Berlin (ots)
Alarmierende Nachrichten aus Italien: Die Verschuldung steigt, die Wirtschaft schwächelt, die Steuereinnahmen gehen zurück. Und inmitten dieses Krisen-Szenarios schraubt die Regierung das staatliche Defizit weiter nach oben. Die rechtspopulistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will ihre Wahlversprechen einlösen und das soziale Füllhorn über der Bevölkerung ausgießen. Laut Haushaltsentwurf für 2024 soll es 24 Milliarden Euro für Geringverdiener, kinderreiche Familien und Beamte geben. Damit würde der staatliche Schuldenberg auf insgesamt über drei Billionen Euro anwachsen.
Die Finanzmärkte reagieren bereits nervös: „Italienischen Staatsanleihen droht eine Herabstufung auf Ramschniveau“, lautet der Weckruf. Je schlechter die Bonität eines Staates, desto höhere Zinsen muss dieser bezahlen, um an Geld zu kommen. Dadurch schwillt das Defizit immer weiter an – ein Teufelskreis.
Hatten wir das nicht schon einmal? Bei der Eurokrise ab 2010 löste der Schulden-Tsunami in Griechenland heftige Turbulenzen in der Gemeinschaft aus. Da viele europäische Banken griechische Staatsanleihen gekauft hatten, mussten sie diese als „faule Kredite“ abschreiben. Das wiederum riss tiefe Löcher in die Bilanzen der Geldhäuser. Kredite an Staat, Unternehmen und Verbraucher flossen nur noch spärlich. Eine schwere Wirtschaftskrise war die Folge. 2012 wurde daher der Euro-Rettungsschirm eingeführt, der überschuldete Mitgliedstaaten mit Darlehen und Bürgschaften über Wasser hielt. Der Euro-Rettungsschirm würde im Notfall auch über Italien aufgespannt werden.
Noch aus einem anderen Grund ist ein Horror-Szenario à la Griechenland nicht zu befürchten. Es gilt der alte Satz aus der globalen Finanzkrise 2008: „too big to fail“ – zu groß, um bankrott zu gehen. Die Eurozone würde Italien, die drittstärkste Volkswirtschaft in der EU, nicht pleitegehen lassen. Falls nötig, würde die EZB als Krisen-Feuerwehr vorübergehend italienische Staatsanleihen kaufen. Es gibt noch einen zusätzlichen Risiko-Puffer: Ein großer Teil der italienischen Staatsschulden wird entweder von heimischen Banken oder von der EZB gehalten.
Die Ansteckungsgefahr ist also weitaus geringer als im Falle Griechenlands. Dennoch können die Probleme des italienischen Patienten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Meloni samt ihrer Vorgänger haben durch ihren laxen finanzpolitischen Kurs die Schuldenlast vergrößert. In Zeiten des billigen Geldes wurden viele Ausgaben auf Pump gestemmt. Besonders Italien profitiert davon, dass die strengen Schuldenregeln der Eurozone zu Beginn der Pandemie ausgesetzt wurden. Geht es nach der EU-Kommission, sollen die Defizit-Grenzen künftig flexibler ausgelegt werden. Meloni und der französische Präsident Macron stehen hinter diesem Vorstoß. Doch eine Finanzpolitik des „Laissez-faire“ wäre für Europas Wirtschaft gefährlich.
In Zeiten der Mega-Krisen – Corona, Energie, Kriege – ist es zwar sinnvoll, dass der Staat mit Milliarden-Subventionen einen Einbruch der Wirtschaft verhindert und für sozialen Ausgleich sorgt. Insofern war der „Doppel-Wumms“ von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) berechtigt. Doch aus der Ausnahmesituation darf kein Dauerzustand werden. Die Regierungen müssen zum Kurs finanzpolitischer Tugend zurückkehren und ausgeglichene Haushalte vorlegen. Wenn die Finanzmärkte Vertrauen verlieren, wird die Geldbeschaffung am Kapitalmarkt teuer. Das Beispiel Italien und die neuesten „Ramschniveau“-Gerüchte belegen dies.
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