LBEG-Mitarbeiter Hermann Reinartz vermisst den Erdfall in Seesen, der eine Größe von rund 35 mal 26 Metern und eine Tiefe von fünf Metern hat.
Der Erdfall in Seesen (Landkreis Goslar), der am frühen Freitagmorgen, 10. Juni, in der Nähe des Amtsgerichtsgebäudes entstanden ist, hat eine Größe von rund 35 mal 26 Metern und eine Tiefe von fünf Metern. Das haben Messungen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) am Rande eines Expertengesprächs ergeben. Das LBEG dokumentiert Erdfälle für das landesweite Erdfallkataster und berät bei Bedarf Gutachter, Behörden und Privatleute.
Bei dem Expertengespräch wurden die weiteren Schritte erörtert. Dabei teilt das LBEG die Ansicht des unabhängigen Gutachterbüros aus Göttingen, das den Erdfall untersucht, dass rund 8000 Kubikmeter Material nötig sind, um den Erdfall wieder zu verfüllen. Das soll zügig geschehen, um die Böschungen schnellstmöglich zu stabilisieren. Das Verfüllen wird vom Staatlichen Baumanagement Südniedersachsen übernommen. Vorbereitende Arbeiten und Abstimmungen haben bereits begonnen. Das Gebiet befindet sich überwiegend im Besitz des Landes Niedersachsen, berührt aber auch Privatgrundstücke.
Die Ursache für den Erdfall ist sehr wahrscheinlich die Lösung von im Untergrund natürlich vorkommendem Gips durch Wasser. Dabei können weder die Gutachter noch die Experten des LBEG genauer eingrenzen, in welcher Tiefe der Erdfall ausgelöst wurde. Vermutlich gab es einen Hohlraum in 100 bis 200 Metern Tiefe. „Die derzeitige Datenlage ist nicht ausreichend für eine detaillierte Darstellung des Untergrundes unter Seesen“, sagt Hermann Reinartz, der beim LBEG für Geogefahren zuständig ist. Auch die Gutachter weisen darauf hin, dass Erkundungsbohrungen in den tieferen Untergrund nötig wären, wenn man in der Zukunft noch genauere Erkenntnisse über die Geologie unter der Stadt gewinnen will.
Nick Schüßler von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ver-misst den Erdfall per Drohne.
Unstrittig ist, dass Seesen in einem Erdfallgefährdungsgebiet liegt. Allein in der Kernstadt hat das LBEG rund 270 Erdfälle verzeichnet. Im gesamten Stadtgebiet mit Eingemeindungen sind sogar 500 Erdfälle bekannt, die im Regelfall auf im Untergrund anstehende Zechsteinsulfate (Gips/Anhydrit), die von Grundwasser gelöst werden können, zurückgehen. Diese geologische Formation zieht sich entlang des Harzes von Seesen bis Nordhausen in Thüringen.
Seit der Erdfall den Lauf der Seckau unterbrochen hat, tritt rund 500 Meter Luftlinie entfernt Wasser aus einem Gehweg und fließt in die Seckau (rechts) zurück.
Die Gutachter wie auch das LBEG gehen davon aus, dass im aktuellen Fall im Untergrund ein Hohlraum von rund 10.000 Kubikmetern bestand, der zusammengebrochen und durch die überlagernden Schichten durchgebrochen ist. Dadurch entstand letztlich der Erdfall an der Oberfläche mit dem geschätzten Volumen von 8000 Kubikmetern.
Dieser hat auch den Lauf der Seckau unterbrochen. Der Bach wurde in einer Sofortmaßnahme am Freitag mit Rohren um den Erdfall herumgleitet. Dennoch entstanden noch am selben Tag in ungefähr 500 Metern Luftlinie Entfernung Wasseraustritte auf einem Gehweg. Sowohl die Gutachter als auch das LBEG nehmen an, dass durch oder wegen des Erdfalls in wenigen Metern Tiefe Wasserwegsamkeiten entstanden sind oder verändert oder reaktiviert wurden, durch die nun das Wasser der Seckau fließt und als Grundwasser zutage tritt.
Im Zuge der Kooperation zwischen LBEG und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Projekt Erdfälle in Deutschland (EFID) fanden im Rahmen des Expertengesprächs weitere Begehungen in Seesen statt. Dabei haben Fachleute der BGR unter anderem am Erdfall und in der weiteren Umgebungen Daten per Drohne gesammelt.
Weitere Infos:
· Erdfälle sind unerwartete, plötzliche Geländeeinbrüche, die häufig durch Subrosion entstehen können. Dabei besteht der Untergrund aus wasserlöslichen Gesteinen wie Karbonat, Sulfat oder Salz, die im Laufe der Zeit durch zirkulierendes Grundwasser gelöst werden können.
· Das LBEG dokumentiert Erdfälle, weist betroffene Gebiete aus, bewertet bei geologischen Naturgefahren die Gefährdung von Bauwerken, Infrastruktur oder land- und forstwirtschaftlichen Flächen und berät Behörden, Planer und Privatleute.
· Mehr Informationen zum EFID-Projekt finden sich online unter https://www.pebs-eu.de/DE/Themen/Erdbeben-Gefaehrdungsanalysen/Projekte/Ingenieurgeologische_Gefaehrdungsanalysen/laufend/efid_I.html
· Das Staatliche Baumanagement Südniedersachsen mit Hauptsitz in Clausthal-Zellerfeld führt die Baumaßnahmen des Landes und des Bundes in den fünf Landkreisen in Südniedersachsen, Goslar, Göttingen, Hildesheim, Holzminden und Northeim, durch.
Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de