Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 10. Senat | 10 LB 257/20 | Urteil | Zur Möglichkeit der Rückführung von alleinstehenden, nicht vulnerablen Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz erhalten haben

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Zwar war Bulgarien – wie zahlreiche andere europäische Staaten – mehrfach von der Corona-Pandemie stark betroffen (s. Europäische Kommission, European Economic Forecast, Winter 2021 (interim), Februar 2021, S. 36) und ist im Entscheidungszeitpunkt erneut als Hochrisikogebiet eingestuft (s. https://auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bulgarien-node/bulgariensicherheit/211834#content_0 abgerufen am 1.12.2021), doch haben die pandemiebedingten Einschränkungen nicht zu einem dauerhaften Einbrechen der bulgarischen Wirtschaft geführt. So wird für 2022 ein Wiederanstieg des Bruttoinlandsprodukts auf den Wert vor Ausbruch der Pandemie prognostiziert (s. Europäische Kommission, European Economic Forecast, Winter 2021 (interim), Februar 2021, S. 36). Auch wenn es nach den Angaben bulgarischer Medien erhebliche Verzögerungen bei den geplanten staatlichen Investitionen gegeben hat, verläuft doch die Einnahmenerhebung im Land nach Plan (s. „Staat tätigt nur 5% der geplanten Investitionen“, Radio Bulgarien, http://bnr.bg/de/post/101554476/staat-tatigt-nur-5-der-geplanten-investitionen, veröffentlicht am 10.11.2021, abgerufen am 1.12.2021). Zudem hat die Europäische Kommission angekündigt, die Bereitstellung von 15,35 Millionen Euro zur Unterstützung bulgarischer Tourismusunternehmen zu genehmigen. Diese Maßnahme wird auf der Grundlage der Regelungen über befristete EU-Beihilfen getroffen, die seit Beginn der Corona-Pandemie gelockert wurden. Diese Fördermittel sollen unentgeltlich an Unternehmen vergeben werden, die im Jahr 2020 einen Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr gemeldet haben (s. „Brüssel billigt Finanzhilfe für bulgarischen Tourismus“, Radio Bulgarien, http://bnr.bg/de/post/101553500/brussel-billigt-finanzhilfe-fur-bulgarischen-tourimus, veröffentlicht am 8.11.2021, abgerufen am 1.12.2021). Im Übrigen ist im Entscheidungszeitpunkt auch eine leichte Verbesserung der Pandemie-Situation festzustellen, die Infektionsrate ist gesunken (s. „Corona: Infektionsrate auf 5,26% gesunken“, Radio Bulgarien, http://bnr.bg/de/post/101560948/corona-infektionsrate-auf-526-gesunken, veröffentlicht am 22.11.2021, abgerufen am 1.12.2021) und die Skisaison in Bansko wurde eröffnet (s. „Bansko eröffnet die Ski-Saison“, Radio Bulgarien, http://bnr.bg/de/post/101560106/bansko-eröffnet-die-ski-saison, veröffentlicht am 20.11.2021, abgerufen am 1.12.2021), so dass auch mit einer Zunahme des Tourismus einschließlich der damit einhergehenden wirtschaftlichen Folgen zum Ende des Jahres zu rechnen ist, zumal die Einreise nach Bulgarien aus den meisten EU-Mitgliedstaaten mit Vorlage eines negativen PCR-Tests sowie einem negativen Antigentest, einem Impfzertifikat oder dem Nachweis einer überstandenen COVID-Infektion ohne zusätzliche Quarantäneverpflichtungen möglich ist (s. https://auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bulgarien-node/bulgariensicherheit/211834#content_0 abgerufen am 1.12.2021). Auch wenn im Entscheidungszeitpunkt noch der epidemiologische Ausnahmezustand in Bulgarien gilt (aktuell befristet bis zum 31.3.2022), sind öffentliche Gebäude, Geschäfte, Apotheken, Restaurants, Bars, Diskotheken und Klubs nicht generell geschlossen, sondern die Öffnungszeiten und Zutrittsbedingungen werden in Abhängigkeit des aktuellen Infektionsgeschehens kurzfristig angepasst (s. https://auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bulgarien-node/bulgariensicherheit/211834#content_0 abgerufen am 1.12.2021). Beschäftigungsmöglichkeiten – auch – für anerkannt Schutzberechtigte gibt es daher nach wie vor auch in diesen Bereichen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass es weiterhin Beschäftigungsmöglichkeiten für anerkannt Schutzberechtigte auch außerhalb des Dienstleistungssektors und der Gastronomiebranche in nahezu vergleichbarem Umfang wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie beispielsweise bei Nichtregierungsorganisationen, auf Märkten, in der Landwirtschaft, in größeren Unternehmen sowie in Callcentern für die arabische Sprache und in der herstellenden Industrie gibt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.9.2020 – OVG 3 B 33.19 -, juris Rn. 38 m.w.N.). Denn insgesamt stellt sich der bulgarische Arbeitsmarkt bislang trotz der pandemiebedingten Einschränkungen als offenbar verhältnismäßig stabil dar, denn die Arbeitslosenquote in Bulgarien lag im Pandemie-Jahr 2020 bei 5,2 % und damit erheblich unter dem europäischen Durchschnitt (7,1%) und leicht unter dem Wert von 2018 (5,3%) (s. eurostat Data Browser, Arbeitslosenquote, http://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00203/default/table?lang=de, aktualisiert am 14.11.2021, abgerufen am 1.12.2021; so auch VG Bremen, Urteil vom 4.6.2021 – 2 K 262/19 -, juris Rn. 287 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.9.2020 – OVG 3 B 33.19 -, juris Rn. 37).

Quelle : Niedersachsen.de

Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de

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