Odenwald-Kreis | Jugendhilfeausschuss: Fachkräfte berichten über Situation in Kindertagesstätten Weiterhin Frühe-Hilfen-Lotsin an den Neckar-Odenwald-Kliniken

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Elena Brandner Elena Brandner, neue Stipendiatin des Kreises (Ausschnitt) Quelle: Neckar-Odenwald-Kliniken

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Rosenberg-Sindolsheim. Die Kindertagesstätten im Neckar-Odenwald-Kreis müssen sich derzeit vielen Herausforderungen stellen. So wirken sich die Folgen der Corona-Pandemie, aktuelle Fluchtbewegungen unter anderem aus der Ukraine sowie zusätzlich der Fachkräftemangel unmittelbar auf die Einrichtungen aus. Dies berichteten Judith Teller, Fachberaterin für Kindertagesstätten beim Diakonischen Werk Baden, sowie Anja Delitz und Heidrun Vogel, beide Fachkräfte der Präventiven Fachberatung für Kindertagesstätten des Diakonischen Werks für den Neckar-Odenwald-Kreis, den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses bei einer Sitzung in Sindolsheim. Landrat Dr. Achim Brötel dankte den Expertinnen für ihr Kommen und betonte: „Sie berichten uns von einem System, das auch ohne Corona schon starken Belastungen ausgesetzt war.“

In den Erläuterungen präsentierten die Fachkräfte dann wissenschaftliche Erkenntnisse über die Belastungen, unterfüttert mit persönlichen Erfahrungen aus dem Berufsalltag: „Es ist zum Teil enorm, welche Überforderung wir sehen. Es gibt Kinder, die weichen den Erzieherinnen und Erziehern nicht von der Seite“, führte beispielsweise Teller an. Die Zahl der psychisch belasteten Kinder habe sich durch die Pandemie von 20 auf 30 Prozent erhöht.

Heidrun Vogel hob wiederum den Personalmangel nicht nur in Kindertagesstätten, sondern auch im Bereich der Therapieplätze hervor: „Kinder brauchen insbesondere große Zuwendung und eine feste Bindung. Die dafür notwendige Zuwendung kann in den Einrichtungen aber nicht mehr immer sichergestellt werden.“ Es fehlten deutschlandweit weit über 170.000 Fachkräfte. Hinzu käme ein hoher Krankenstand aufgrund der Belastungen. Illustriert wurde die Problematik dann von Anja Delitz anhand eines Fallbeispiels. Insbesondere Kinder, die einen erhöhten Förderbedarf hätten, so der Tenor, kämen derzeit eindeutig zu kurz. „Es gibt Probleme mit der Empathie, oft ist dabei erhöhter Medienkonsum eine Ursache. Es gibt deshalb Kinder, die das System Kindertagesstätte sprengen, so dass im Extremfall auch schon Kindergartenplätze gekündigt wurden.“ Solche Kinder müssten dann natürlich in anderen Einrichtungen versorgt werden. Wenn sie zu Hause blieben, wäre das fatal für die Weiterentwicklung. Teller, Vogel und Delitz kritisierten entsprechend geplante Erhöhungen der Gruppengrößen und den Mangel an Plätzen in spezialisierten Einrichtungen.

In der anschließenden, lebhaften Diskussion dankten die Ausschussmitglieder zunächst den Erzieherinnen und Erzieher für das große Engagement während der Pandemie. Auch viele Eltern hätten sich sehr gut eingebracht. Kreisrat Jens Wittmann (CDU) verwies allerdings darauf, dass das Land aktuell mit einer Ausnahmeregelung größere Gruppen bereits zugelassen habe. Aus Sicht der Träger sei dies auch notwendig, um die aktuelle Nachfrage zu decken: „Man muss die Gruppenstärke mit Augenmaß erhöhen“, sagte der Fahrenbacher Bürgermeister. Auch Landrat Brötel erklärte mit Blick auf die Versorgung ukrainischer Kinder, dass kleinere Gruppengrößen derzeit leider nicht realistisch seien. Kreisrat Timo Riedinger (Grüne) fragte nach möglichen Strategien, um den Herausforderungen zu begegnen. Ein Mittel sei beispielsweise, so die Antwort der Fachkräfte, die jeweilige Leitung der Einrichtungen konsequent zu stärken.

Zudem hatte der Ausschuss darüber zu entscheiden, ob es auch weiterhin eine „Frühe Hilfen-Lotsin“ an den Neckar-Odenwald-Kliniken geben solle. Aus diesem Grund stellte die Leiterin der Beratungsstelle für Kinderschutz beim Landratsamt, Melanie Arnold, zusammen mit der aktuellen Stelleninhaberin Tanja Blaha das Projekt vor. „Die „Frühe Hilfen-Lotsin“ ist ein niederschwelliges und unmittelbares Angebot an die Wöchnerinnen in Kooperation mit den Neckar-Odenwald-Kliniken“, sagte Arnold. Familien würden so noch auf der Geburtsstation über die verschiedenen Angebote im Landkreis informiert und wenn nötig in passgenaue Hilfen vermittelt. Dies sei ein „primärpräventiver Ansatz ohne Stigmatisierung“. Durch die enge Vernetzung der Frühen Hilfen mit anderen Unterstützungssystemen könnten Notlagen vermieden und Ressourcen geschont werden, ergänzte Blaha. Die gesetzliche Grundlage sei das Bundeskinderschutzgesetz, in dem die Frühen Hilfen, aber auch der Informationsanspruch der Eltern über regionale Unterstützungsmaßnahmen geregelt seien. „Wir erreichen aktuell 83 Prozent der Wöchnerinnen und vermitteln in rund fünf Prozent weitere Hilfen. Statistisch geht man davon aus, dass etwa vier bis fünf Prozent der Kinder in prekären Lebenslagen aufwachsen. Die Abdeckung der Frühe Hilfen-Lotsin ist somit wichtiger Grundstein in der präventiven Kinderschutzarbeit“, fassten Arnold und Blaha zusammen.

Der Vorschlag der Verwaltung zielte deshalb darauf ab, die bisher projektbezogene Tätigkeit dauerhaft zu unterstützen, zumal Tanja Blaha sowohl als Kinderkrankenpflegerin auf der Station als auch als Frühe Hilfen-Lotsin und als Gesundheitsfachkraft in den Frühen Hilfen arbeitet. Landrat Brötel unterstrich den großen Effekt dieses Projekts und warb für eine Verstetigung. Diese Meinung wurde von den Ausschussmitgliedern geteilt, die einstimmig dem Kreistag empfohlen, die notwendigen Haushaltsmittel in Höhe von rund 20.000 Euro für die Jahre 2023 und 2024 vorzusehen.

Für die Bereitstellung der Mehrzweckhalle dankte Landrat Brötel abschließend Bürgermeister Ralph Matousek, der die Ausschussmitglieder eingangs begrüßt hatte.

Quelle :neckar-odenwald-kreis.de

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