London (ots)
Geld kann man nie genug haben, schon gar nicht als Finanzminister. Blickt man auf die munter sprudelnden Gewinne der britischen Schwergewichte BP und Shell, ist es kein Wunder, dass Rishi Sunak die Öl- und Gasbranche des Landes im Mai mit einer Übergewinnsteuer von 25 Prozent belegt hat. Damals war er noch Schatzkanzler und hoffte auf Einnahmen von 5 Mrd. Pfund in den ersten zwölf Monaten. Nun steht er als Premier vor der Frage, ob er die Windfall Tax auf 30 Prozent erhöhen soll. Denn nicht nur die großzügige Kurzarbeitsregelung während der Pandemie hatte ihren Preis. Auch die Deckelung der Energiekosten der privaten Haushalte bis April kommenden Jahres ist nicht billig. Der Staatsapparat ist ziemlich aufgebläht, doch Kürzungen rufen meist großen Ärger hervor. Steuererhöhungen sind dagegen einfach, solange sie nur die vermeintlich Bösen treffen. Greta sei Dank, dass man nicht mehr erklären muss, warum die Öl- und Gaskonzerne dazugehören. Sie mögen zwar im Geld schwimmen, doch ein besseres Ansehen können sie sich davon nicht kaufen. Und bei ihnen ist wenigstens etwas zu holen. Deshalb wurde ihnen schon vor der Übergewinnsteuer ein Steuersatz von 40 Prozent abverlangt.
Möglich wäre auch, die Banken mit einer weiteren Sonderabgabe zu belegen: einer Windfall Tax auf die Zinsen ihrer Einlagen bei der Bank of England. Schließlich kommt da ein erkleckliches Sümmchen zusammen, seitdem der Leitzins steigt. In der Öffentlichkeit würde sich kein Widerstand dagegen regen. Denn das Image der Branche hat sich bis heute nicht davon erholt, dass die Kosten der Finanzkrise der Allgemeinheit aufgeladen wurden.
Man könnte auch Sonnen- und Windstromproduzenten zur Kasse bitten, die auf Grund der Art und Weise, wie der Strompreis berechnet wird, exorbitante Gewinne eingefahren haben. Doch anders als in der Dreigroschenoper gilt in diesem Fall offenbar: Erst kommt die Moral. Übergewinne? Alles eine Frage der Definition.
Doch es ist wie verhext! Shell geht nicht davon aus, für das abgelaufene Quartal Übergewinnsteuer zu zahlen. Auch im Gesamtjahr könnte das Unternehmen auf seine rege Investitionstätigkeit im Vereinigten Königreich verweisen. Denn wer sein Geld in die Öl- und Gasförderung in der Nordsee steckt, kann für jedes investierte Pfund fast doppelt so viel absetzen wie zuvor. BP rechnet bislang damit, für das laufende Jahr lediglich 800 Mill. Dollar Windfall Tax an den britischen Fiskus abführen zu müssen.
Die von Sunak erhofften 5 Mrd. Pfund werden so wohl nicht zusammenkommen. Dafür sorgt die Übergewinnsteuer für die dringend benötigten Investitionen in das britische Energiesystem. Dazu gehört die Erschließung des Gasfelds Jackdaw östlich von Aberdeen durch Shell. Das Problem mit der Moral besteht nämlich darin, dass erneuerbare Energien den Bedarf des Landes bei weitem noch nicht decken können. Gas ist immer noch eine bessere Alternative für den Übergang als das Weiterlaufenlassen ausgedienter Kohlekraftwerke.
Sunak wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als noch einmal zu überlegen, was der Staat alles nicht leisten muss. Geringere Ausgaben sind eine gute Lösung, wenn Steuererhöhungen nicht viel einspielen.
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