Thomas Finkeldey, Altbergbau-Spezialist des LBEG (li.), und Wolfgang Genannt vom Verein Geoenergy Celle diskutieren an der Baustelle des Schachtes Steinförde in Wietze über Geothermie.
Eine Nachnutzung des Kalischachts Steinförde in Wietze (Landkreis Celle) für Geothermie wird es nicht geben. Nachdem das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) im Rahmen der Gefahrenabwehr aus dem Altbergbau den vor 99 Jahren stillgelegten Schacht untersucht hat, hat der Verein Geoenergy Celle, der das Projekt begleitet, errechnet, dass eine Nachnutzung für Erdwärmegewinnung unwirtschaftlich wäre.
„Es wäre fahrlässig, frühere Bergwerke nicht zu untersuchen auf ihre Eignung für Geothermie, die ein wertvoller Baustein der Wärmewende ist“, sagt LBEG-Präsident Carsten Mühlenmeier. Das Landesamt ist nicht nur Gefahrenabwehrbehörde für ehemalige Bergwerke und alte Bohrungen, sondern auch Niedersächsischer Geothermiedienst und berät daher fachlich neutral und wirtschaftlich unabhängig zur Geothermie.
„Vor oftmals mehr als hundert Jahren haben Bergleute in großer Tiefe, wo hohe Temperaturen herrschen, eine Infrastruktur geschaffen“, so der Behördenleiter weiter. „Diese können wir nicht einfach für alle Zeit unzugänglich machen, bevor nicht überprüft ist, ob diese Wärme im Untergrund nicht für klimaschonende Energiegewinnung genutzt werden kann“, so Mühlenmeier.
Der Schacht Steinförde hätte ein erstes solches Projekt werden können. Da es keinen Rechtsnachfolger des Unternehmens gibt, das das Kalibergwerk bis 1925 betrieben hat, ist es Aufgabe des LBEG, sicherzustellen, dass keine Gefahr mehr von dem Schacht ausgeht. Dieser ist wie das restliche Bergwerk mit Wasser geflutet. Der bis an die Oberfläche führende Schacht muss nach heutigem Stand der Technik allerdings mit Feststoffen wie Schotter verfüllt sein. Untersucht wurde, ob mit der Verfüllung auch Erdwärmesondern in den einstmals 730 Meter tiefen Schacht eingeführt werden können, durch die Wärme aus dem Bergwerk zur Energieversorgung an der Oberfläche gewonnen werden kann.
„Der Zustand des Schachts ist allerdings nicht gut“, sagt Thomas Finkeldey, der beim LBEG Spezialist für die Sanierung ehemaliger Bergwerke ist. „Wir hatten auf 60 Meter Tiefe eine Barriere, durch die wir nur sehr aufwendig mit einer kleinen Bohrung gekommen sind“, so der Experte weiter. Darunter haben die weiteren Untersuchungen gezeigt, dass ab 275 Meter Tiefe die ausgemauerten Innenwände des Schachtes ab- und nach unten gefallen sind. Entsprechend sei der Schacht nicht mehr 730 Meter, sondern durch den ganzen Schutt nur noch etwa 450 Meter tief.
„Und das rechnet sich nicht mehr für Geothermie“, sagt Wolfgang Genannt, Vorstand des Vereins Geoenergy Celle. Der Verein will die Nutzung der Geothermie unterstützen und hat sich daher beratend an der Erkundung des Schachts Steinförde beteiligt. „Aber nun sprechen drei Punkte gegen eine wirtschaftliche Nachnutzung des Schachts für Geothermie“, erklärt Genannt. Zum einen sei das Durchbohren der Barriere auf 60 Meter Tiefe, damit möglichst viele Erdwärmesonden hindurchpassen, extrem aufwendig. Weiterhin sind die Temperaturen auf 450 Meter Tiefe nicht so hoch wie auf 730 Metern – schätzungsweise 20 statt 30 Grad. Und schließlich muss der Schacht aufgrund der maroden Innenwände gesichert werden. Um durch diese Sicherung Erdwärmesonden legen zu können, wäre ein erheblicher Aufwand nötig.
Bei Berücksichtigung dieser Faktoren entstehen Kosten, die die von anderen geothermischen Lösungen übersteigen. „Das ist natürlich schade“, zeigt sich Wietzes Bürgermeister Wolfgang Klußmann enttäuscht. „Aber natürlich hat auch keiner garantieren können, dass der Schacht auf jeden Fall für Erdwärme nachgenutzt werden kann“, gibt er sich realistisch. Geothermie bleibe natürlich weiterhin ein wichtiges Thema für die kommunale Wärmeplanung.
Und auch für das LBEG bleibt Erdwärme in Verbindung mit ehemaligen Bergwerken ein Thema, zumal noch einige in Niedersachsen zu sichern sind. Nur ein Steinwurf entfernt in der Nachbargemeinde Hambühren steht schon in den kommenden Jahren der nächste Schacht eines ehemaligen Kalibergwerks zur Untersuchung an. Der Schacht Steinförde wird indes nun verfüllt, um ihn dauerhaft zu sichern und die Oberfläche wieder nutzbar zu machen. Das soll im kommenden Jahr geschehen.
Weitere Infos:
- Das LBEG sichert im Sinne der Gefahrenabwehr alte Schächte und Stollen. Damit soll vermieden werden, dass Tagesbrüche oder andere größere Schäden an der Oberfläche entstehen.
- Neben seiner Eigenschaft als Bergbehörde ist das LBEG auch Niedersächsischer Geothermiedienst (NGD), der fachlich neutral und wirtschaftlich unabhängig zu oberflächennaher und tiefer Geothermie berät sowie geowissenschaftliche Grundlagen schafft und pflegt. Das LBEG unterstreicht dabei die Bedeutung der Geothermie als regenerative Energiequelle und bietet regelmäßig Veranstaltungen für die Allgemeinheit und das Fachpublikum an.
- In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann in Wietze die Förderung von Erdöl, die sich immer mehr ausweitete. Dabei wurde auch Salz entdeckt, das von 1906 bis 1925 im Kalibergwerk Steinförde abgebaut wurde.
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