Berlin (ots)
Notlage – das ist das Wort der Stunde im migrationspolitischen Überbietungswettbewerb der Parteien. Eine Notlage an den Grenzen würde bedeuten, dass die Polizei die Kontrolle verloren hätte und Deutschland komplett überfordert wäre. Fachleute verneinen das; Politiker malen dagegen zweckdienliche Horrorgemälde.
Die eigentlichen Notlagen sind andere. Es ist eine demokratiepolitische Notlage, dass wir es mit einer breiten Front von AfD über Union, BSW und FDP bis zu SPD und Grünen zu tun haben, die allesamt einen populistischen Furor erzeugen oder vor ihm zurückweichen. Politiker, die sich in Proteste gegen die AfD einreihten, betreiben jetzt deren Geschäft. In der Hoffnung auf ein paar Umfragepunkte werden Migranten und Asylbewerber bedenkenlos in Sippenhaft genommen.
Es ist eine koalitionspolitische Notlage, wenn es für den FDP-Generalsekretär beim Migrationsthema keine Ampel mehr gibt. Offenbar hat die Union den Keil tief in diese Regierung hineingetrieben. Und es ist eine rechtspolitische Notlage, wenn der Fraktionschef der FDP erklärt, es funktioniere seit Jahren nicht, „sich an juristischen Begriffen entlangzuhangeln“. So kann man es auch sagen, wenn einem Gesetze auf den Keks gehen. Wahrscheinlich sollte die FDP nicht länger als Rechtsstaatspartei missverstanden werden.
Und es ist eine humanitäre Notlage, wenn Menschen abgeschoben werden, die seit Jahren voll integriert sind und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Die Berichte darüber häufen sich. Deutschland ist auf dem besten Wege, endgültig ein borniertes, selbstgerechtes, spießiges Land zu werden.
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