Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM)
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Berlin (ots)
Anmoderation (1:05 min.)
Über 15.000 Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik im letzten Jahr angezeigt. Allerdings ist das Dunkelfeld um ein Vielfaches größer. Studien gehen davon aus, dass pro Schulklasse ein bis zwei Kinder von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Aber wo findet dieser Missbrauch statt? Eine Forsa-Studie zeigt: Fast 90 Prozent der Befragten halten es zwar für wahrscheinlich, dass sexualisierte Gewalt vor allem in Familien und im eigenen Umfeld stattfindet, 85 Prozent halten es aber für unwahrscheinlich, dass so etwas in ihrem eigenen nahen Umfeld passiert. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wollen hier ansetzen und einen Perspektivwechsel erreichen, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Dazu haben sie die bundesweite Kampagne „Schieb den Gedanken nicht weg!“ ins Leben gerufen, die am 17. November gestartet ist. Dazu sprechen wir jetzt mit Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
O-Töne Bundesfamilienministerin Lisa Paus:
O-Ton 1, zur Kampagnenidee (42 Sek.): „Wir wissen, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche kann es leider überall geben. Und eben auch in unserem nahen Umfeld. Ehrlich gesagt, dreiviertel aller Taten finden tatsächlich im sozialen Nah-Raum statt. Und trotzdem ist es so, den Gedanken daran zuzulassen, das fällt oft schwer. Es ist auch einfach nachvollziehbar, dass wir diesen Gedanken wegschieben: Wir haben Angst, im eigenen Umfeld Missbrauch aufzudecken. Wir möchten auch nichts falsch machen, wir möchten auch niemanden zu Unrecht verdächtigen. Oder wir wissen schlicht nicht genau, wie wir überhaupt unterstützen können. Aber erst, wenn ich sexualisierte Gewalt im eigenen Umfeld für möglich halte, dann kann ich auch erst was dagegen tun. Und deshalb unsere zentrale Botschaft: Schieb den Gedanken nicht weg!“
O-Ton 2, zu Hilfe- und Beratungsangeboten (39 Sek.): „Es gibt in Deutschland bereits ein ganzes Netz von spezialisierten Beratungsstellen, dahin können sich Menschen wenden, wenn sie einen Verdacht haben, dass ein Kind in ihrem Umfeld sexualisierte Gewalt erleidet. Und es gibt auch ein Hilfetelefon für Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Da kann man anonym und kostenfrei Beratung und Unterstützung bekommen. Mit der bundesweiten Kampagne ‚Schieb den Gedanken nicht weg!‘ wollen wir Menschen ermutigen, diese Möglichkeiten auch tatsächlich zu nutzen. Wir wollen zeigen: Jede und jeder kann was tun, um Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Betroffene zu unterstützen.“
O-Ton 3, Zur Aktivierung von Netzwerken vor Ort (40 Sek.): „Die bundesweite Kampagne besteht aus mehr als Spots und Plakaten. Wir wollen regionale und lokale Netzwerke gegen sexualisierte Gewalt stärken und ausbauen. Denn wir brauchen die Strukturen vor Ort. Den Sportverein, die Kita oder die freiwillige Feuerwehr. Ohne die wird es nicht gehen, die Botschaften der Kampagne brauchen wir in der Fläche, um einen echten Bewusstseinswandel anzustoßen. Und diese Einrichtungen vor Ort, die sind zentral, um das zu schaffen. Und auch auf der Bundesebene wollen wir die Strukturen zum Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen stärken – indem wir das Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Missbrauchs endlich auf eine gesetzliche Grundlage stellen.“
Zwischenmoderationsvorschlag (11 Sek.):
Zusammen mit dem Bundesministerium ist auch die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, Kerstin Claus, für die Kampagne zuständig.
O-Töne Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Kerstin Claus:
O-Ton 1, Zur Ausgangslage (31 Sek.): „Das Problem ist immens und es ist eine ganz reale Gefahr, der Kinder und Jugendliche überall in Deutschland ausgesetzt sind. Wir wissen, dass in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder sitzen, die sexuelle Gewalt erlebt haben. Ich fordere immer eine umfassendere Dunkelfeldforschung, weil ich sie für wichtig erachte. Klar ist aber, das Problem ist riesig und dementsprechend wollen wir auch deutlich machen mit der Kampagne, sexuelle Gewalt passiert überall auch in deinem Umfeld. Schieb den Gedanken nicht weg.“
O-Ton 2, zur Leitidee der Kampagne (32 Sek.): „Wir wissen auch über eine Umfrage, die wir Ende letzten Jahres durchgeführt haben, dass mittlerweile fast alle Menschen wissen, sexuelle Gewalt findet statt und sie findet überall statt. Wenn man aber die gleichen Menschen befragt, dann sagen diese Menschen, ja aber nicht in meinem Umfeld, nicht in meiner Familie. Und das ist der Grundgedanke zu sagen, schieb den Gedanken nicht weg! Sexuelle Gewalt findet in deiner Umgebung statt und nicht nur irgendwo dort und sie kann jederzeit in deiner Umgebung stattfinden. Und deswegen brauchst Du, brauchen wir, alle Handlungskompetenz. Was tue ich, wenn ich ein komisches Gefühl hab‘.“
O-Ton 3, zur Handlungskompetenz (27 Sek.): „Es geht um Handlungskompetenz, und wie bei allen anderen Dingen – Brandschutz, Gefahrenabwehr – brauche ich ein Rüstzeug: Was tue ich, wenn? Und dieses Rüstzeug versuchen wir, zur Verfügung zu stellen. Was ist ein ungutes Bauchgefühl? Warum hat es seine Berechtigung? An wen kann ich mich vor Ort wenden? Fachberatungsstellen, wer hilft und begleitet? Also, es geht darum, den Gedanken zuzulassen und dann Handlungskompetenzen sozusagen aufzubauen. Was täte ich, wenn es mich angeht?“
O-Ton 4, zur Aktivierung vor Ort (28 Sek.): „Kinder und Jugendliche können und müssen vor Ort geschützt werden und deswegen müssen wir lokale Netzwerke stärken und darauf zielt die Kampagne. Städte und Gemeinden sind wichtig und wir versuchen über ein Kampagnenbüro einerseits Materialien zur Verfügung zu stellen, die man abrufen kann, wo man vieles nachlesen kann, in die lokalen Netzwerke geben kann und dann arbeiten wir natürlich auch mit Spots, mit Radio, mit Plakaten, um für dieses Thema aufzuklären, und zu sagen, das geht uns alle an – schieb den Gedanken nicht weg!“
O-Ton 5, zu Signalen von Kindern (28 Sek.): „Also, da gibt es nicht die eine Antwort. Das Entscheidende sind am Ende wahrscheinlich Verhaltensänderungen. Sexuelle Gewalt zieht sich ja über einen längeren Zeitraum und deswegen macht das was mit dem Kind, dem Jugendlichen. Und die zu hinterfragen, die Leistungen werden schlechter, jemand zieht sich zurück, geht nicht mehr in den Sportverein, lädt keine Freunde, Freundinnen mehr ein und so weiter. Da ins Gespräch zu kommen und zu sagen: Wenn dann Signale kommen, hole ich mir auch Beratung und Begleitung über eine Fachberatungsstelle, damit ich dann ins Handeln komme.“
O-Ton 6, zu den eigenen Erfahrungen als Betroffene und den Kampagnenzielen (35 Sek.): „Das spielt immer irgendwie eine Rolle in meinem Arbeitsfeld, weil ich ja auch tatsächlich weiß, dass schon ganz kleine Dinge geholfen hätten damals. Damit ich identifizieren kann, das ist sexuelle Gewalt und das darf nicht sein, das ist eine Straftat und Erwachsene sind an meiner Seite und würden mir helfen. All das habe ich als Jugendliche nicht wahrgenommen. Alleine ein Schaukasten, der mir etwas erklärt hätte, Plakate, Menschen, die kompetent sind, und die ich nicht erschrecke mit dem Thema, hätten mir geholfen. Das heißt, ja, ich glaube, so eine Kampagne kann etwas erreichen, weil sie Sprechräume eröffnet und die brauchen wir bei dem Thema.“
Abmoderation (28 Sek.):
„Schieb den Gedanken nicht weg!“ ist die neue Aufklärungs- und Aktivierungskampagne gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Informationen zu Hilfeangeboten und zur Kampagne gibt es unter: www.hilfe-portal-missbrauch.de. Das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch ist erreichbar unter Tel. 0800 22 55 530 – anonym und kostenfrei
Pressekontakt:
Stefan Frohloff, stefan.frohloff@ubskm.bund.de, Tel. 030 18 555 1565
Original-Content von: Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), übermittelt durch news aktuell
Original Quelle Presseportal.de
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