+++ Chronologie zur Aufnahme von Flüchtlingen +++
Wie ein atemloses Hin und Her liest sich die Chronologie, die im Gemeinderat am Montagabend zu den Abläufen um die Aufnahme von Flüchtlingen in Wertheim vorgelegt wurde.
22. Juli
Regierungsvizepräsident Dr. Schneider besichtigt die Polizeiakademie. Grund: Das Land prüft die Nutzung als Erstaufnahmeeinrichtung.
3. August
Regierungspräsident Johannes Schmalzl informiert über Entscheidung der Landesregierung, dass die Akademie der Polizei nach deren Schließung zum Jahresende als LEA genutzt werden soll.
12. August
Aus dem Innenministerium wird bekannt, dass die Polizeiakademie nicht erst zum Jahresende, sondern bereits zum 15. Oktober geschlossen werden soll.
19. August
1. Sitzung der AG LEA Wertheim unter Federführung des Regierungspräsidiums: Die Belegung der LEA soll bereits Mitte Oktober beginnen.
26. August (Mittwoch)
Das Land kündigt kurzfristig eine vorgezogene Nutzung der Akademie als Notunterkunft für Flüchtlinge an. Die Stadt Wertheim drängt darauf, dass zunächst Gemeinderat und Bürgerschaft informiert werden. Dazu wird für 3. September eine GR-Sondersitzung anberaumt. Das Land sagt die kurzfristige Zuweisung nach Wertheim am 28. August (Freitag) wieder ab.
3. September
Sondersitzung des Gemeinderats mit Fragestunde – RP-Vize Dr. Schneider und Ministerialdirektor Hammann, Integrationsministerium, informieren. Der Starttermin 15. Oktober wird hier nochmals bestätigt.
11. September (Freitag)
3. Sitzung der AG LEA Wertheim in der Polizeiakademie – die Weichen stehen weiterhin auf Inbetriebnahme zum 15. Oktober.
13. September (Sonntag)
Um die Mittagszeit, um 12.30 Uhr, erhält OB Mikulicz die Nachricht, dass 600 Flüchtlinge zur sofortigen Aufnahme nach Wertheim gebracht werden. Für 15 Uhr werden die Rettungskräfte zu einer ersten Lagebesprechung zusammen gerufen. Innerhalb weniger Stunden bereiten ehrenamtliche Hilfsorganisationen (Feuerwehr, DRK und THW), Bundeswehr und freiwillige Helfer die Akademie zur Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge vor. Im Laufe des Abends, beginnend ab 18.30 Uhr, treffen 444 Flüchtlinge in Wertheim ein. In zwei Tranchen folgen in den nächsten Tagen weitere 97 (Nacht auf Dienstag) und 50 (Nacht auf Donnerstag).
17. September (Donnerstagmorgen)
Mit 600 Flüchtlingen ist die künftige LEA voll belegt. Die Hilfsorganisationen, die seit vier Tagen rund um die Uhr im Einsatz sind, können „herunterfahren“. Die vorerst letzte Einsatzbesprechung findet um 9 Uhr in der Feuerwache statt. Der allmähliche Übergang vom Not-zum Normalbetrieb unter Regie des RP ist eingeleitet, wird aber noch vier Wochen – bis 15. Oktober – dauern.
17. September (Donnerstagnachmittag)
Das Innenministerium kündigt an, Wertheim binnen Stunden weitere 300 Flüchtlinge zur Unterbringung in der Turnhalle der Polizeiakademie zuzuweisen. OB Mikulicz kann dies in einem Telefonat mit MD Hammann, Integrationsministerium, für diesen Tag abwenden. Er sendet einen schriftlichen Hilferuf an Ministerpräsident Kretschmann aus drei Gründen: 1. Die ehrenamtlichen Hilfskräfte, die den Betrieb der LEA Wertheim für 600 Flüchtlinge seit fünf Tagen sichergestellt haben, sind mit ihren Kräften am Ende. 2. Die Belastbarkeit des Stadtteils Reinhardshof würde mit der Noteinquartierung von weiteren 300 Menschen überschritten. 3. Die Flüchtlinge könnten in der Turnhalle (4 Toiletten, keine Duschen) nicht angemessen untergebracht und versorgt werden.
Im weiteren Verlauf des Tages erfolgt keine weitere Ankündigung einer Zuweisung – aber auch keine Entwarnung.
18. September (Freitagabend)
Anruf des RP aus Stuttgart um 19.30 Uhr: Die Turnhalle der Polizeiakademie soll als Notquartier für rund 400 Flüchtlinge vorbereitet werden. Eine Belegung steht für Sonntag zu erwarten.
In einer kurzfristig anberaumten Einsatzbesprechung in der Feuerwache am Reinhardshof ist schnell klar, dass die lokalen Hilfsorganisationen diese Aufgabe – zumal nach dem tagelangen Einsatz für die LEA -nicht stemmen können. Es müssen überörtliche Kräfte eingesetzt werden. Stadtbrandmeister Ludwig Lermann koordiniert die notwendigen Vorbereitungen.
Helfer des THW und der Bundeswehr beginnen noch in der Nacht mit Vorbereitung der Turnhalle als Notquartier.
19. September (Samstag)
Besuch von Integrationsministerin Öney in Wertheim. Ihr Rundgang beginnt in der Turnhalle, in der inzwischen 330 Stockbetten aufgebaut sind. Die Ministerin sichert zu, dass man nach anderen Lösungen suche. Die Notbelegung in Wertheim sei Ultima Ratio und stehe nicht vor Montag zu erwarten. Sie ist nach dem Besuch der Ministerin aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.
20. September (Sonntag)
Kurz nach Mitternacht wird auf die als Notunterkunft vorbereitete Polizeiturnhalle ein Brandanschlag verübt. Für 11 Uhr beruft die Stadt eine Pressekonferenz ein.
Um 18.30 Uhr nehmen 1.500 Menschen an der spontanen Solidaritätsaktion „Wertheim zeigt Flagge“ im Stadtteil Reinhardshof teil.
Stadtverwaltung Wertheim
Bilder „Wertheim zeigt Flagge“ Demo gegen den Brandanschlag Lea Reinhardshof 20.09.2015
Bildergalerie Empfang der ersten Flüchtlinge an der LEA ,Polizei Akademie Wertheim, 13.09.2015