Die Abgrenzung zur nicht vom Anspruch nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII umfassten Ganztagsbetreuung könnte zwar möglicherweise nahelegen, dass eine halbtägige Betreuung im Umfang von mindestens vier Stunden, wie sie in § 7 Abs. 4 Satz 1 NKiTaG geregelt ist, ausreichend sein könnte (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 19.12.2018 – 10 ME 395/18 –, juris Rn. 5, in dem der Senat die Frage, ob der Betreuungsanspruch 4 oder 6 Stunden beträgt, noch hat dahinstehen lassen). Allerdings berücksichtigt diese Betrachtungsweise nicht hinreichend § 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, wonach die Tageseinrichtungen den Eltern dabei helfen sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Zwar bleiben Eltern für die Betreuung ihrer Kinder (vorrangig) verantwortlich und müssen darauf auch bei ihrer Berufsausübung Rücksicht nehmen. Eine lediglich 4-stündige Betreuung mit Regelöffnungszeiten von 8 bis 12 Uhr entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die der Arbeitsmarkt an die Beschäftigten stellt, weil sie unter Berücksichtigung der hinzuzurechnenden Wegezeiten vom Kindergarten zur Arbeitsstätte und von dieser zurück zum Kindergarten sowie der Zeit für die Abholung des Kindes noch nicht einmal eine Berufstätigkeit im Umfang der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ermöglicht. Unter Berücksichtigung dieser in den meisten Familien, in denen ein Elternteil in Vollzeit und der andere Elternteil zumindest in Teilzeit arbeitet, sowie insbesondere bei Alleinerziehenden, die sich den Weg zur Kindertagesstätte nicht mit einem Partner teilen können, vorzufindenden Lebensrealität kann keine Rede (mehr) davon sein, dass eine lediglich 4-stündige Betreuung den Eltern dabei hilft, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können, wie dies § 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII für die Betreuung in Tageseinrichtungen als Zielvorgabe fordert. Nach der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung hält der Senat daher eine Mindestbetreuungszeit von 6 Stunden an 5 Tagen in der Woche für erforderlich, um dieser bundesrechtlichen Vorgabe zu entsprechen (so auch VG Göttingen, Beschluss vom 21.7.2021 – 2 B 122/21 –, juris 1. Leitsatz und Rn. 9, und die Kommentarliteratur: Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 58; Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 24 Rn. 34; Fischer in Schellhorn u.a., SGB VIII, 5. Aufl. 2017, § 24 Rn. 27; Etzold in beck-online Grosskommentar zum SGB VIII, Stand: 1.9.2021, § 24 Rn. 49), woraus folgt, dass auch der Förderungsanspruch nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII in diesem Umfang besteht. Eine Differenzierung zwischen berufstätigen und nicht berufstätigen Eltern hat dabei nicht zu erfolgen, da der Absatz 3 des § 24 SGB VIII im Unterschied zu den Absätzen 2 und 4 nicht auf Absatz 1 Satz 3, wonach der Umfang der täglichen Förderung sich nach dem individuellen Bedarf richtet, Bezug nimmt, sondern lediglich bei (über den regelmäßigen Bedarf hinausgehenden) besonderem Bedarf oder ergänzend die Förderung in Kindertagespflege nach § 24 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII vorsieht.
Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de