Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat gemeinsam mit dem „Digital Innovation and Transformation Law Hub“ der Technischen Universität (TU) Braunschweig ein Forschungsprojekt im Kontext der Verwaltungsdigitalisierung begonnen. Ziel dieser Kooperation ist die Umgestaltung und Anpassung des Verwaltungsrechts hin zu einem zukunftssicheren Verwaltungsdigitalrechts.
Die Projektleitung obliegt Prof. Dr. Anne Paschke vom „Digital Innovation and Transformation Law Hub“, welches den Schnittbereich von Recht und Digitalisierung erforscht, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Die Forschungsstelle soll im Rahmen dieses Projekts sowohl Begleitforschung als auch Grundlagenforschung betreiben. Die Zusammenarbeit ist auf drei Jahre angelegt.
In der öffentlichen Verwaltung werden Informationen, die für das Erbringen einer Verwaltungsleistung erforderlich sind, in „Registern“ gespeichert. Diese Datensätze bilden die Grundlage für das Verwaltungshandeln, die amtliche Statistik und den Zensus. Insgesamt existieren bundesweit mehr als 375 Registertypen auf verschiedenen Verwaltungsebenen, darunter Personenstandsregister in Standesämtern, Handelsregister in Amtsgerichten oder Wettbewerbsregister im Bundeskartellamt. Bis heute sind diese Datensätze nicht systematisch miteinander vernetzt. Behörden, die Anträge einer Bürgerin oder eines Bürgers bearbeiten, können und dürfen sich aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen die notwendigen Informationen und Nachweise nicht aus den Registern heraussuchen. Stattdessen müssen sie diese oft erneut erheben.
Erst im Rahmen der Registermodernisierung lässt sich dieses Problem lösen. Durch die Einführung einer eindeutigen Identifizierungsmöglichkeit, wie etwa einer Identifikationsnummer können die Datensätze in Registern durch regelmäßigen Abgleich stets auf dem aktuellen Stand gehalten und richtig zugeordnet werden.
Um die Qualität der Registerlandschaft zu erhöhen und damit die eindeutige Zuordnung zu ermöglichen, haben Bundestag und Bundesrat Anfang des Jahres 2021 das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) verabschiedet. Das Gesetz führt ein numerisches Personenkennzeichen ein und schafft so eine eindeutige Identifizierungsmöglichkeit, um zugehörige Datensätze einander zweifelsfrei zuordnen zu können. Dies ermöglicht ein registerübergreifendes Identitätsmanagement unter Einhaltung datenschutz- und verfassungsrechtlicher Bestimmungen. Am 6. April 2021 wurde das RegMoG im Bundesgesetzblatt verkündet. Zum 31. August 2023 sind nun die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes in Kraft getreten, sodass die im RegMoG benannten 51 Register nun verpflichtet sind, die Identifikationsnummer als Personenkennzeichen bis Ende 2028 abzurufen und zu speichern.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wird das bestehende niedersächsische Verwaltungsrecht ausgewertet, um rechtliche Barrieren für eine digitale Neuaufstellung der Verwaltung zu identifizieren. In ausgewählten Bereichen sollen Lösungen für einen Abbau bestehender Hemmnisse der Verwaltungsdigitalisierung erarbeitet werden, die auch in anderen Bundesländern genutzt werden können.
Der IT-Bevollmächtigte der niedersächsischen Landesregierung (CIO), Dr. Horst Baier, erklärt: „Das Forschungsprojekt soll Wege aufzeigen, wie bestehende rechtliche Hürden bei der Digitalisierung überwunden werden können, um unsere Gesetze digitaltauglich zu gestalten. Wir passen damit das Recht den digitalen Anforderungen der Zukunft an – und nicht umgekehrt.“
Nach der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, welches im Juli dieses Jahres bundesweit in Kraft getreten ist, folgt mit der Registermodernisierung das nächste Großprojekt in der Verwaltungsdigitalisierung. Ein wichtiges Ziel ist es, die registerübergreifende Nutzung bestehender Daten zu ermöglichen.
Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig sollen unter anderem Mechanismen, die in künftigen Rechtssetzungsprozessen eine angemessene Berücksichtigung der Registermodernisierung und Verwaltungsdigitalisierung sicherstellen sollen, erarbeitet bzw. optimiert werden. Zudem ist eine Planung öffentlicher Veranstaltungen zum Wissenstransfer mit regionalen Verwaltungen angedacht.
Prof. Paschke erklärt: „Das bestehende Verwaltungsrecht stammt mit seiner Dogmatik aus einer Zeit, in der papiergebunden gearbeitet wurde. Aktuelle Überlegungen der Verwaltungsdigitalisierung müssen jedoch vielmehr die technischen Möglichkeiten und sozioökonomischen Wirklichkeiten in den Blick nehmen. Diese Neujustierung ist erforderlich, um den freiheitssichernden Vorgaben des Grundgesetzes auch in Zukunft gerecht zu werden und dem verfassungsrechtlichen Untermaßverbot zu begegnen.“
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