfällen Proteine, Fette und Chitosan hergestellt werden. Auch dieses Projekt wurde bei der EU-Kommission als Projekt von strategischer Bedeutung angemeldet.
- BW2Pro – Biowaste to Products: Mit rund 5,9 Millionen Euro fördern EU und Land den Bau einer Bioabfallraffinerie auf dem Gelände der kommunalen Biogasvergärungsanlage der Abfallwirtschaft Rems-Murr AöR (AWRM) in Backnang. Hier soll in Zukunft täglich eine Tonne Bioabfall zu Produkten und Rohstoffen wie zum Beispiel Fasern, Blumentöpfe, Dünger und Biogas verarbeitet werden.
- SmartBioH2-BW – Biowasserstoff aus industriellen Abwasser- und Reststoffströmen: Eine Bioraffinerie in eine bestehende Industrieumgebung am Standort der Evonik Operations GmbH in Rheinfelden zu integrieren, ist das Ziel des Projekts SmartBioH2-BW, das mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert wird. Mittels zweier miteinander verknüpfter biotechnologischer Verfahren (Purpurbakterien und Algen) sollen in dem Projekt aus anfallenden industriellen Abwasser- und Reststoffströmen Biowasserstoff und weitere Produkte wie beispielsweise Carotinoide erzeugt werden.
- RoKKa – Rohstoffquelle Klärschlamm und Klimaschutz auf Kläranlagen: Um die Produktion von Wertstoffen auf der kommunalen Kläranlage Erbach/Donau zu demonstrieren, erhält das Projekt RoKKa rund 3,8 Millionen Euro an EU- und Landesmitteln. Dabei werden verschiedene Anlagen zur Stickstoff-Rückgewinnung, Phosphor-Rückgewinnung, die Abtrennung und das Recycling von CO2 sowie die Elektrosynthese und Mikroalgenproduktion eingesetzt und kombiniert.
Nachhaltige Bioökonomie
Baden-Württemberg nimmt beim Aufbau einer nachhaltigen Bioökonomie europaweit eine Spitzenposition ein. Bereits im Juni 2019 hat die Landesregierung dazu ihren Fahrplan – die Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg – verabschiedet. Die Forschung und Entwicklung von Bioraffinerien in Pilot- beziehungsweise Demonstrationsanlagen gezielt zu fördern ist dabei eine Maßnahme der Strategie (M18).
Mit seinem aktuellen Förderprogramm „Bioökonomie – Bioraffinerien zur Gewinnung von Rohstoffen aus Abfall und Abwasser – Bio-Ab-Cycling“ verfolgt das Umweltministerium nun in der neuen EFRE-Förderperiode 2021-2027 das Ziel, biologische und bioinspirierte Verfahren als Leitbild für eine nachhaltige Bioökonomie in modularen „Bio-Fabriken“ zu verwirklichen.
Für die Projekte stehen bis zum Jahr 2024 Fördermittel in Höhe von bis zu 7,7 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und weitere Landesmittel in Höhe von circa 11,2 Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kommen die Landesmittel für die Fachinitiative von 244.243 Euro sowie Verwaltungskosten.
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