Köln (ots)
Das Gegenteil von Kunst, wusste Gottfried Benn, ist gut gemeint. Das gilt auch für die Kunst des Politischen. Beispiel eines gut gemeinten Kunstfehlers ist die Gasumlage.
Nun ist es ein billiges Spiel, wenn Sozialdemokraten und Liberale auf den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck eindreschen. SPD-Chefin Saskia Esken droht ihrer Regierung sogar mit einer Niederlage im Bundestag. Eine Koalition, die nach einem knappen Jahr schon so weit ist, sollte nochmal von vorn beginnen, denn politische Kunst ist Teamarbeit. Das betrifft auch die Kunstfehler.
Zur Umsatzsteuerfrage hätte Finanzminister Christian Lindner rechtzeitig etwas beitragen können. Und ist für die Sozialpolitik nicht Hubertus Heil von der SPD verantwortlich? In Habecks Ressort fällt allerdings das Wettbewerbsrecht. Es ist nicht zu vermeiden, dass bei so einer Umlage auch profitable Unternehmen bedacht werden. Denn sonst würden Firmen wie Uniper, die mit ihrer Russland-Ausrichtung ein Klumpenrisiko eingegangen sind, besser behandelt als andere, die Risiken vernünftig streuen und nun als Trittbrettfahrer gelten. Vielleicht hätte man eine andere Konstruktion finden können – aber dazu fehlte die Zeit.
Das Entstehen dieses Zeitdrucks ist der eigentliche Skandal. Ein Kanzler, der sich von Wladimir Putin einwickeln ließ und Nord Stream 2 für ein privatwirtschaftliches Projekt hielt. Und ja, ein Wirtschaftsminister, der noch nach dem Massaker von Butscha über möglicherweise sinkende Gaspreise sprach. Selbst da hat die Regierung die Entschlossenheit der russischen Führung noch unterschätzt – und muss jetzt überstürzt auf die wirtschaftlichen Folgen reagieren. Wenigstens das hätte sich vermeiden lassen.
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