Berlin (ots)
- US-Präsident Joe Biden will vor Genehmigung neuer LNG-Exportterminals Umwelt- und Klimafolgen umfassend prüfen
- Bündnis fordert Bundesregierung auf, ebenso den hiesigen LNG-Ausbau zu prüfen und als ersten wichtigen Schritt das Terminal auf Rügen zu stoppen
- Während Gasversorgung in Deutschland und Europa durch volle Speicher gesichert ist, wachsen ökologische Kosten des LNG-Ausbaus stetig
Der Bürgermeister des Ostseebads Binz und ein Bündnis von Umweltverbänden fordern von Bundeskanzler Scholz in einem offenen Brief ein Moratorium für weitere LNG-Terminals in Deutschland. Er solle damit dem Vorbild von US-Präsident Biden folgen, der vergangene Woche die Genehmigung neuer LNG-Exportterminals ohne vorherige Umwelt- und Klimaprüfung gestoppt hatte. Zum Bündnis gehören die Gemeinde Ostseebad Binz, die Deutsche Umwelthilfe (DUH), BUND, DNR, NABU, WWF, Greenpeace und das Umweltinstitut München. In einem ersten wichtigen Schritt solle der Weiterbau des besonders umweltschädlichen LNG-Terminals vor Rügen unverzüglich gestoppt werden. Zudem müssen das LNG-Beschleunigungsgesetz und die Alarmstufe des Notfallplans Gas aufgrund der vollen Gasspeicher umgehend ausgesetzt werden.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „US-Präsident Biden hat offenbar erkannt, dass die Klima- und Biodiversitätskrise existenzgefährdende Bedrohungen darstellt. Wir fordern Bundeskanzler Scholz auf, diesem Vorbild zu folgen. Die Bundesregierung muss die Eskalationsspirale beim kurzsichtigen Ausbau der LNG-Anlagen stoppen, bis deren Umwelt- und Klimafolgen überprüft werden konnten.“
Karsten Schneider, Bürgermeister Gemeinde Ostseebad Binz: „Wir haben nicht den Eindruck, dass die Bundesregierung ihr Versprechen einhält, genau zu prüfen, ob das LNG-Terminal wirklich benötigt wird. Denn so wie es aussieht, könnte das LNG-Terminal von Tag eins an zur Industrieruine werden. Der Bundeskanzler muss nun endlich die Reißleine ziehen.“
Heike Vesper, WWF-Vorständin Transformation Wirtschaft & Politik: „Die Weltgemeinschaft hat sich auf der COP 28 darauf geeinigt, aus fossiler Energie auszusteigen. Dieser Vereinbarung kann Deutschland nur gerecht werden, wenn die Bundesregierung den Ausbau fossiler Infrastruktur stoppt. Ein Moratorium für neue LNG-Anlagen hilft auch den Meeren. Dort geht Biodiversität in rasantem Tempo verloren, befeuert von der Klimakrise und massiver Übernutzung.“
Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland: „Es gibt diesen Winter keine Gasmangellage und bedingt durch den sinkenden Bedarf wird es auch zukünftig keine Gasmangellagen geben. Daher ist der Aufbau von Überkapazitäten für LNG-Importe nicht nur energiepolitisch unklug. Dieser Weg in neue Abhängigkeiten führt auch in eine klimapolitische Sackgasse. Bundeskanzler Scholz sollte dem Beispiel von US-Präsident Biden folgen und den Anreiz zur Überproduktion von Gas durch den Ausbau neuer und überflüssiger LNG-Gasterminals sofort stoppen.“
Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: „Die Bundesregierung sichert den Terminalausbau mit mehreren Milliarden Euro ab. Angesichts der schwierigen Haushaltslage gehören staatlich geförderte Überkapazitäten auf den Prüfstand. Deutschland braucht keine weiteren LNG-Terminals, um seine Gasversorgung zu sichern. Ärmere Haushalte in Deutschland könnten die LNG-Milliarden gut gebrauchen, um in Wärmepumpen und Solarpaneele zu investieren oder sich die Sanierung ihrer Wohnungen leisten zu können.“
Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer: „Die neue LNG-Abhängigkeit führt zu massiver Naturzerstörung entlang unserer Küsten. Anladestationen und Hinterlandanbindungen versiegeln wertvolle Salzwiesen und Naturschutzflächen, Pipelines im Greifswalder Bodden zerschneiden Meeresschutzgebiete, zerstören Riffe. Es braucht einen politischen Neustart, die Natur muss zum gleichberechtigten Partner der industriellen Transformation werden.“
Kai Niebert, Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR): „Wir alle waren vor zwei Jahren bereit, unter dem Schock des russischen Angriffs auf die Ukraine und in Angesicht einer drohenden Versorgungskrise klima- und umweltpolitische Bedenken zurückzustellen. Jetzt aber wird bei den LNG-Terminals die Ausnahme zur Regel gemacht und die notwendige kritische Beteiligung verhindert. In Zeiten großer Politikverdrossenheit und schwindendem Vertrauen in staatliche Institutionen ist das brandgefährlich.“
Fabian Holzheid, politischer Geschäftsführer des Umweltinstitut München: „Statt weitere LNG-Terminals zu genehmigen, sollte die Bundesregierung lieber sicherstellen, dass sie ihre Ziele bei der Steigerung der Energieeffizienz einhält. Mit den nun gesetzlich geregelten Einsparungen beim Primärenergiebedarf wären bereits sämtliche Flüssiggas-Terminals obsolet.“
Hintergrund:
US-Präsident Joe Biden hatte am 26. Januar 2024 ein Moratorium für Bau und Genehmigung neuer LNG-Exportterminals in den USA angekündigt. Neue Terminals sollen von nun an erst genehmigt werden, nachdem umfangreiche Klima- und Umweltprüfungen vollzogen wurden. Auch die bisherigen LNG-Terminals in Deutschland wurden ohne Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt, was das LNG-Beschleunigungsgesetz mit Ausnahmen ermöglichte.
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