Mainz (ots)
Noch weiß man nicht mit absoluter Sicherheit, ob das, was Jan Böhmermann Freitagnacht ins Netz gestellt hat, wirklich der interne „NSU-Bericht“ ist, den die hessische Landesregierung ursprünglich bis 2134 der Öffentlichkeit vorenthalten wollte. Insofern besteht auch für den Kommentator das Restrisiko, einer Fälschung aufgesessen zu sein. Dagegen sprechen allerdings die Indizien und nicht zuletzt die erstaunliche Verwandlung eines früheren TV-Oberzynikers zum erfolgreichen Investigativ-Entertainer. Vorausgesetzt, wir wurden nicht aufs Kreuz gelegt, hat Böhmermann mit seinem Scoop der hessischen Landesregierung vielleicht sogar einen Gefallen getan, auch wenn die hessische CDU jetzt laut „Verrat“ ruft. Denn nun ist es heraus: In dem geheimnisumwitterten Prüfbericht steht praktisch nichts, was in groben Zügen nicht schon bekannt war. Und diese Erkenntnis ist bitter: Zumindest bis zum Auffliegen der NSU-Terroristen 2011 hat auch der Hessische Verfassungsschutz katastrophal schlechte Arbeit abgeliefert. Er tat das nicht aus bösem Willen, sondern aus Unvermögen. Wie in anderen Bundesländern wurden die Rechtsextremen zwar intensiv beobachtet, doch flossen die gewonnenen Erkenntnisse nirgends zusammen. Vielmehr beobachtete jeder seine eigenen Neonazis dabei, wie sie vom Umsturz fantasierten und mit Knarren in stillgelegten Steinbrüchen Krieg spielten. Es ist und bleibt eine bittere Erkenntnis, dass die deutschen Verfassungsschützer beim Kampf gegen rechte Gewalt über viele Jahre komplett versagt haben. Warum das so war, kann man jetzt vielleicht ein bisschen besser nachvollziehen. Und darauf hat die Öffentlichkeit auch ein Recht – damit sie beurteilen kann, ob aus den dramatischen Schwächen im Verfassungsschutz die richtigen Lehren gezogen wurden.
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