Berlin (ots)
„Wir müssen sehr wachsam sein, die liberale Demokratie und den Rechtsstaat mit allen legalen und legitimen Mitteln verteidigen“, fordert die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, im Gespräch mit der in Berlin erscheinenden „nd.DieWoche“. Sie sei in Anbetracht einer erstarkenden extremen Rechten zutiefst entsetzt. „Ich halte es für wichtig, Gesicht zu zeigen, auch in öffentlichen Funktionen“, sagt sie. Derzeit hält sie das deutsche Arbeitsrecht für gerüstet, um rassistischer und völkischer Einflussnahme standzuhalten. „Aber wir müssen sehr wachsam sein. Wenn sich Menschen ändern oder beugen, ist kein System gut genug geschützt.“
Derzeit untersucht ein unabhängiges Forschungsprojekt die NS-Kontinuitäten in der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit nach 1945. „Wir haben spät angefangen, die überaus wichtige Aufarbeitung des Unrechts des Nationalsozialismus auf den Weg zu bringen. Dem hätten wir uns früher stellen müssen“, betont Gallner. Neben personellen Kontinuitäten geht es dabei auch um ideologische NS-Konzepte wie die Idee der Betriebsgemeinschaft.
Mit Blick auf aktuelle Forderungen nach einer Einschränkung des Streikrechts unterstreicht BAG-Präsidentin Gallner gegenüber „nd.DieWoche“ die Bedeutung des Grundrechts. „Hinter dem Tarifvertragsrecht steht immer das Druckmittel des Arbeitskampfs, beispielsweise in Form von Streiks“, betont sie. Das Streikrecht diene dazu, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu entwickeln. „Und ich finde, das hat in der Geschichte der Bundesrepublik gut funktioniert.“ Zur Frage, ob die Trennung zwischen legitimen tarifbezogenen Streiks und verbotenen politischen Streiks in Deutschland noch gerechtfertigt ist, äußerte sie sich zurückhaltend. Künftig könnten aber europäische Gerichte dazu richtungsweisende Urteile fällen. Auch sei zu erwarten, dass das bislang nur in Ansätzen entwickelte EU-Arbeitskampf- und Tarifvertragsrecht durch die Gerichte weiterentwickelt werde. Eine Entgrenzung der Arbeitszeit, wie sie derzeit von Unternehmensverbänden gefordert wird, hält sie dagegen für unwahrscheinlich.
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