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Festsetzung der geschlossenen Bauweise, „seitliche“ Grenzen bei Eckgrundstücken
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Bei Eckgrundstücken ist im Regelfall für die Beurteilung einer Grundstücksgrenze als „seitliche“ i.S.d. § 22 Abs. 3 BauNVO die Sichtweise von allen an das Grundstück angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen maßgeblich. Ausnahmen kommen nur dann ernstlich in Betracht, wenn der Bebauungsplan deutliche Indizien für das Gegenteil enthält (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Beschl. v. 20.12.2019 – 1 ME 134/19 -, BauR 2020, 624 = NVwZ-RR 2020, 429 = juris; Urt. v. 16.3.2022 – 1 LB 115/21 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen).
OVG Lüneburg 1. Senat,
Beschluss vom
30.03.2022, 1 LA 163/21, ECLI:DE:OVGNI:2022:0330.1LA163.21.00
§ 22 Abs 3 BauNVO
Verfahrensgang
vorgehend VG Osnabrück, 7. Oktober 2021, Az: 2 A 12/20, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück – 2. Kammer (Einzelrichter) – vom 7. Oktober 2021 wird abgelehnt.
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Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
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Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.
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Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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I.
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Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Umbau und zur Nutzungsänderung eines Gebäudes als Pizzeria.
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Das Grundstück des Klägers F. und das Vorhabengrundstück G. liegen in der Innenstadt von A-Stadt an der Nordseite der H.. Östlich des Vorhabengrundstücks führt ein stark ansteigender, teils als Treppe angelegter Fußweg – die I. – zur nördlichen Parallelstraße der H., der Straße J.. Das Vorhabengrundstück war ursprünglich in seinem südlichen Teil mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut; ein an der breitesten Stelle gut 4 m breiter Streifen im Norden war unbebaut. Das ebenfalls an der Südseite bebaute Grundstück des Klägers reicht etwas weiter nach Norden als das Vorhabengrundstück und umschließt dessen Nordgrenze mit einem etwa 2 m breiten, an die I. heranreichenden Zwickel.
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Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 49 „J.“ der Stadt A-Stadt, der dort ein Kerngebiet mit einer Grundflächenzahl (GFZ) von 1,0, einer Geschossflächenzahl von 1,6 und geschlossener Bauweise festsetzt. Ein Baufenster wird auf beiden Grundstücken sowie den westlichen Nachbargrundstücken durch Baulinien und durch Baugrenzen gebildet.
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Zur Erschließungssituation heißt es in der Planbegründung:
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„Die Erschließung der Grundstücke erfolgt über die K. und H., der Gebäude J. Nr. 1 bis 4 über das Grundstück des Eigentümers dieser Gebäude […]
Im Plangebiet sind folgende Stiegen als Fußwegquerverbindungen vorhanden:
[…]
12.2 I. (Verbindung Herrenberg – H.)“
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Unter dem 19. September 2017 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die – am 8. November 2018 um eine hier nicht relevante Nachtragsgenehmigung ergänzte – Baugenehmigung zum Umbau und zur Nutzungsänderung des auf dem Vorhabengrundstück errichteten Wohnhauses zu einer Pizzeria. Der bestehende Gebäudekubus soll im Norden um einen bis an die nördliche Grundstücksgrenze reichenden Anbau ergänzt werden, dessen Obergeschoss aufgrund der Hanglage an dieser Stelle ebenerdig begehbar ist. Die Nordwand von Ober- und Dachgeschoss soll vollständig verglast werden.
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Auf den hiergegen gerichteten Eilantrag des Klägers hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des erhobenen Widerspruchs gegen die – dem Kläger nicht bekannt gegebene – Genehmigung mit Beschluss vom 4. Oktober 2019 angeordnet (2 B 15/19). Auf die hiergegen erhobene Beschwerde des Beklagten und des Beigeladenen hat der Senat den Beschluss geändert und den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 19. Dezember 2019 abgelehnt (1 ME 134/19). Zur Begründung hat der Senat unter anderem ausgeführt, ein Verstoß gegen Grenzabstandsvorschriften liege nicht vor, da die rückwärtige Grundstücksgrenze ebenfalls eine „seitliche“ Grenze i.S.d. § 22 Abs. 3 BauNVO sein dürfte. Maßgeblich sei die Sichtweise von allen an das Grundstück angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen, hier mithin auch von der I.. Der Bebauungsplan enthalte keine Indizien für eine gegenteilige Beurteilung. Vielmehr sprächen mehrere Indizien, wie beispielsweise die festgesetzten Baulinien entlang der H. und I. sowie die Festsetzung einer GFZ von 1,0, dafür, dass der Plangeber die Festsetzung der geschlossenen Bauweise auch für die Blickrichtung von der I. aus gewollt habe. Das Vorhaben erweise sich auch nicht als rücksichtslos.
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Die nach Zurückweisung des Widerspruchs vom Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 7. Oktober 2021 abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen den Ausführungen des Senats in dem Beschwerdeverfahren angeschlossen. Das Verwaltungsgericht vermöge zwar anders als der Senat in der Planzeichnung an der nordöstlichen, abknickenden Grenze des Vorhabengrundstücks zur I. eher eine Baugrenze als eine Baulinie zu erkennen. Dies lasse sich aber nicht mit letzter Gewissheit sagen, da der weitere Verlauf der zeichnerischen Festsetzung durch einen Eckpunkt der Flurstücksgrenzen überlagert werde. Die verbleibenden Zweifel hätten indes nicht zur Folge, dass der Bebauungsplan mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam sei. Denn es verbleibe – auch wenn es sich um eine Baugrenze handeln sollte – bei den übrigen vom Senat benannten Indizien, die belegten, dass die nördliche Grundstücksgrenze eine „seitliche“ Grenze darstelle und daher grenzständig bebaubar sei. Für die Grenzbebaubarkeit komme es nicht darauf an, ob es sich um eine Baugrenze oder um eine Baulinie handele. Hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots schließe sich das Gericht den Ausführungen des Senats in dem vorangegangenen Eilverfahren an.
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II.
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Der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Maßgebend für die Prüfung des Senats sind allein die innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Diese rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
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1.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind dann dargelegt, wenn es dem Rechtsmittelführer gelingt, wenigstens einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des verwal-tungsgerichtlichen Urteils mit plausiblen Gegenargumenten derart in Frage zu stellen, dass sich hierdurch am Entscheidungsergebnis etwas ändern könnte. Dies ist dem Kläger nicht gelungen.
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Der Kläger rügt, die Auslegung des Bebauungsplans durch das Verwaltungsgericht unterliege ernstlichen Zweifeln, was sich schon aus dem gerichtlichen Hinweis des Senats vom 11. Dezember 2019 im Eilverfahren 1 ME 134/19 ergebe, denn hieraus folge, dass die Auslegung des Bebauungsplans kompliziert und zweifelhaft sei und auch zu seinen Gunsten ausfallen könne. Hiermit zeigt der Kläger ernstliche Zweifel nicht auf. Dass der Berichterstatter des Senats nach vorläufiger Aktensichtung in der benannten Verfügung unter anderem darauf hingewiesen hat, dass die Rechtslage, die von der Bewertung widerstreitender Indizien im Rahmen der Auslegung des Bebauungsplans Nr. 49 abhängen dürfte, keinem der Beteiligten einen „sicheren Sieg“ verspreche, weshalb die Durchführung eines Mediationsverfahrens, auch vor dem Hintergrund der bestehende nachbarschaftlichen Beziehung, angeregt werde, hat nicht zur Folge, dass das Ergebnis einer nachfolgenden vertieften Befassung mit der Sache zwingend ernstlichen Zweifel unterliegen müsste.
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Soweit der Kläger anführt, es handele sich entgegen der vom Verwaltungsgericht geteilten Annahme des Senats im Eilverfahren um eine hintere und nicht um eine seitliche Grundstücksgrenze, da bereits die Regelannahme des Senats, bei Eckgrundstücken seien grundsätzlich alle Grundstücksgrenzen seitliche, falsch sei, eine solche Annahme hier aber zumindest entkräftet sei, da der städtebauliche Zweck der geschlossenen Bauweise, nämlich die Entstehung geschlossener Gebäudefronten, nur in Bezug auf die H. als Erschließungsstraße, nicht hingegen auch auf die I. verfolgt worden sei, folgen auch hieraus keine ernstliche Zweifel. Der Senat hat erst jüngst seine im Eilverfahren 1 ME 134/19 begründete Auffassung, dass bei Eckgrundstücken im Regelfall für die Beurteilung einer Grundstücksgrenze als „seitliche“ i.S.d. § 22 Abs. 3 BauNVO die Sichtweise von allen an das Grundstück angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen maßgeblich ist und Ausnahmen nur dann ernstlich in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan deutliche Indizien für das Gegenteil enthält, bekräftigt (Urt. v. 16.3.2022 – 1 LB 115/21 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Gründe für ein Abrücken von dieser Auffassung zeigt der Kläger mit seinem pauschalen Einwand, dies könne allenfalls gelten, wenn den jeweiligen Verkehrsflächen zumindest auch eine Erschließungsfunktion, zumindest als Zweiterschließung zukomme, was bei der I. nicht der Fall sei, nicht auf, denn auf eine Erschließungsfunktion kommt es gerade nicht an; sie hat mit der Zielrichtung der Festsetzungen zur Bauweise schlicht nichts zu tun. Eine „natürliche Sichtweise“, nach der ein Grundstück nur von der Seite her betrachtet würde, auf der seine Zufahrt liege, gibt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Im Gegenteil ist – sofern nicht im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für einen abweichenden planerischen Willen bestehen – im Regelfall davon auszugehen, dass die planerische Grundentscheidung für eine geschlossene Gebäudefront mit Blick auf alle angrenzenden Straßen und Wege gilt. Denn von diesen Straßen und Wegen aus kann das Gebäude wahrgenommen werden, sodass die städtebauliche Intention grundsätzlich Geltung beansprucht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf die Ausführungen im gerichtlichen Eilbeschluss vom 19. Dezember 2019 (1 ME 134/19, Beschlussabdruck – BA – S. 4/5) verwiesen, an denen der Senat weiter festhält.
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Diese Regelannahme ist vorliegend auch nicht entkräftet; der Bebauungsplan enthält keine deutlichen Indizien für das Gegenteil. Dass die I. selbst keine Erschließungsfunktion haben mag, ist, wie ausgeführt, nur ein schwaches Indiz für die gegenteilige Auffassung des Klägers. Demgegenüber sprechen aber zugleich mehrere Indizien für die Annahme, dass der Plangeber die Festsetzung der geschlossenen Bauweise auch für die Blickrichtung von der I. aus gewollt hat.
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Der Senat bleibt insoweit bei seiner bereits im Eilverfahren dargelegten Auffassung, dass der Plangeber mit der I. nicht nur eine Zäsur rückwärtiger Grundstücksbereiche gewollt, sondern diese als städtebaulich relevanten Blickpunkt behandelt hat. Entgegen dem Zulassungsvorbringen zeigt sich dies gerade in der Textstelle auf Seite 5 der Planbegründung, wenn darin ein Modernisierungsbedarf der Nordfassade des Vorgängerbaus „aus dem Blickwinkel der I.“ betont wird. Der Kläger geht zwar Recht in der Annahme, dass die Nordfassade nicht mehr sichtbar wäre, wenn sie durch eine grenzständige Bebauung auf dem Nachbargrundstück vollständig zugebaut würde. Mit einem derartigen „Zubauen“ konnte der Plangeber aber nicht ernsthaft rechnen, denn der bebaubare Bereich des Klägergrundstücks nördlich des Vorhabengrundstücks ist nur ca. 2 m breit und damit auch ohne Grenzabstand kaum baulich nutzbar.
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Dass der Plangeber mit seinen Festsetzungen nur der Bestandsbebauung Rechnung tragen wollte, liegt entgegen dem Vorbringen des Klägers fern, denn gerade auf dem Vorhabengrundstück ermöglichen die getroffenen Festsetzungen, namentlich die festgesetzte Grundflächenzahl sowie die Baugrenzen und -linien, eine über die damalige Bestandsbebauung hinausgehende bauliche Ausnutzung.
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Mit seinem Einwand, der Plangeber habe eine geschlossene Gebäudefront entlang der I. nicht gewollt, wie die Festsetzung der offenen Bauweise bzw. einer Parkplatzfläche für den nördlichen Teil der I. belege, wiederholt der Kläger letztlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts in seinem Eilbeschluss vom 4. Oktober 2019 (2 B 15/19, BA S. 14). Mit diesen Erwägungen hat sich der Senat bereits im Beschwerdeverfahren auseinandergesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen im Beschluss vom 19. Dezember 2019 (BA S. 6) verwiesen; hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens weiterhin fest. Nur ergänzend ist anzumerken, dass das Grundstück J. 1 höher liegt; schon deshalb wäre eine geschlossene Front entlang der gesamten Westseite der I. nicht realisierbar gewesen. Auch das spricht dafür, die Regelungen des Plans zur Bebauung entlang der Straße J. nicht zur Auslegung der für den niedriger gelegenen Bereich entlang der H. heranzuziehen.
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Soweit der Kläger einwendet, ohne jeden Anknüpfungspunkt seien die – vom Verwaltungsgericht geteilten – Erwägungen des Senats, mit der Festsetzung der Bauweise solle das Vorhabengrundstück ohne die Notwendigkeit einer Abstandsflächenbaulast in den Genuss einer Nachverdichtung im Sinne einer GFZ von 1,0 kommen; es seien indes keine Gesichtspunkte erkennbar, warum die Ausnutzung der GFZ von 1,0 grundsätzlich ohne die Bestellung von Abstandsflächenbaulasten möglich sein müsse oder gewollt sei, verkennt er, dass eine GFZ von 1,0 regelmäßig auf die Absicht, eine stark verdichtete Bebauung herbeizuführen, schließen lässt. Wo sich die Einhaltung der Vorgaben des § 5 Abs. 1 und 2 NBauO nur um den Preis eines doppelten Grenzabstandes auf dem ebenfalls mit einer GFZ von 1,0 belegten Nachbargrundstück – darauf läuft die Bestellung einer Abstandsbaulast hinaus – vermeiden lässt, ist eine solche Verdichtung kaum erreichbar. Es ist sicher möglich, aber gerade bei wie hier relativ kleinen Grundstücken nicht sinnvoll, sie mit weitreichenden Pflichten zur Beachtung von Grenzabständen zu kombinieren. Das macht es, wie der Senat im Beschluss vom 19. Dezember 2019 ausgeführt hat, wahrscheinlich, dass die gleichzeitige Festsetzung einer geschlossenen Bauweise eher weit zu interpretieren ist und bei Eckgrundstücken alle seitlichen Grundstücksgrenzen erfassen soll.
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Die Ansicht des Klägers, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der Festsetzung im nordöstlichen Bereich des Vorhabengrundstücks als Baugrenze statt einer Baulinie sei ein Beleg dafür, dass die nördliche Grenze eine hintere sei, teilt der Senat nicht. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der Festsetzung um eine Baulinie oder aber um eine Baugrenze handelt (dazu sogleich), hat der Senat die Annahme einer Baulinie im Eilverfahren nur als ein Indiz von mehreren zum Beleg dafür herangezogen, dass die Gemeinde die Festsetzung der geschlossenen Bauweise auch für die Blickrichtung von der I. aus gewollt hat. Selbst bei Annahme einer Baugrenze würde sich am Entscheidungsergebnis nichts ändern. Gerade die weiteren Indizien treten der Regelannahme zur Seite und sprechen in ihrer Zusammenschau gegen die Annahme, dass sich die geschlossene Bauweise ausschließlich auf die Gebäudefront entlang der H. beziehen sollte.
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Soweit der Kläger hilfsweise geltend macht, der Bebauungsplan sei nicht hinreichend bestimmt, was seine Gesamtunwirksamkeit zur Folge habe; im mithin unbeplanten Innenbereich sei das Vorhaben unzulässig, da die Bestandsbebauung eine geschlossene Bebauung nur entlang der H. aufweise, begründet dies keine ernstlichen Zweifel.
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Der Senat geht auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts und des Zulassungsvorbringens davon aus, dass es sich bei der Festsetzung an der nordöstlichen, abknickenden Grenze des Vorhabengrundstücks zur I. um eine Baulinie handelt. Dies lässt sich dem Bebauungsplan entgegen der Rüge des Klägers in hinreichender Weise entnehmen. Die Festsetzung ist zwar etwas unglücklich, da an dieser Stelle mehrere Planzeichen aufeinandertreffen und der eingezeichnete Eckpunkt der Flurstücksgrenzen (○) den weiteren Verlauf der Festsetzung in nordwestliche Richtung überlagert. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, nach dem Eckpunkt der Flurstücksgrenzen folge eine Linie, liegt aber nicht auf der Hand, denn die Flurstücksgrenze, bei der es sich um eine durchgezogene Linie handelt, sowie die graue Schraffur der Verkehrsfläche „I.“ verlaufen dort ebenfalls. Vielmehr ergibt sich durch Auslegung des Plans, dass es sich um eine Baulinie handelt.
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Bebauungspläne müssen wie andere Rechtsnormen die Rechtslage für die Betroffenen eindeutig erkennbar umschreiben. Dies gilt allgemein sowohl für die Planzeichnung als auch für die textlichen Festsetzungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich das erforderliche Maß der Konkretisierung von Festsetzungen eines Bebauungsplans danach, was nach den Verhältnissen des Einzelfalls (Planungsziele, örtliche Verhältnisse) für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist und dem Gebot gerechter Abwägung der konkret berührten privaten und öffentlichen Belange entspricht. Ob dagegen eine einzelne Formulierung eines Bebauungsplans dem Bestimmtheitserfordernis genügt, ist in aller Regel eine Frage der Auslegung des Plans im Einzelfall (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 24.1.1995 – 4 NB 3.95 -, BRS 57 Nr. 26 = BauR 1995, 662 = juris Rn. 3 m.w.N.; v. 23.4.1998 – 4 B 40.98 -, BRS 60 Nr. 178 = BauR 1998, 995 = juris Rn. 5). Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 14.12.1995 – 4 N 2.95 -, BRS 57 Nr. 57 = BauR 1996, 358 = juris Rn. 14). Dies ist hier der Fall.
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Die Auslegung ergibt, dass es sich bei der streitigen Festsetzung um eine Baulinie handelt. Die Festsetzung verläuft direkt auf der Flurstücksgrenze des Vorhabengrundstücks entlang der I.; Letztere wurde als öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt. Die Festsetzung einer Baugrenze, die bewirkt, dass Gebäude und Gebäudeteile diese Grenze nicht überschreiten dürfen (§ 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO), ist in diesem Bereich nicht sinnvoll, denn die Grenze, die bei einer Bebauung nicht überschritten werden darf, wird bereits durch den Verlauf der Grundstücksgrenze entlang der öffentlichen Verkehrsfläche festgelegt. Dass man nicht weiter als bis zu einer öffentlichen Verkehrsfläche bauen darf, ergibt sich bereits aus deren Zweckbestimmung; hierfür bedarf es der Festsetzung einer Baugrenze nicht. Einzig sinnvoll ist daher die Festsetzung einer Baulinie in diesem Bereich, die bewirkt, dass zukünftig auf dieser Linie gebaut werden muss (§ 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO).
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Aber selbst wenn man die Festsetzung – bei isolierter Betrachtung – als mehrdeutig und damit unbestimmt ansähe, würde hieraus eine für den Kläger günstigere Entscheidung nicht folgen. Anders als der Kläger meint, hätte dies nicht die Gesamtunwirksamkeit des Plans, sondern nur die Unwirksamkeit der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche im nordöstlichen Bereich des Vorhabengrundstücks zur Folge. Mängel einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führen dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen und Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Willen im Zweifel auch eine Satzung mit einem entsprechend eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013 – 4 BN 22.13 -, BRS 81 Nr. 77 = juris Rn. 3 m.w.N.; v. 22.1.2008 – 4 B 5.08 -, BRS 73 Nr. 22 = juris Rn. 8). Dies ist hier der Fall. Dass der restliche Plan auch ohne die streitige Festsetzung noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken kann, bedarf keiner vertieften Auseinandersetzung. Es ist auch anzunehmen, dass die Gemeinde in Kenntnis der Unwirksamkeit der Festsetzung in diesem Teilbereich nicht auf den gesamten Plan verzichtet hätte, sondern einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Denn Planungsanlass war unter anderem eine neue Nutzungsgestaltung und Neuordnung des gesamten Planbereichs. Hierzu aber war die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche auf der nordöstlich abknickenden Flurstücksgrenze des Vorhabengrundstücks kein derart zentrales Anliegen, dass mit diesem die gesamte Planung stünde oder fiele.
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Denkt man sich die Festsetzung an der nordöstlichen Grenze des Vorhabengrundstücks weg, ändert sich am Entscheidungsergebnis nichts. Denn dies hätte lediglich zur Folge, dass eine Baufläche an eine Verkehrsfläche grenzte. Im Übrigen verbliebe es bei den weiteren Planfestsetzungen, so insbesondere der Festsetzung der geschlossenen Bauweise, der GFZ von 1,0 und der Festsetzung der I. als öffentliche Verkehrsfläche.
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Soweit der Kläger gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben lasse nicht die gebotene Rücksicht vermissen, einwendet, es entstehe eine „Gefängnishofsituation“, da der schmale Streifen seines Grundstücks sehr wohl als Garten nutzbar sei und als solcher auch genutzt werde, begründet dies keine ernstlichen Zweifel. Hierzu hat der Senat in seinem Eilbeschluss vom 19. Dezember 2019 (BA S. 7) bereits ausgeführt, dass sich dieser Grundstückszipfel schon aufgrund seiner Lage kaum als Außenwohnbereich eignet. Hieran hält der Senat weiterhin fest. Dass der Kläger dort zwischenzeitlich einen Tisch und einen Stuhl (siehe Lichtbilder Bl. 55/56 Gerichtsakte) platziert hat, ändert daran nichts, zumal sein Grundstück nach den von ihm im gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorgelegten Lageplänen und Lichtbildern über weitere Freiflächen im rückwärtigen Bereich verfügt, die als Außenwohnbereiche nutzbar wären.
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2.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen weist die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der konkret zu entscheidende Fall hebt sich weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht von „normalen“ verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten deutlich ab. Dass die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche im nordöstlichen Bereich des Vorhabengrundstücks vom Verwaltungsgericht und vom Senat unterschiedlich ausgelegt werden, begründet keine besonderen Schwierigkeiten. Auch der Begründungsaufwand der erstinstanzlichen Entscheidung ist kein Indiz für besondere Schwierigkeiten (vgl. hierzu u.a. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 = DVBl 2000, 1458 = juris Rn. 17), denn die Entscheidung übersteigt weder in ihrer Länge den „gewöhnlichen Rahmen“ noch weist sie einen ungewöhnlich hohen Prüfungsaufwand auf.
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3.
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Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Maßgeblich für den Ausgang dieses Rechtsstreits ist die Auslegung des Bebauungsplans, mithin eine Frage des Einzelfalls, die sich einer grundsätzlichen Klärung entzieht.
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4.
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Der Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Soweit der Kläger rügt, die Entscheidung weiche von der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 4. Oktober 2007 ab, kommt es hierauf nicht an, denn ein Abweichen von Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe begründet keine Divergenzberufung (vgl. nur Roth, in: Posser/Wolff, BeckOK, VwGO, 60. Ed. Stand: 1.1.2022, § 124 Rn. 65 m.w.N.).
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Ein Abweichen von Entscheidungen anderer Gerichte kann zwar die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen (vgl. u.a. BVerfG, Beschl. v. 26.1.1993 – 2 BvR 1058/92 -, NVwZ 1993, 465 = DVBl 1993, 315 = juris Rn. 14 ff.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 162). Der Senat hat jedoch bereits in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2019 im Eilverfahren ausgeführt, dass sich der vom VGH Baden-Württemberg zu beurteilende Bebauungsplan von dem hier vorliegenden Plan so maßgeblich unterschied, dass eine entscheidungserhebliche Abweichung nicht vorliegt; daran ist festzuhalten.
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5.
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Die Berufung ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, zuzulassen.
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Mit seinem Einwand, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts leide an einem Gehörsverstoß und verletze die Begründungspflicht, zeigt er einen Verfahrensfehler nicht auf. Der grundrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt von den Gerichten, das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 23.7.2003 – 2 BvR 624/01 -, NVwZ-RR 2004, 3 = DÖD 2003, 291 = juris Rn. 16 f. 17). Dies ist nicht der Fall. Dass das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers, insbesondere seine Auseinandersetzung mit dem Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2019 (1 ME 134/19), zur Kenntnis genommen hat, wird bereits aus dem Tatbestand des Urteils (dort S. 7/8) deutlich. Keinen Gehörsverstoß begründet es, dass sich das Gericht im Rahmen der Entscheidungsgründe (überwiegend) den Ausführungen des Senats aus dem vorangegangenen Eilverfahren angeschlossen hat und den Einwendungen des Klägers nicht gefolgt ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht bereits dann verletzt, wenn das Gericht dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 5.7.2009 – 5 B 80.08 -, juris Rn. 8 m.w.N.).
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil er sich zur Sache geäußert und durch Antragstellung einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
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Die Streitwertfestsetzung, die der Festsetzung des Verwaltungsgerichts folgt, beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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