Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 14. Senat | 14 LA 99/22 | Beschluss | Gewährung eines erhöhten Pflegegeldes nach § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII- Antrag auf Zulassung der Berufung –

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Vor diesem Hintergrund führt auch das Vorbringen der Klägerin, der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt argumentiert, dass im streitgegenständlichen Zeitraum der erzieherische Bedarf geringer gewesen sei, dabei bleibe insbesondere die Regelung des § 37 Abs. 2a SGB VIII erkennbar ohne Bedeutung, denn ab dem 1. Oktober 2017 sei das erhöhte Pflegegeld auf Antrag der Klägerin gewährt worden, nicht weiter. Gleiches gilt für ihren Verweis auf den Grundsatz der Hilfekontinuität. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt hier schon keine Reduzierung einer bereits bewilligten Zahlung vor. Erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes wurde das erhöhte Pflegegeld – wie oben dargelegt – nicht weiterbewilligt. Diesem Vorgehen steht der Grundsatz der Hilfekontinuität nach dem für den im streitgegenständlichen Zeitraum noch geltenden § 37 Abs. 2a SGB VIII a.F. (jetzt § 37c Abs. 4 SGB VIII) nicht entgegen. Darin ist vorgesehen, dass eine Abweichung von den im Hilfeplan gemäß den Sätzen 1 bis 3 getroffenen Feststellungen nur bei einer Änderung des Hilfebedarfs und entsprechender Änderung des Hilfeplans auch bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zulässig ist. Mit diesen Vorgaben zur Hilfeplanaufstellung will der Gesetzgeber einen Beitrag zur Kontinuität der Hilfe leisten. Sofern die Zuständigkeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe von § 86 wechselt, sollen grundsätzlich die vereinbarten Bestandteile des Hilfeplans weiterhin wirksam bleiben (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 8.9.2021 – 12 B 1207/21 -, juris Rn. 20; zur nunmehr aktuell geltenden Fassung des § 37c Abs. 4 SGB VIII in der Fassung vom 3. Juni 2021, BGBl I S. 1444 ff.). Eine Änderung des Hilfeplans ist danach nur zulässig, wenn sich auch der Hilfebedarf tatsächlich geändert hat. Voraussetzung ist also eine tatsächliche Änderung des Bedarfs, hingegen ist grundsätzlich eine Neubewertung unzulässig, etwa nach einem Zuständigkeitswechsel innerhalb der Jugendhilfe (BT-Drs. 17/6256, S. 23; Berneiser in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 8. Aufl., 2022, § 37c, Rn. 39). Aus dieser Regelung lässt sich für die Klägerin nichts herleiten, da eine Abweichung von dem Hilfeplan nicht in Rede steht. Eine geänderte Bedarfssituation wurde gerade nicht festgestellt. Dies trägt die Klägerin auch selbst vor, indem sie ausführt, der Beklagte hätte zu keinem Zeitpunkt damit argumentiert, dass im streitgegenständlichen Zeitraum der erzieherische Bedarf geringer gewesen sei. Die Höhe der Leistung wurde deswegen gekürzt, weil der Beklagte davon ausgegangen war, dass die Deckung des erhöhten Betrages für die Pflege und Erziehung für C. bereits von den Leistungen der Pflegekasse gedeckt seien. Dabei orientierte er sich an obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. OVG SH, Urt. v. 28.5.2015 – 3 LB 14/14 -, V.n.b.), so dass ihm auch nicht vorgeworfen werden kann, er habe die Leistung trotz bestehenden Anspruchs bewusst nicht bewilligt. Nach der Auffassung des Beklagten lag somit für den vorhergehenden Zeitraum insoweit eine rechtswidrige Leistungsgewährung vor, die eine Bindungswirkung nicht entfaltet (vgl. Gallep in: Wiesner/Walper, SGB VIII, 6. Aufl., 2022, § 37c, Rn. 44). Allein der Umstand, dass der Beklagte nach der späteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 14.11.2017 – 5 C 15.16 -, veröffentlicht in juris) zu Unrecht die Zahlung eines erhöhten Pflegegeldes abgelehnt hatte, führt nicht automatisch dazu, dass die Klägerin einen Anspruch hierauf für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis 30. September 2017 hat. Die Klägerin hätte sich – wie bereits ausgeführt – gegen die Ablehnung der Weitergewährung durch den Beklagten wenden und einen erhöhten Bedarf geltend machen müssen. Dies hat sie erst im Oktober 2017 durch ihren Antrag gemacht.

Quelle : Niedersachsen.de

Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de

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