Mainz. (ots)
Wer erinnert sich noch an den Begriff „Ärzteschwemme“? Dieser bezeichnete bis zur Jahrtausendwende den Überhang von Medizinern gegenüber freien Stellen. Wenige Jahrzehnte später das umgedrehte Bild: Überall fehlen Haus- und Fachärzte, im ländlichen Raum ist die ärztliche Grundversorgung vielerorts schon akut gefährdet, weil in Rente gehende Allgemeinmediziner keine Nachfolger finden. Die Ursachen sind vielfältig: die demografische Entwicklung, eine völlig veränderte Anspruchshaltung bei heutigen Arbeitnehmern und ein Beruf, der dank immer neuer Vorgaben zunehmend unattraktiv wird. Die Politik hat es versäumt, eine große Reform des Gesundheitssystems anzupacken, weil sie, teils aus Hasenfüßigkeit vor Verbänden und Lobbyisten, nur bis zum Ende der Legislaturperiode dachte und lieber kleine Bretter bohrte. Nun steckt der Karren im Dreck.
Was ist zu tun? Zum einen muss die Ausbildung reformiert werden – wer Medizinstudenten kennt, weiß, wie die sich aufreiben, bis sie mal Geld verdienen. Dann muss Ernst gemacht werden mit Bürokratieabbau und Digitalisierung, damit sich Ärzte wieder auf ihr Kerngebiet konzentrieren können: Medizin. Schließlich bedarf es einer viel strafferen Führung der Patienten im System. Mit Appellen verhindert man nicht, dass Menschen bei Husten den Rettungswagen rufen oder in der Notaufnahme auftauchen. Pilotprojekte an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zeigen das enorme Entlastungspotenzial. Dazu gehört, dass manche Behandlung von nicht-ärztlichen Praxisassistenten durchgeführt werden kann – die skandinavischen Länder machen es uns, wie so oft, vor. Es ist allerhöchste Zeit für ernstgemeinte Reformen.
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