Jedoch ist § 56 Satz 1 NBauO auf den Zwangsverwalter analog anzuwenden. Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrundeliegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. BGH, U. v. 04.12.2014, III ZR 61/14, juris Rn. 9). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Es handelt sich um eine planwidrige Regelungslücke. Die §§ 52 bis 56 NBauO regeln die Frage der bauordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit im Falle einer Zwangsverwaltung nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber den Zwangsverwalter vom Kreis der bauordnungsrechtlich Verantwortlichen durch Nichterwähnung ausschließen wollte, bestehen nicht, da die Regelung in der ursprünglichen Fassung auf Empfehlung des Ausschusses für Bau- und Wohnungswesen in die NBauO 1973 ohne veröffentlichte Begründung eingefügt worden ist (vgl. LT-Drs. 7/2040, S. 69). Der in § 56 NBauO geregelte Sachverhalt – Verantwortlichkeit des Eigentümers, Erbbauberechtigten und des unmittelbaren Besitzers – und der nichtgeregelte Sachverhalt – Verantwortlichkeit des Zwangsverwalters – sind vergleichbar. Ebenso wie der Eigentümer und der Erbbauberechtigte treffen den Zwangsverwalter Rechte und Pflichten im Hinblick auf den Zustand der baulichen Anlage. Gemäß § 152 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG hat der Verwalter das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen. Zugleich wird dem Schuldner bzw. Eigentümer durch die Beschlagnahme bzw. die Inbesitznahme die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (vgl. § 148 Abs. 2, § 151 Abs. 1 ZVG). Letztlich ist der Zwangsverwalter aufgrund dieser Regelungen ähnlich wie der Eigentümer zivilrechtlich zustandsverantwortlich. Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Bauherr bzw. der Eigentümer trotz der Zwangsverwaltung nach § 52 Abs. 1 bzw. 56 Satz 1 NBauO in Anspruch genommen wird und gegenüber dem Zwangsverwalter lediglich eine Duldungsverfügung ergeht (vgl. VG Würzburg, U. v. 23.05.2006, W 4 K 05.592, juris Rn. 31-33; VG München, U. v. 07.12.2017, M 11 K 16.4004, juris Rn. 32; VG Frankfurt, U. v. 13.11.2001, 14 E 4385/99, juris Rn. 32; a.A. wohl: BGH, U. v. 18.02.2010, III ZR 295/09, juris Rn. 47-48). Jedoch ändert diese alternative Inanspruchnahmemöglichkeit nichts daran, dass der Zwangsverwalter nach § 152 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZVG zivilrechtlich wesentliche Rechte und Pflichten des Eigentümers übernimmt und eine korrespondierende Regelung der bauordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit fehlt. Hinzu kommt, dass der Eigentümer im Falle der Zwangsverwaltung – wie hier – regelmäßig finanziell nicht in der Lage ist, die ihm obliegenden bauordnungsrechtlichen Pflichten zu erfüllen, da dessen finanzielle Leistungsunfähigkeit in der Regel gerade den Grund für die Anordnung der Zwangsverwaltung darstellt. Die Verwaltungsbefugnis ermöglicht es dem Zwangsverwalter hingegen, auf die Einnahmen aus dem Grundstück zuzugreifen. Wenn diese nicht zur Beseitigung des baurechtswidrigen Zustands ausreichen sollten, kann er zudem den Gläubiger zur Leistung eines Vorschusses auffordern (vgl. § 161 Abs. 3 ZVG).
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