Regensburg (ots)
Zukunft geMAInsam gestalten, so hatten die DGB-Gewerkschaften den gestrigen Tag der Arbeit, nun ja nicht besonders originell, überschrieben. Das fade Motto täuscht freilich nicht darüber hinweg, dass die Gewerkschaften hierzulande vor riesigen Herausforderungen stehen. Nach zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und galoppierender Inflation wurden auf den 1. Mai-Kundgebungen die Signale auf Kampf gestellt. Wenn in diesem Jahr über neue Tarife für allein zehn Millionen Beschäftigte verhandelt wird, sind höhere Löhne zwar nachvollziehbar. Die Abschlüsse dürfen allerdings die Inflation nicht zu sehr befeuern. Es gilt, für Arbeitnehmer, Unternehmen und Verbraucher annehmbare Kompromisse zu schmieden. Doch das wird verdammt schwierig.
Was Deutschland in dieser komplizierten und auch unübersichtlichen Lage allerdings ganz und gar nicht gebrauchen kann, sind langwierige, unerbittliche Arbeitskämpfe, die die ohnehin lahmende Konjunktur vollends abwürgen könnten. Es mag sich abgedroschen anhören, doch die Gewerkschaften und ihre Partner aus dem Arbeitgeberlager stehen in der Verantwortung, Maß und Mitte zu finden. Angesichts von mehr als sieben Prozent Teuerung, von horrenden Energiepreisen, die von vielen Menschen und Unternehmen kaum noch bezahlbar sind, ist es allein eine enorme Aufgabe, auch nur die Reallöhne der Beschäftigten abzusichern. Ein „großer Schluck aus der Pulle“ jedenfalls, wie er in Zeiten der Hochkonjunktur durchaus angesagt war, verbietet sich angesichts der düsteren Wolken am Konjunkturhimmel.
Dennoch lehnen die Gewerkschaften völlige Lohnzurückhaltung in Zeiten steigender Inflation zu Recht ab. Im bayerischen Gastgewerbe wurden nach zwei Jahren Corona-Durststrecke gerade sieben Prozent Erhöhung und im bayerischen Fleischerhandwerk 120 Euro mehr pro Monat über alle Entgeltgruppen hinweg beschlossen. Das zeigt, wohin es gerade in lange vernachlässigten Bereichen gehen dürfte. Das gilt ebenso für den Pflege- und medizinischen Bereich, indem es zwar einige staatliche Verbesserungen gab. Doch die haben längst nicht alle betroffenen Beschäftigten erreicht. Und von der besseren Anerkennung dieser Berufe, von der Politik in Sonntagsreden vollmundig versprochen, sind wir immer noch ein ganzes Stück entfernt.
Dabei haben die besonders zum Tag der Arbeit kämpferischen Gewerkschaften selbst ein Problem. Binnen drei Jahrzehnten hat sich die Mitgliederzahl der im DGB vereinten acht Gewerkschaften von einst fast zwölf auf heute unter sechs Millionen nahezu halbiert. Dafür gibt es viele Gründe. Neue Technologien, Digitalisierung, Flexibilisierung von Arbeitsprozessen, Homeoffice und anderes mehr machen es der klassischen – und doch recht zähen – Gewerkschaftsorganisation schwieriger. Neue Antworten auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt haben die Gewerkschaften allerdings kaum gefunden. Viele Bereiche entziehen sich der althergebrachten Tarifbindung. Und auf der anderen Seite grassieren Tarifflucht und Lohndumping durch Unternehmen.
Zu Recht legte etwa der scheidende DGB-Chef Reiner Hoffmann jetzt den Finger in die Wunde, dass Flüchtlinge nicht für Dumpinglöhne arbeiten dürften oder dass der künftige Mindestlohn von zwölf Euro nicht für eingestellte Langzeitarbeitslose oder Jugendliche gelten werde. Und während sich die großen Parteien im Bundestag bei den Ausgaben für Rüstung und Bundeswehr nahezu einen Überbietungswettlauf liefern, drückte Hoffmann zu Recht auf die Bremse. Denn Geld für das Militär fehlt an anderer Stelle, für Zukunftsinvestitionen, Klimaschutz und für soziale Zwecke etwa.
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