Berlin (ots)
Die Details, die bei Gericht um den Vergewaltigungsprozess von Avignon ans Licht kommen, machen einfach nur fassungslos. Was Gisèle Pelicot erleiden musste, hat jede Grenze der Menschlichkeit überschritten. Über Jahre mit Schlafmitteln betäubt und von Ehemann und Fremden missbraucht; die Tragödie der 72-jährigen Französin hat Millionen Menschen erschüttert.
Wohl jeder hätte nachempfinden können, wenn diese Frau um Anonymität gebeten hätte. Doch Gisèle Pelicot ging an die Öffentlichkeit. Und man fragt sich, wie sie das macht. Wie sie es ertragen kann, diese grausigen Details der bizarren Taten immer wieder anhören zu müssen. Sie ist stark, hat ihre Tochter immer wieder gesagt. Und sie ist mutig. Die Bewunderung für diese Frau geht weit über den Familienkreis hinaus. Mehrere Tausend Menschen gingen bereits auf die Straße, um ihre Unterstützung für Opfer sexualisierter Gewalt zu zeigen. „Wir sind alle Gisèle“, riefen 3500 Demonstrantinnen und Demonstranten in Paris. Zu hören waren auch die Rufe: „Vergewaltiger, wir sehen dich; Opfer, wir glauben dir“ und „Du bist nicht allein“.
Gisèle Pelicot hat sich geweigert, die Opferrolle anzunehmen. Sie steht da als stille Rächerin eines perfiden Verbrechens, das nur durch Zufall an die Öffentlichkeit kam. Auch wenn Frauen ihre Solidarität bekunden, musste sie sich vor Gericht von der Anwältin der Angeklagten verhöhnen lassen. Und musste sich Fragen gefallen lassen, warum sie nichts gemerkt habe. Und ob sie nicht vielleicht sogar Alkoholikerin oder Exhibitionistin sei. Gisèle Pelicot hat die Kraft, auch das auszuhalten, weil sie anderen Frauen Mut machen will. Sie wird als Heldin gefeiert – zu Recht.
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