Vergleichbar konkrete Bestimmungen zur Ausfüllung des Begriffs „ungeeignet“ i. S. d. § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB bestehen nicht. Ausgehend von der o. a. Grundannahme, dass der in § 69 StGB verwendete Begriff der Ungeeignetheit inhaltlich mit demselben in den einschlägigen Vorschriften des Straßenverkehrs- und Fahrerlaubnisrechts verwendeten Begriff übereinstimmt, ist anerkannt, dass von diesem Begriff grundsätzlich auch körperliche „Mängel“ eingeschlossen sind (vgl. nur Fischer, StGB, 68. Aufl., § 69, Rn. 15, 17). Allerdings wird dieser Ausgangspunkt in zweifacher Hinsicht relativiert (vgl. König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., § 69 StGB, Rn. 11 f.; Kretschmer, in: MüKoStVR, 1. Aufl., StGB, § 69, Rn. 36 – 38, jeweils m. w. N.): materiellrechtlich mit dem Verweis darauf, dass i. S. d. § 69 StGB nur eine in der Straftat zum Ausdruck kommende fehlende Eignung relevant ist und verfahrensrechtlich mit dem Verweis darauf, dass im Strafverfahren keine Rechtsgrundlage für die Einholung einer MPU vorhanden sei (a. A.: v. Heintschel-Heinegg/Huber in: MüKoStGB, 4. Aufl., § 69, Rn. 81, sowie zumindest für eine „private MPU“ im Strafverfahren Hillmann, DAR 2012, 231; 2013, 119), vielmehr § 69 StGB die für die Eignungsbeurteilung erforderliche Sachkunde grundsätzlich dem Tatrichter zuweise (vgl. Fischer, a. a. O., Rn. 14 unter Verweis auf die „ständige Rechtsprechung“). Dieser – im Vergleich zu den o. a. verwaltungsrechtlich maßgebenden Normen – unterschiedliche Ansatz wirkt sich regelmäßig nicht entscheidungserheblich aus, soweit bezogen insbesondere auf eine Trunkenheitsfahrt i. S. d. § 69 Abs. 2 Nr. 2 StVG von einem Regelfall der Ungeeignetheit ausgegangen wird (vgl. Geiger, DAR 2013, 231). Relevant wird er aber hinsichtlich der Voraussetzungen für die Annahme eines – hier vom Strafrichter bejahten – Ausnahmefalls i. S. d. § 69 Abs. 2 StVG. Soweit in der Rechtsprechung angenommen wird, der Strafrichter könne, etwa unter Bezug auf die Teilnahme an (anerkannten) Nachschulungskursen, selbst bei Betroffenen mit einer BAK von mehr als drei Promille ohne medizinische Feststellungen eine Wiedererlangung der Kraftfahreignung bejahen (vgl. Himmelreich, NZV 2005, 337 ff., Hentschel/Krumm, Fahrerlaubnis/Alkohol/Drogen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 6. Aufl., Rn. 114 f., jeweils m. w. N.) und deshalb von der Entziehung der Fahrerlaubnis absehen, steht dies nicht nur im Widerspruch zu den zitierten Bestimmungen in der FeV, sondern auch zu den – nach der Anlage 4a zur FeV der verwaltungsrechtlichen Eignungsbeurteilung zugrunde zu legenden wissenschaftlichen Erkenntnissen in den – Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung. Danach (vgl. Nr. 3.13) liegt nämlich bei Personen, die – wie hier der Antragsteller (sogar schon im sehr jungen Alter) – ohne gravierende Ausfallerscheinungen eine BAK über 1,6 Promille erreichen, eine massive Alkoholtoleranz mit der Folge vor, dass eine Punktnüchternheit nur ausnahmsweise erfolgsversprechend ist. Vielmehr ist eine dauerhafte Abstinenz zu fordern und dementsprechend – neben dem Ausschluss von alkoholbedingten verkehrsrelevanten Leistungs- und Funktionsbeeinträchtigungen – zu prüfen; eine rein „charakterliche“ Eignungsprognose ist dann unzureichend (vgl. aber Böse, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 69, Fn. 15 a. E., wonach die nachgewiesene Alkoholabstinenz des Täters über einen längeren Zeitraum ein Indiz dafür sei, dass ein charakterlicher Mangel nicht mehr gegeben sei). Ob damit eine Verneinung der mangelnden Kraftfahreignung in den Fällen des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB/§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) (Alt. 1) FeV ohne entsprechende Feststellungen zum körperlichen Zustand des Betroffenen und zu seiner Abstinenz strafrechtlich richtig ist (zweifelnd der schon vom Verwaltungsgericht zitierte Senatsbeschl. v. 16.11.2021 – 12 ME 152/21 -), mag dahin stehen. Jedenfalls entzieht eine solche von den verwaltungsgerichtlichen Vorgaben divergierende strafgerichtliche Rechtsprechung dann die Grundlage für die Annahme der Bindungswirkung nach § 3 Abs. 4 StVG. Damit soll (nämlich) verhindert werden, dass derselbe einer Eignungsbeurteilung zugrundeliegende Sachverhalt unterschiedlich „doppelt“ und widersprechend bewertet wird; die Beurteilung durch den Strafrichter soll (nur) in diesen Fällen den Vorrang haben. Die Bindungswirkung von § 3 Abs. 4 StVG erstreckt sich auf den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist; erfasst wird nicht nur die Tat im Sinne des sachlichen Strafrechts, sondern der gesamte Vorgang, auf den sich die Untersuchung erstreckt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.6.2012 – 3 C 30/11 -, juris, Rn. 36). Erstreckt sich die strafgerichtliche Untersuchung (nach § 69 StGB) aber nur auf einen Teil des Vorgangs, der verwaltungsrechtlich (nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) Alt. 1 FeV) zu beurteilen ist, so kommt der nur eingeschränkten strafgerichtlichen Beurteilung dann auch keine Bindungswirkung nach § 3 Abs. 4 StVG mehr zu (vgl. auch Kretschmer, a. a. O., Rn. 7, 39, wonach trotz Symptomtat verbleibende Eignungszweifel von der Fahrerlaubnisbehörde zu klären seien, da die Bindungswirkung insbesondere in den Fällen entfalle, in denen der Strafrichter die Fahrerlaubnis wegen Zweifeln an der Ungeeignetheit nicht entziehe und die Fahrerlaubnisbehörde alsdann zu „überlegenen“ Aufklärungsmitteln greife, zu denen die MPU gehöre). Denn die Verwaltungsbehörde ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wegen ihrer umfassenden Prüfungsbefugnis an eine strafrichterliche Eignungsbeurteilung nur dann und insoweit gebunden, als diese auf ausdrücklich in den schriftlichen Urteilsgründen getroffenen Feststellungen beruht und als die Behörde von demselben und nicht von einem anderen, umfassenderen Sachverhalt als das Strafgericht auszugehen hat (Beschl. v. 17.2.1994 – 11 B 152/93 -, juris, Rn. 3, m. w. N.)
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