Wer schweigt, macht sich verdächtig / Kommentar der „Fuldaer Zeitung“ (20. August …

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Fuldaer Zeitung

Fulda (ots)

Es sollte das ureigenste Interesse jedes Bürgers, aber insbesondere eines Sozialdemokraten sein, einen beispiellosen Staatsbetrug wie die Cum-Ex-Geschäfte lückenlos aufzuklären. Doch ausgerechnet der Bundeskanzler scheint nicht besonders erpicht zu sein, dass die Wahrheit in einem der miesesten Steuerskandale der jüngeren Geschichte ans Licht kommt. So viele Gedächtnislücken, wie bei Scholz gestern wieder vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss auftraten, nimmt man ihm einfach nicht ab. Es ist kaum vorstellbar, dass solch entscheidende Treffen und Verhandlungen wie mit den Warburg-Chefs vollkommen aus der Erinnerung verschwunden sind. Denn sonst müsste man die Frage stellen, ob er dem Regierungsamt überhaupt gewachsen ist. Als entlarvend kann man da Scholz‘ Antwort auf eine Frage des Ausschussmitglieds Götz Wiese interpretieren: „Ich will nicht!“, sagte er.

Aber warum will Scholz nicht? Indem er schweigt, macht er sich verdächtig, Teil eines Sumpfs aus SPD-Granden und Bankern gewesen zu sein, die bei den Cum-Ex-Gewinnen kungelten. Die Fakten legen nahe, dass etwas faul war in Hamburg unter dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz. Denn ausgerechnet nach den SPD-Banker-Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung 2016 trotz ursprünglich anderer Pläne Rückforderungen von 47 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften gegen die Bank verjähren lassen. Und nach dem großzügigen Geschenk kam es dann später zu einer Spendenzahlung der Bank an die SPD.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Ungereimtheiten: ein Schließfach des einst einflussreichen SPD-Politikers Johannes Kahrs mit 210 000 Euro, deren Herkunft unklar ist; der Verdacht, dass Mails zu den Vorgängen gelöscht wurden; Tagebucheinträge von Warburg-Eigentümer Christian Olearius, die nahelegen, dass bei seinen Treffen mit den SPD-Stadtoberen mehr im Busch war als zugegeben wird.

Noch ist Scholz nur Zeuge in einem Untersuchungsausschuss – und bisher sieht die Staatsanwaltschaft auch keine Veranlassung, gegen ihn zu ermitteln. Doch ausgestanden ist die Sache für den Kanzler noch lange nicht. Die Opposition wird weiter bohren und unangenehme Fragen stellen. Außerdem wird sich Warburg-Eigentümer Olearius demnächst vor Gericht verantworten müssen. Unter dem Eindruck einer drohenden Haftstrafe könnte er auch Scholz gefährlich werden. In einer Zeit, in der der Bundeskanzler an vielen anderen Fronten gebraucht wird, wird ihn die Affäre weiter verfolgen – und lähmen? / Bernd Loskant

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