Wuppertal/Krefeld (ots)
Ein Alt-Bundeskanzler, der den Deutschen Bundestag verklagt. Das gab es noch nie. Wir erleben nun die Zuspitzung einer vermaledeiten Situation, in der vieles nicht mehr zu retten und eines interessant zu beobachten ist: Dass Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) immer voller Stolz auf das besteht, was er juristisch darf, nie aber das in Erwägung zieht, was ihn unter moralischen Gesichtspunkten leiten könnte. Das ist auch jetzt die Maßgabe für diese verheerende Schlagzeile eines klagenden Altkanzlers gegen das Parlament, gegen die Keimzelle der Demokratie. Auch das – könnte man einwerfen – muss in einer Demokratie möglich sein. Aber was wirft das für ein Licht auf die Protagonisten, die diese Staatsform mit Leben füllen? Die Ferne von Recht und Moral: Das ist zugleich auch Schröders Angang im Verhältnis zu Putin. Niemand wird ihm den Kontakt und sein Engagement im russischen Gasgeschäft verbieten können. Aber geboten wäre ob des aggressiven russischen Angriffskriegs eine klare Trennung verbliebener politischer Einflusszonen und persönlicher Gewinnmaximierung.
Aber: Von dieser Sicht auf die Dinge hat sich Schröder entfernt. Nahe war er ihr ohnehin nie. Geblieben ist ein in sich angelegter Sturkopf, der sich eingekesselt sieht und in vollem Bewusstsein seiner Außenwirkung gelassen um sich beißt. Es passt zum Psychogramm des „Bild, Bams, Glotze“-Kanzlers unter Druck geraten gerade das zu tun, was nicht von ihm erwartet wird. Je lauter die Umgebung nach Rückzug schreit, desto präsenter wird er. Will die Masse, dass Schröder Putin ignoriert, sucht er den Kontakt erst recht. Und will man ihm Büro und Mitarbeiter rauben, die er wohl nicht mal mehr zu benötigen scheint, holt er sich beides mit Verve zurück. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Bundestag ist fragwürdig vorgegangen, weil er sich unter Druck geraten sah und dem zürnenden Mainstream gerecht werden wollte. Juristisch wird das dünn. Aber ein Sieg für Schröder wäre auch eine erfolgreiche Klage nicht. Einer gegen alle, das mag Sympathien wecken. Aber es ist im Angesicht dieses hilflos hingenommenen Krieges doch nicht mehr als egozentrische Kälte.
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