Main-Tauber-Kreis
Hochwassereinsatz auf aktuellen Stand gebracht
Im Hochwasserfall greifen in Wertheim alle Räder gut ineinander. „Die Bürgerschaft kann sich darauf verlassen: Wir sind vorbereitet.“ Dieses Fazit zog Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez nach einer Tagung am Samstag in der Feuerwache. Vertreter aller Ämter und Organisationen, die im Hochwassereinsatz gefordert sind, waren dort zusammengekommen und besprachen Zuständigkeiten und Abläufe im Ernstfall.
Die Stadtverwaltung hatte zu dem Hochwasser-Update eingeladen, um das Wissen und die Erfahrungen eines Hochwassereinsatzes aufzufrischen. Denn die letzte große Überflutung liegt zwölf Jahre zurück. In dieser Zeit gab es viele personelle Änderungen. „Deshalb geht es heute darum, dass wir uns kennenlernen, uns austauschen und verlässigen, wer wann an welcher Stelle was zu tun hat.“ So erklärte Ordnungsamtsleiter Volker Mohr, im Hochwasserfall Leiter des Krisenstabs, das Ziel der Tagung.
Rund 15 Organisationen bilden das Räderwerk des Hochwassereinsatzes. Bei der Stadtverwaltung sind die Bereiche Öffentliche Ordnung, Tiefbau, Bauhof, Abwasserbeseitigung und Öffentlichkeitsarbeit tangiert. Die komplette „Blaulicht-Familie“ ist mit den Kräften von Feuerwehr, THW, DLRG und DRK gefordert. Hinzu kommen das Polizeirevier und die Straßenmeisterei des Landkreises, außerdem die Stadtentwicklungs-Gesellschaft und die Stadtwerke. Wirkungsvoll ergänzt wird das Miteinander durch die Aktiven der Bürgergemeinschaft Hochwasser.
Der Hochwasseralarmplan, der kontinuierlich fortgeschrieben wird, ist das Regelwerk der Aufgaben und Zuständigkeiten im Ernstfall. Volker Mohr erläuterte ihn ausführlich bei der Tagung in der Feuerwache. Der Plan beschreibt, welche Maßnahmen bei welchem Pegelstand zu ergreifen sind. „Jeder tut verlässlich das, was seine Aufgabe ist,“ sagte Volker Mohr. Die praktische Hochwassererfahrung kann ein schriftliches Regelwerk aber nur bedingt wiedergeben. Deshalb war dem Einsatzleiter besonders wichtig, „dass ältere Kollegen ihre Erfahrungen und ihr Wissen an jüngere weitergeben“. Im städtischen Bauhof zum Beispiel hat die Hälfte der Mitarbeiter noch kein Hochwasser mitgemacht. Leiter Jürgen May hat deshalb eine Trockenübung anberaumt, bei der der Aufbau von Hochwasserstegen geübt wird.
Dass der Hochwassereinsatz auch durch die fortschreitende Digitalisierung verbessert wird, demonstrierte Stadtbrandmeister Torsten Schmidt. Er stellte das Flutinformations- und Warnsystem (Fliwas) vor. Auf der digitalen Plattform fließen alle Daten und Informationen zusammen, die im Hochwasserfall benötigt werden: Pegelstände, Wetterdaten, Geländedaten, Überflutungsszenarien, Alarmplan, Schutzmaßnahmen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Damit ermöglicht Fliwas einen Rundumblick auf alle relevanten, miteinander verknüpften Informationen, es erleichtert die Kommunikation der Einsatzkräfte und spart Zeit und Aufwand. Das System steht landesweit zur Verfügung, musste aber für die konkrete Nutzung vor Ort mit lokalen und regionalen Daten und Informationen gefüttert werden. Das bedeutete monatelange Vorarbeit, „seit Januar steht das System für Wertheim bereit“, berichtete Torsten Schmidt.
Eine weitere technische Verbesserung stellte Jochen Kirchner, Kommandant der Feuerwehrabteilung Wertheim-Stadt, vor. Das Einsatzführungssystem Fireboard sorgt für einen schnellen Draht zwischen Einsatzzentrale und „Außenstelle“. Denn wenn das Hochwasser die Altstadt überflutet, richtet die Feuerwehr eine Einsatzabschnittsleitung im Erdgeschoss des Kulturhauses ein. Von diesem Brückenkopf aus wird dann vor allem der Einsatz von Booten gesteuert, um zum Beispiel vom Wasser eingeschlossene Anwohner mit Medikamenten zu versorgen oder um Arztbesuche zu ermöglichen. Beim letzten Hochwasser 2011 mussten 4.000 Anrufe am Bürgertelefon in der Feuerwehrwache noch mit Zetteln erfasst, weitergegeben und abgearbeitet werden. Künftig läuft die Kommunikation zwischen Zentrale und Brückenkopf dank Fireboard digital.
Am Ende der Tagung hatte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez den Eindruck gewonnen, „dass wir in Wertheim sehr gut vorbereitet sind“. Niemand wünsche sich ein Hochwasser herbei, „aber wenn es passiert, dann greifen alle Räder ineinander.“ Die Hochwassertagung habe gezeigt, dass man in Wertheim auch technisch auf dem Laufenden sei. „Aber vor allem braucht es die Menschen. Wir können uns glücklich schätzen, dass das Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen in Wertheim so gut funktioniert.“
Passend zum Thema und zum Rahmen der „Hochwasserfamilie“ hatte OB Herrera Torrez zu Beginn der Tagung Thomas Wettengel mit einer Ehrung überrascht. Wettengel war vor 20 Jahren Initiator und Mitbegründer der Hochwassergemeinschaft Wertheim, von Beginn an ist er Vorsitzender der bürgerschaftlichen Hilfsorganisation. Aus Reihen der Vereinsaktiven stehen im Hochwasserfall rund 30 Obleute bereit, die sich um die Anwohner in den überfluteten Altstadtgassen kümmern. In „Trockenzeiten“ leistet der Verein wertvolle Informations- und Aufklärungsarbeit. Für diese Verdienste zeichnete der Oberbürgermeister Thomas Wettengel mit der Stadtmedaille in Silber aus.