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Zuweisung eines vorläufigen Wohnortes an Spätaussiedler; Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung von Unterstützungsleistungen bei Wohnsitznahme an einem anderen als dem Zuweisungsort
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§ 3 a des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnsitzes für Spätaussiedler (WoZuG) begegnet weder im Hinblick auf das Recht auf Freizügigkeit (Art 11 GG) noch im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) oder das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) verfassungsrechtlichen Bedenken.
OVG Lüneburg 4. Senat,
Beschluss vom
13.06.2000, 4 L 1576/00, ECLI:DE:OVGNI:2000:0613.4L1576.00.0A
Art 11 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 3 GG, § 3a WoZuG
Verfahrensgang
vorgehend VG Hannover, kein Datum verfügbar, Az: 15 A 2867/99
nachgehend BVerfG, 17. März 2004, Az: 1 BvR 1266/00, Urteil
nachgehend BVerfG, 29. April 2004, Az: 1 BvR 1266/00, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
Gründe
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Der Antrag der Kläger ist nicht begründet.
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Nach § 124 Abs. 2 VwGO (i.d.F. des 6. VwGO-Änderungsgesetzes vom 1. November 1996, BGBl. I S. 1626) ist die Berufung nur zuzulassen,
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1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
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Im vorliegenden Verfahren liegt ein Zulassungsgrund nicht vor.
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„Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils“ bestehen nicht. Bei der Beurteilung, ob ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 – i.V.m. § 146 Abs. 4 – VwGO bestehen, kommt es nicht darauf an, ob die von dem Gericht für seine Entscheidung angeführten Gründe zutreffen; notwendig sind vielmehr ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des von dem Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses (OVG Lüneburg, B. v. 22.9.1997 – 12 M 4493/97 -, V.n.b.; ebenso: HambOVG, B. v. 20.2.1997 – Bs IV 19/97 -, DVBl. 1997, 1333; VGH BW, B. v. 21.4.1997 – 8 S 667/97 -, VBlBW 1997, 380 = DVBl. 1997, 1327; HessVGH, B. v. 15.7.1997 – 13 TZ 1947/97 -, HessJMBl. 1997, 818).
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat macht sich die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Urteils und des vorausgegangenen Gerichtsbescheids vom 1. Dezember 1999, auf den das Urteil Bezug nimmt, zu eigen und verweist deshalb auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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Die Berufung ist entgegen der Meinung der Kläger auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Frage zuzulassen, „ob das Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler verfassungsmäßig ist“. Allerdings halten die Kläger nicht das Gesetz insgesamt etwa wegen eines Fehlers im Gesetzgebungsverfahren für verfassungswidrig, sondern (nur) die Regelung über die Gewährung von Unterstützungsleistungen in § 3 a Wohnortzuweisungsgesetz (WoZuG). Die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung verleiht der Rechtssache aber nicht grundsätzliche Bedeutung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob – wie der Beklagte meint – eine grundsätzliche Bedeutung dieser Frage schon deshalb nicht mehr vorliegen kann, weil die Geltung des gesamten Gesetzes gemäß dessen § 7 am 15. Juli 2000 endet. Denn auch in einem solchen Fall mag eine Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung haben, wenn ihre Beantwortung noch für eine erhebliche Zahl anhängiger Rechtsstreitigkeiten erheblich ist.
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Eine grundsätzliche Bedeutung hat die aufgeworfene Rechtsfrage – erstens – deswegen nicht, weil die von den Klägern gerügte Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) sich nicht aus § 3 a WoZuG ergibt. § 3 a WoZuG regelt allein den Umfang der Ansprüche auf bestimmte Sozialleistungen in Abhängigkeit vom Aufenthaltsort und bewirkt dadurch allenfalls mittelbar einen Zwang für den Aus- oder Übersiedler, sich an den Ort (zurück) zu begeben, in den er gem. § 2 WoZuG zugewiesen worden ist. Einen Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit enthält dabei allenfalls § 2 WoZuG, in dem die Zuweisung des Aus- oder Übersiedlers in einen bestimmten Wohnort geregelt wird (wobei der Aus- oder Übersiedler sich am Zuweisungsort nicht niederlassen muss, wenn er bereit ist, den Verlust von Sozialleistungsansprüchen in Kauf zu nehmen, oder er auf sie nicht angewiesen ist). Die die Kläger betreffende Zuweisungsentscheidung des Bundesverwaltungsamtes vom 9. August 1996 gem. § 2 WoZuG nach E. ist aber bestandskräftig und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, so dass eine Überprüfung des Zuweisungsverfahrens (§ 2 WoZuG) auf seine Verfassungsmäßigkeit hier von vornherein ausscheidet.
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Eine grundsätzliche Bedeutung hat die aufgeworfene Rechtsfrage – zweitens – deswegen nicht, weil die Verfassungsmäßigkeit von § 3 a WoZuG gemessen an insbesondere dem Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) nicht ernstlich zweifelhaft ist. Für die Regelung der Inhalte des Sozialleistungsrechts steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Bei der Einschränkung der Sozialhilfeansprüche solcher Aus- oder Übersiedler, die sich in den ersten zwei Jahren nach ihrer Aufnahme im Bundesgebiet an einem anderen als dem Zuweisungsort niederlassen, hat er sich von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Anlass für die Regelung waren ungleiche finanzielle Belastungen der Städte und Gemeinden durch schwerpunktmäßigen Zuzug von Aus- und Übersiedlern in einzelne Orte. Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst vorgesehen, überproportional belastete Gemeinden bei den beobachteten einseitigen Wanderungsbewegungen von Spätaussiedlern aufgrund familiärer oder anderer Bindungen im Wege einer Kostenerstattung angelehnt an die Regelung des § 107 BSHG finanziell zu entlasten (Bundestagsdrucksache 13/3102 S. 4 und 13/3244 S. 5). Auf die Stellungnahme des Bundesrats hin (Bundestagsdrucksache 13/3102 S. 6) ist mit der Neufassung des § 3 a Abs. 1 WoZuG a.F. – entspricht § 3 a WoZuG in der geltenden Fassung – das Ziel verfolgt worden, über einen Ausgleich für die überproportionalen Belastungen hinaus zu erreichen, dass die Spätaussiedler im Zuweisungsland und -ort bleiben und so die gesamte infrastrukturelle Eingliederungslast ausgeglichen und verteilt wird. Der Änderungsvorschlag verfolgte deshalb das Ziel, die schlüsselgerechte Verteilung dieser Lasten für alle Personen in der ersten Integrationsphase zu verwirklichen und damit zugleich die Eingliederung zu erleichtern (Bundestagsdrucksache 13/3102 S. 6). § 3 a Abs. 1 Satz 2 WoZuG a.F. bzw. § 3 a Satz 2 WoZuG n.F. knüpft danach in der Gesetz gewordenen Fassung an verteilungs- oder zuweisungswidriges Verhalten der Spätaussiedler an (Bundestagsdrucksache 13/3637; Senat, Beschl. v. 11.6.1996 – 4 M 3058/96 -, FEVS Bd. 47, 184; vgl. ausführlich zum Gesetzgebungsverfahren auch VGH BW, Beschl. v. 17.1.1997 – 6 S 3007/96 -, FEVS Bd. 47, 564). Die damit im Einzelfall verbundene tatsächliche Beschränkung der Freizügigkeit eines Aus- oder Übersiedlers infolge seiner finanziellen Abhängigkeit von Sozialleistungen beruht danach auch zweckgerechten Erwägungen und ist von Verfassungswegen nicht zu beanstanden.
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