Berlin (ots)
Olaf Scholz im Kanzleramt und Kevin Kühnert an entscheidender Stelle in der SPD-Parteizentrale, das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Die einstige Abneigung des früheren Juso-Chefs gegenüber dem Regierungsfachmann Scholz ist schließlich vielfach öffentlich belegt. Jetzt ist diese Konstellation jedoch Ausdruck der neuen Stärke der sozialdemokratischen Partei. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der linke Flügel um Kühnert und das pragmatische Scholz-Lager zusammenarbeiten können.
Kühnert hat seit seiner Wahl zum Vizevorsitzenden der SPD vor zwei Jahren bewiesen, dass er sich einreihen und in den Dienst der Partei stellen kann. Im Bundestagswahlkampf stand Kühnert voll hinter dem Kanzlerkandidaten Scholz. Kein anderer Bundestagskandidat klingelte nach Parteiangaben an mehr Haustüren, um für die SPD zu werben, als der Berliner. Ist es also ausgeschlossen, dass es im Ampel-Betrieb auch einmal zwischen Scholz und Kühnert knirscht? Nein, aber das braucht Scholz nicht zu schrecken. Das frühere Ein-Mann-Sprengkommando Kühnert muss in seinem neuen Job als Generalsekretär nicht Krawall im Rampenlicht schlagen, um an den entscheidenden Stellen Gehör zu finden.
Nahezu wortgleich mit dem neu gewählten SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil gab Kühnert auf dem Parteitag zudem das Versprechen ab, dass es kein Gegeneinander von Parteibasis und der SPD in der Regierung geben werde. Dies ist eine Lehre aus den Jahren der großen Koalition, in denen der öffentliche Streit um die eingegangenen Kompromisse die Partei beinahe zerriss. Die SPD stand deswegen zeitweise am Abgrund. Und das wollen weder Scholz noch Kühnert oder Klingbeil wieder erleben.
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