Berlin (ots)
Es wird eng für den türkischen Präsidenten Erdogan bei den Wahlen in gut zwei Wochen. Noch ist nicht klar, wie ernsthaft der 69-Jährige erkrankt ist, aber die Absage von Wahlkampfauftritten und mehr noch die Bilder vom unterbrochenen TV-Interview sind für Erdogan so oder so politisch gefährlich: Sie verstärken den Eindruck, dass Erdogan nach 20-jähriger Herrschaft die Kräfte ausgehen. Der Autokrat ist angeschlagen, am 14. Mai könnte er sein Amt verlieren.
Nicht der Präsident, sondern Oppositionsführer Kiliçdaroglu liegt in vielen Umfragen vorn, ein Machtwechsel ist zum Greifen nah. Eine schwere Wirtschaftskrise hat den Boden bereitet. Aber der Schlüsselmoment für Erdogans Popularitätsverlust war das verheerende Erdbeben im Februar mit über 50.000 Todesopfern, das auch für seine Anhänger Schwächen des Regimes sichtbar gemacht hat: die übertriebene Zentralisierung der Macht, eine parteiische Justiz, Günstlingswirtschaft und Korruption haben den Staat von innen ausgehöhlt. Dass Erdogan 2017 mit dem Wechsel zum Präsidialsystem seine Macht ausgebaut hat und allein durchregiert, rächt sich jetzt: Wenn der Staatsführer alle Fäden in der Hand hält, muss er sich auch die Versäumnisse persönlich anrechnen lassen. Das Versagen kostet Vertrauen auch in jenen Schichten, die bisher zu Erdogan gehalten haben.
Die Frage ist: Werden die Wahlen überhaupt frei und fair über die Bühne gehen? Wird Erdogan eine Niederlage anerkennen? Sicher ist das nicht. Sobald er den Präsidentenpalast verlässt, droht ihm eine Anklage wegen Korruption. Erdogan dürfte alles daransetzen, an der Macht zu bleiben. Es könnte sehr unruhig werden rund um die Schicksalswahlen in der Türkei.
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