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Erledigungsgebühr bei einer Verpflichtungsklage
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Das Entstehen der Erledigungsgebühr nach Satz 2 der Nr. 1002 VV-RVG setzt eine anwaltliche Mitwirkung voraus.
OVG Lüneburg 14. Senat,
Beschluss vom
05.04.2022, 14 OA 119/22, ECLI:DE:OVGNI:2022:0405.14OA119.22.00
§ 2 Abs 2 RVG
Verfahrensgang
vorgehend VG Stade, 3. Januar 2022, Az: 4 A 722/21, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade – Berichterstatterin der 4. Kammer – vom 3. Januar 2022 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten um die Erstattungsfähigkeit einer Erledigungsgebühr.
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Der Kläger begehrte im Klageverfahren eine Vormittagsbetreuung in einer Kindertagesstätte. Nach Zustellung der Klage stellte die Beigeladene dem Kläger den gewünschten Platz zur Verfügung. Daraufhin erklärten die Beteiligten das Verfahren für erledigt und das Verwaltungsgericht stellte dieses mit Beschluss vom 22. Juli 2021 ein.
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Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 30. Juli 2021 hat der Kläger auch die Festsetzung einer Erledigungsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit der Nr. 1002 VV-RVG nebst anfallender Umsatzsteuer begehrt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts hat den Antrag des Klägers mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2021 insoweit abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung des Klägers gemäß §§ 165, 151 VwGO hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. Januar 2022 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 11. Januar 2022 mit dem Antrag,
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in Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses der Urkundsbeamtin vom 28. Oktober 2021 und des Beschlusses der Berichterstatterin vom 3. Januar 2022 auch die abgesetzte Erledigungsgebühr von 334,00 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer festzusetzen,
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Beschwerde eingelegt.
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II. Die gemäß §§ 165, 151 VwGO i.V.m. §§ 146 Abs. 1 und 3, 147 VwGO zulässige Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung von drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 11.6.2007 – 2 OA 433/07 -, juris Rn 2 ff.; und v. 24.9.2021 – 13 OA 362/21 -, juris Rn. 1), hat keinen Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger keine Erledigungsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. der Nr. 1002 VV-RVG nebst hierauf entfallender Umsatzsteuer beanspruchen kann. Diese Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (Satz 1). Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt (Satz 2).
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Dass das Verwaltungsgericht für den hier maßgeblichen Gebührentatbestand des Satzes 2 der Nr. 1002 VV-RVG eine anwaltliche Mitwirkung vorausgesetzt hat, hält der rechtlichen Überprüfung stand.
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Entgegen dem Beschwerdevorbringen des Klägers lässt sich nicht bereits dem Wortlaut der Regelung in Satz 2 der Nr. 1002 VV-RVG entnehmen, dass hier – anders als nach dem Wortlaut des Satzes 1 der Nr. 1002 VV-RVG – für das Anfallen einer Erledigungsgebühr eine anwaltliche Mitwirkung nicht erforderlich ist. Vielmehr knüpft Satz 2 ohne Einschränkung an die Regelung in Satz 1 an und ordnet dessen Geltung auch für den Fall an, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.12.2011 – 15 C 11.2050 -, juris Rn. 13). Dabei bezieht sich die Formulierung „Gleiches gilt“ nicht – wie der Kläger meint – eindeutig nur auf die angeordnete Rechtsfolge.
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Dies entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, wonach die Erledigungsgebühr der Nr. 1002 VV-RVG § 24 BRAGO entstamme und in Satz 2 nunmehr ausdrücklich der Fall erwähnt werde, in dem sich eine Verwaltungsangelegenheit durch den Erlass eines früher abgelehnten Verwaltungsakts erledige. Dies entspreche der in Rechtsprechung und Literatur bereits zu § 24 vertretenen Auffassung (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 11.11.2003, BT-Drs. 15/1971, S. 204). Dass gerade in diesem Fall auf das Erfordernis der Mitwirkung des Rechtsanwalts verzichtet werden sollte, ist aus der Gesetzesbegründung nicht zu schließen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.12.2011 – 15 C 11.2050 -, juris Rn. 13). Weder der in der Gesetzesbegründung zitierten Kommentarstelle (Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, Kommentar zur Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 14. Aufl., Rnr.4 zu § 24 BRAGO) noch der wiederum in dieser Kommentarstelle zitierten Rechtsprechung lässt sich entnehmen, dass eine anwaltliche Mitwirkung im Falle der Erledigung durch den Erlass des abgelehnten Verwaltungsaktes entbehrlich ist. Vielmehr wird nach der in der Kommentarstelle zitierten Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts für das Entstehen der Erfolgsgebühr nach § 24 BRAGO eine anwaltliche Mitwirkung auch im Falle der Erledigung durch den Erlass eines abgelehnten Verwaltungsakts vorausgesetzt (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.5.1960 – II OVG B 22/60 -, NJW 1960, 1782). Dort wird ausgeführt:
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„Die Anwendung des § 24 BRAGebO ist nicht auf die Anfechtungsklage im eigentlichen Sinne beschränkt, mit der nur die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsaktes erstrebt wird. Auch im Verfahren über eine Verpflichtungsklage, die auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes gerichtet ist, kann die Gebühr des § 24 BRAGebO entstehen; das folgt schon daraus, daß in der Regel – wie auch im vorliegenden Falle – zugleich die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes begehrt wird (Lauterbach. Kostengesetze, 14. Aufl. Erl. B zu § 24 BRAGebO). Im übrigen verlangt die Erledigungsgebühr ein zusätzliches, auf die außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits gerichtetes und für die Erledigung ursächlichen Tätigwerden des RA (vgl. für das Vorstehende: OVG Münster, Beschl. v. 30. 9. 1959 in NJW 60, 933; OVG Koblenz Beschl. v. 14. 12. 1959 in NJW 60, 934).“
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Es ist schwer nachzuvollziehen, dass der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund eine hiervon abweichende Regelung treffen wollte.
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Die Notwendigkeit einer anwaltlichen Mitwirkung ergibt sich schließlich auch aus dem Sinn und Zweck der Erledigungsgebühr. Als Erfolgsgebühr stellt sie ein Honorar für Prozessbevollmächtigte dar, die durch ihre Mitwirkung erreicht haben, dass eine streitige Entscheidung des Gerichts in der Sache nicht mehr ergehen muss. Mithin soll mit der Erledigungsgebühr die Entlastung der Gerichte und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens zwischen den Beteiligten ohne gerichtliche Sachentscheidung honoriert werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 7.1.2008 – 10 OA 250/07 -, juris Rn. 9, juris; hieran anschließend: BayVGH, Beschl. v. 16.12.2011 – 15 C 11.2050 -, juris Rn. 14; OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 17.12.2014 – OVG 6 K 128.14 -, juris Rn. 4). Dagegen ist kein sachlicher Grund ersichtlich und von dem Kläger auch nicht angeführt worden, weshalb eine anwaltliche Mitwirkung im Falle der Erledigung durch den Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes entbehrlich sein soll, im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsaktes hingegen nicht. Gerade vor dem Hintergrund, dass bei einer Verpflichtungsklage in der Regel zugleich die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes begehrt ist, ist dies nicht überzeugend (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.5.1960 – II OVG B 22/60 -, NJW 1960, 1782).
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An einer anwaltlichen Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten des Klägers bei der Erledigung des Rechtsstreits mangelt es hier. Dabei ist unter „anwaltlicher Mitwirkung“ an der Erledigung mehr als bloße Kausalität zu verstehen. Entsprechend ihrem Charakter als „Erfolgsgebühr“ entsteht die Erledigungsgebühr nur bei einer besonderen, nicht nur unwesentlichen und gerade auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichteten Tätigkeit des Rechtanwalts, die über die bereits mit der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV-RVG) abgegoltenen Leistungen der Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs sowie der Beratung des Mandanten zu einem verfahrensmäßig angemessenen Verhalten hinausgeht. Allein eine Mitwirkung daran, den Rechtsstreit nach einer Erledigung in der Sache nunmehr auch in prozessualer Hinsicht – durch Abgabe einer Erledigungserklärung – zu beenden, reicht nicht aus, weil dies keine Tätigkeit darstellt, die über die allgemeine Prozessführung hinausgeht und deshalb bereits durch die Verfahrensgebühr abgegolten ist (NdsOVG, Beschl. v. 8.7.2013 – 5 OA 137/13 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Daher ist auch die vom Kläger vorgebrachte Annahme, dass der Anwalt etwas dazu beigetragen habe, den Willensumschwung bei der Behörde zu bewirken, wenn diese den begehrten Verwaltungsakt erlässt, nicht überzeugend.
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Dies zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der Zuweisung des begehrten Betreuungsplatzes vorliegend keine besondere – über die Erhebung und Begründung der Klage hinausgehende – Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vorausgegangen war. Auch im Beschwerdeverfahren wird eine solche Mitwirkung nicht behauptet. Das Vorbringen beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen darauf, das Erfordernis einer anwaltlichen Mitwirkung im Rahmen der Nr. 1002 Satz 2 VV-RVG allgemein zu bestreiten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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