Mainz (ots)
Staatsterror / Kommentar von Friedrich Roeingh zur Belarus-Krise
Ob wir es wollen oder nicht: Es ist mehr als ein Déjà-vu. Man mag ein paar Punkte finden, worin sich der von Belarus orchestrierte Flüchtlingssturm auf die polnische Grenze von der Flüchtlingskrise 2015 unterscheidet. Er ähnelt ihr zumindest in den Bildern und den „Germany, Germany“-Rufen der Migranten. Und in manchem toppt er sie sogar: Lukaschenko lässt das Geschehen nicht nur laufen wie seinerzeit Erdogan – er befeuert es aktiv. Eine perfide Form von Staatsterrorismus. Die EU hat zwischenzeitlich nicht nur ihre Hausaufgaben nicht gemacht – der belarussische Machthaber kann auch noch das eisig gewordene Verhältnis zwischen Polen und Deutschland ausnutzen. Zudem ist es kein Zufall, dass das Geschehen in der Zwischenregierungsphase eskaliert, in der Deutschland bedingt handlungsfähig ist. Das hilft nun alles nichts. In dieser Krise müssen der künftige Kanzler und die scheidende Kanzlerin gemeinsam Führung übernehmen: Um sich so eng wie möglich mit dem Frontstaat Polen abzustimmen. Um mit den willigen Partnern in der EU eine humanitäre Verteilung der Flüchtlinge zu erreichen, die durchkommen. Und vor allem, um mit Wladimir Putin zu verhandeln. Eine Lösung dieser Krise ist allein über den Kreml zu erreichen. Nicht nur, weil Putin als einziger Lukaschenko in den Arm fallen kann. Auch weil er gewiss selbst hinter der Zuspitzung der Situation steht. Wenn sich die Ampel in der Außenpolitik noch keine Entspannung mit Russland vorgenommen hat – nun kann Putin sie erzwingen. Der einzige Trost: Eine zügige Inbetriebnahme der zweiten Gaspipeline durch die Ostsee könnte auch die aktuelle Energiekrise entschärfen.
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