Tanz auf dem Vulkan / Die Märkte und der Ukraine-Krieg, Eine Analyse von Christopher …

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Tanz auf dem Vulkan / Die Märkte und der Ukraine-Krieg, Eine Analyse von Christopher ...


Börsen-Zeitung

Frankfurt/M. (ots)

Die Investoren werden die ersten drei Monate dieses Jahres noch sehr lange in sehr schlechter Erinnerung behalten, vor allem wegen des entsetzlichen Krieges in der Ukraine. Aber auch aus Performance-Sicht fällt das Auftaktquartal erschreckend aus. Der Schock, den Inflation und Geldpolitik sowie der Ukraine-Krieg ausgelöst haben, hat auch an den Finanzmärkten erheblichen Schaden angerichtet. Kurz vor Ende März weisen die globalen Aktienmärkte laut Bank of America einen Verlust von 6,5% auf, was eines ihrer bislang schlechtesten Ergebnisse für ein erstes Quartal bedeutet.

Noch schlimmer ist, dass der für viele Portfolios zur Risikoabfederung unerlässliche Anleihemarkt ein Totalausfall ist. Einen Verlust von 6,7% haben Staatsanleihen den Investoren eingebrockt. Laut Bank of America ist das der drittstärkste Staatsanleihen-Bärenmarkt der Geschichte. Zuletzt haben Staatsanleihen im Jahr 1994 ein ähnliches Debakel erlebt. Für die meisten Investoren gab es damit kaum Möglichkeiten, sich dem Strudel zu entziehen. Rohstoffe sind die Gewinner des Quartals, daneben auch Edelmetalle und der Dollar nebst anderen Safe-Haven-Währungen, Assets, die vielen Marktteilnehmern aber nur in begrenztem Umfang das Ausweichen ermöglichen.

Völlig unkalkulierbare Lage

Zu allem Übel werden auch die kommenden Wochen vor dem Hintergrund steigender Inflation und stärker auf die Bremse tretender Notenbanken sowie insbesondere des Krieges sehr herausfordernd sein. Den Schlüssel in der Hand hat die Entwicklung in der Ukraine, die völlig unkalkulierbar bleibt. Für die Investoren gleicht die Situation dem Tanz auf dem Vulkan. Eskaliert der Konflikt und setzen die Energiepreise ihren Höhenflug fort, werden Risiko-Assets wie Aktien einen weiteren Absturz erleiden. Dagegen gilt es sich abzusichern. Eine stark defensive Positionierung und erst recht Wetten auf fallende Kurse wiederum würden nach hinten losgehen, sobald sich ernst zu nehmende Anzeichen für eine Deeskalation bzw. friedliche Lösung des Konflikts einstellen. Denn dann würden die Aktienkurse durch die Decke gehen.

Analysten spielen verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten durch. Bis zum Februar war ein Angriff Russlands auf die Ukraine das Worst-Case-Szenario, das dann leider eingetreten ist. UBS beispielsweise sieht in ihrem Ausblick auf das zweite Quartal nun einen signifikanten Anstieg der Rohstoffpreise und ihr lang anhaltendes Verharren auf hohem Niveau als Worst-Case-Szenario an. Ein derartiges Szenario wäre der Schweizer Großbank zufolge mit einer direkten Rohstoffangebotsunterbrechung oder Sanktionen, die russische Ausfuhren abschneiden, konsistent. Folgen wären, so UBS, ein starker Rückgang des Wirtschaftswachstums und der Unternehmensgewinne in Europa bis ins Jahr 2023 hinein. Die Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten würden zwar geringer ausfallen. Jedoch setzt das Institut für diesen Fall für den S&P 500 ein Ziel von 3600 Zählern an. Das entspräche gegenüber dem Stand vom Freitagnachmittag von 4509 Punkten einem Rückgang um rund 20%.

Im Basisszenario der UBS bleiben die Rohstoffpreise hoch, geben aber im zweiten Halbjahr nach. Dies wäre dem Institut zufolge mit einem Waffenstillstand, nachlassenden Spannungen zwischen der Nato und Russland sowie einer allmählichen Beseitigung Russlands aus globalen Energielieferketten konsistent. In diesem Szenario würde die Inflation kurzfristig hoch bleiben und im zweiten Halbjahr sinken, das Unternehmensgewinnwachstum in diesem Jahr positiv bleiben. Das Ziel für den S&P 500 lautet für dieses Szenario auf 4700 Punkte. Im Falle des positiven Szenarios kommt es innerhalb von einigen Wochen zu einem Waffenstillstand und nachlassenden Spannungen zwischen der Nato und Russland mit entsprechend geringeren Belastungen für die Weltwirtschaft. Das Ziel für den S&P 500 in diesem Szenario lautet auf 5100 Zähler.

(Börsen-Zeitung, 26.03.2022)

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