a. Der Grundtatbestand in Halbsatz 1 des § 54 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG, der voraussetzt, dass „der Ausländer zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft“, schafft – ebenso wie die Vorgängervorschrift in § 55 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a und b AufenthG a.F. – nach dem gesetzgeberischen Willen eine Grundlage, sogenannte Hassprediger auszuweisen und damit „geistigen Brandstiftern“ möglichst frühzeitig und wirkungsvoll entgegenzutreten. Mit dieser Vorschrift sollen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Äußerungen und Handlungen erfasst werden, die das friedliche Zusammenleben im Bundesgebiet gefährden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 51). Die Störung muss aktuell sein, das heißt einen Bezug zur Gegenwart haben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.3.2012 – OVG 3 B 2.11 -, juris Rn. 25 (zu § 55 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a AufenthG a.F.)). Die Feststellungen dürfen nur auf einer fundierten und belastbaren Tatsachengrundlage getroffen werden; es bedarf einer trennscharfen Zuordnung von Fakten zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen. Als Anknüpfungspunkt für eine Ausweisung scheiden von vornherein Äußerungen aus, die (noch) durch die von Art. 5 GG verbürgte Meinungsfreiheit gedeckt sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.6.2005 – 2 BvR 485/05 -, juris Rn. 29 f. (zu § 55 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a AufenthG a.F.); OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20.5.2021 – 2 M 25/21 -, juris Rn. 21 f.; Hessischer VGH, Urt. v. 16.11.2011 – 6 A 907/11 -, juris Rn. 50 jeweils m.w.N.). Der Aufruf zu Hass – als einer über emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinaus gesteigerten feindseligen Haltung – ist durch ein über bloßes Befürworten hinausgehendes, ausdrückliches oder konkludentes Einwirken auf andere mit dem Ziel gekennzeichnet, in diesen den Entschluss zu einem bestimmten Verhalten hervorzurufen (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 15.01.2013 – 1 A 202/06 -, juris Rn. 42; Fleuß, in: BeckOK Ausländerrecht, AufenthG, § 54 Rn. 123 (Stand: 1.4.2022)). Der Hass richtet sich „gegen Teile der Bevölkerung“, wenn eine in Deutschland lebende Bevölkerungsgruppe betroffen ist, die sich etwa nach ethnischen oder religiösen, sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Merkmalen von der übrigen Bevölkerung unterscheiden lässt und zahlenmäßig so erheblich ist, dass sie individuell nicht mehr überschaubar ist. Zielt die Äußerung auf Gruppen im Ausland, so kommt es darauf an, ob damit zugleich eine entsprechende Gruppe im Inland betroffen ist. Hetze gegen eine einzelne Person erfüllt den Tatbestand nicht, es sei denn, diese Person steht symbolisch für eine bestimmte Gruppe. Staaten, Regierungen und sonstige Institutionen als solche bilden keine Bevölkerungsteile und sind somit keine tauglichen Angriffsobjekte (vgl. Hessischer VGH, Urt. v. 16.11.2011 – 6 A 907/11 -, juris Rn. 45 f.; VG Freiburg, Urt. v. 2.7.2021 – 10 K 1661/19 -, juris Rn. 51; Fleuß, in: BeckOK Ausländerrecht, AufenthG, § 54 Rn. 124 (Stand: 1.4.2022) jeweils m.w.N.).
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