Berlin (ots)
- Zahl der Flüssigerdgas-Projekte explodiert: Inzwischen Pläne für bis zu sieben Terminals an vier Standorten in Deutschland
- Neue Studie des DIW belegt, dass russische Gaslieferung auch ohne Neubau eines Terminals ersetzt werden können
- Deutsche Umwelthilfe fordert Stopp des Wildwuchses und von Wirtschaftsminister Habeck, den angeblichen Bedarf für die Terminals endlich mit konkreten Zahlen zu belegen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den Wildwuchs und die ausufernden Planungen für neue Flüssigerdgas-Terminals (LNG-Terminals) in Deutschland. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck zunächst den Bau zweier LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven angekündigt hatten, werden nach Recherchen der DUH inzwischen mindestens sieben Projekte an vier Standorten geplant. So sollen in Wilhelmshaven drei Anlagen entstehen, an den Standorten Stade, Brunsbüttel und Rostock je ein Terminal. Zusätzlich hat die Stadt Hamburg erklärt, die Errichtung eines LNG-Terminals zu prüfen. Einzelheiten zu den Standorten in Niedersachsen möchte Landesumweltminister Olaf Lies heute in einer Pressekonferenz bekannt geben. Ebenfalls heute hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass russische Gaslieferungen auch ohne Neubau eines LNG-Terminals in Deutschland kompensiert werden können.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Pläne für neue LNG-Terminals schießen an der Küste wie Pilze aus dem Boden. Dabei schreckt die Gas-Lobby nicht davor zurück, den russischen Angriff auf die Ukraine dafür auszunutzen, ihre langgehegten Wunschprojekte mit Turbo-Geschwindigkeit durchzusetzen. Bundesländer, Unternehmen und Standorte wetteifern dabei um die versprochenen Millionen der Bundesregierung. Dabei hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bis heute keine Zahlen auf den Tisch gelegt, ob es tatsächlich einen energiewirtschaftlichen Bedarf für die Terminals gibt. Dagegen zeigt die heute veröffentlichte Studie des DIW, dass Deutschland keine neuen Terminals braucht, um russische Gaslieferungen zu ersetzen. Ich fordere Robert Habeck zu einer Denkpause auf: Es darf kein weiteres Steuergeld für eine fossile Infrastruktur verschwendet werden, so lange ihr Bedarf nicht zweifelsfrei geklärt ist.“
Insgesamt summiert sich die Kapazität der aktuell geplanten Terminals auf knapp 70 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Dies entspricht mehr als zwei Drittel des gesamten jährlichen Gasbedarfs der Bundesrepublik. Neben den landseitigen Terminals in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven werden auch mindestens drei schwimmende Terminals geplant. Das Bundeswirtschaftsministerium hat auf Nachfrage der DUH bestätigt, über die Anmietung von bis zu vier solcher Einheiten zu verhandeln. Unterstützt wird sie dabei von den Unternehmen RWE und Uniper. Auch für die schwimmenden Einheiten sind jedoch umfangreiche Planungen und Bauarbeiten für die landseitige Anbindung notwendig, nicht zuletzt die Errichtung von Kilometerlangen Pipelines zum Anschluss der Anlagen an das existierende Gasnetz.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der DUH: „Aktuell wird eine krasse Überkapazität an LNG-Terminals geplant. Wir laufen Gefahr, nur den Dealer zu tauschen: Anstatt konsequent auf Energieeinsparung und Erneuerbare zu setzen, schlittern wir in die nächste fossile Abhängigkeit. Mehr noch: Scheinbar wahllos schafft auch das Bundeswirtschaftsministerium selber neue Kapazitäten. Statt der zunächst angekündigten Unterstützung von zwei Projekten steigt Robert Habeck über die KfW direkt in das Projekt in Brunsbüttel ein und möchte noch bis zu vier schwimmende Terminals chartern. Dass sich eine Bundesregierung in einem solchen Umfang direkt an fossilen Projekten beteiligt, hat es noch nie gegeben. Angesichts der Erkenntnisse des DIW fordern wir den Wirtschafsminister auf, die Notbremse zu ziehen und die weitere Unterstützung neuer fossiler Anlagen zu stoppen.“
Hintergrund:
Die DUH begleitet die Pläne für LNG-Terminals in Deutschland bereits seit Jahren kritisch. Zu den bisher geplanten Standorten Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven hat die DUH Rechtsgutachten veröffentlichen, die belegen, dass die Terminals an diesen Standorten nicht genehmigungsfähig sind.
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